Russischer Truppenaufmarsch: Nato besorgt wie selten zuvor
Brüssel. Wegen des Aufmarsches russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine gibt sich die Nato besorgt wie selten zuvor. Der Generalsekretär des Verteidigungsbündnisses, Jens Stoltenberg, warnte Russland jetzt eindringlich. „Jeder Einsatz von Gewalt gegen die Ukraine wird Konsequenzen haben, wird zu Kosten für Russland führen“, sagte der Norweger. Was Stoltenberg damit genau meint, blieb unklar. Darüber werden die Außenminister der Nato-Staaten am Dienstag und Mittwoch in der lettischen Hauptstadt Riga beraten.
Die Nato wirft Russland vor, Truppen, Panzer, Drohnen und anderes schweres Gerät in seinem Grenzgebiet zur Ukraine aufzufahren. Hinzu komme eine aggressive Rhetorik, so Stoltenberg.
Kreml weist Vorwürfe zurück
Unklar ist allerdings, ob Moskau tatsächlich vorhat, in den Osten der Ukraine einzumarschieren. Der Kreml dementiert solche Absichten, spricht von einem Ablenkungsmanöver der Nato und kritisiert die erhöhte Präsenz von Nato-Aufklärungsflugzeugen im Baltikum und im Schwarzen Meer.
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Zur vollständigen AnsichtNato-Generalsekretär Stoltenberg sagte, es gebe zwar keine Gewissheit über die Absicht Moskaus, doch habe Russland die Ukraine schon einmal angegriffen. Außerdem halte Russland weiterhin illegal die Krim besetzt, destabilisiere die Ostukraine und führe weiter Cyberangriffe gegen das Land.
Stoltenberg zeigt sich besorgt
All dies seien Gründe, sehr besorgt zu sein, sagte Stoltenberg. Man rufe Russland dazu auf, transparent zu sein, zu deeskalieren und Spannungen abzubauen. Ähnliche Appelle kamen aus den USA.
In Hintergrundgesprächen erklärten Nato-Diplomaten, die Beziehungen zu Russland seien auf einem „Allzeittief“. Einen strukturierten Dialog zwischen dem Bündnis und Moskau gebe es auf offiziellen Kanälen nicht mehr. Der Kreml hat vor einigen Wochen seine Vertretung im Nato-Hauptquartier in Brüssel geschlossen. Auch das Nato-Informationsbüro in Moskau wurde dichtgemacht.
Die Nato hat nach Darstellung von Diplomaten nur wenige Möglichkeiten, auf Russland einzuwirken. Die Ukraine gehört dem Bündnis nicht an. Eine Beistandspflicht der Nato besteht nicht.
Die Nato-Außenminister dürften am Dienstag und Mittwoch allerdings über neue Sanktionen gegen Russland beraten. Verhängen können sie Strafmaßnahmen allerdings nicht. Der Nato fehlen die Instrumente dazu. Die Europäische Union könnte dagegen durchaus Sanktionen verhängen, wie sie es nach der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 getan hat. Das ist allerdings unwahrscheinlich, solange Moskau nur provoziert.
Sanktionen gegen Russland: EU-Mitglieder uneinig
Es kommt hinzu, dass Sanktionen einstimmig verhängt werden müssen, die Bedrohungslage von den EU-Mitgliedsstaaten allerdings unterschiedlich wahrgenommen wird. EU-Mitgliedsländer im Süden des Kontinents machen sich etwa deutlich weniger Sorgen über den russischen Aufmarsch in der Ukraine als Polen und die baltischen Staaten.
Krise könnte Zusammenarbeit zwischen EU und Nato stärken
Diese Länder sehen sich zudem mit einer humanitären Krise an ihren Grenzen zu Belarus konfrontiert. Die EU und die Nato werfen dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, gezielt Menschen aus Krisenregionen nach Minsk einfliegen zu lassen, um sie dann in die EU zu schleusen.
Die Krise könnte zu einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen der EU und der Nato führen. Das jedenfalls kündigten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Nato-Generalsekretär bei einer gemeinsamen Reise ins Baltikum am Wochenende an. Stoltenberg sagte: „Kein Nato-Verbündeter ist auf sich allein gestellt.“ Von der Leyen forderte die Errichtung eines EU-Lagezentrums, in dem Informationen gesammelt und etwa mit der Nato geteilt werden sollen.