Israels Armee zieht sich aus Schifa-Klinik zurück
Gaza/Tel Aviv. Rund zwei Wochen nach Beginn des Militäreinsatzes im Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza hat die israelische Armee sich in der Nacht zum Montag wieder zurückgezogen. Das Militär teilte mit, die Truppen hätten den Bereich nach einer „präzisen operativen Aktivität“ wieder verlassen. Nach Angaben des von der islamistischen Hamas kontrollierten Zivilschutzes wurden in und um das Krankenhaus herum rund 300 Leichen gefunden.
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Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte den Einsatz gegen die Hamas schon Sonntagabend als großen Erfolg gewürdigt. Mehr als 200 Terroristen seien getötet worden und Hunderte hätten sich ergeben. Örtliche Medien berichteten, der Einsatz habe schwere Zerstörungen an den Gebäuden des größten medizinischen Komplexes im Gazastreifen hinterlassen.
Israels Militärsprecher David Hagari sagte, in mehreren Gebäuden habe es tagelang Nahkämpfe gegeben. Die Armee habe 900 Verdächtige festgenommen, darunter mehr als 500 Kämpfer von Hamas und Islamischem Dschihad. Darüber hinaus sei Geld in verschiedenen Währungen im Wert von umgerechnet mehr als 2,7 Millionen Euro beschlagnahmt worden.
Die islamistische Terrororganisation Hamas hatte nach israelischer Darstellung in dem weitläufigen Areal erneut Kampf- und Kommandostellungen eingerichtet, nachdem das israelische Militär im letzten November schon einmal das Krankenhaus gestürmt hatte. Israel wirft der islamistischen Hamas vor, medizinische Einrichtungen systematisch für militärische Zwecke zu missbrauchen. Die Hamas weist dies zurück.
Schüsse aus der Notaufnahme?
Armeesprecher Hagari hatte vor einer Woche gesagt, Kämpfer der Hamas und des Islamischen Dschihad hätten sich in verschiedenen Abteilungen des Krankenhauses verbarrikadiert. Die Hamas schieße unter anderem von der Notaufnahme und der Entbindungsstation aus auf israelische Truppen. Sie hätten mit Mörsergranaten geschossen und schweren Schaden sowie Brände in dem Klinikkomplex verursacht. Der militärische Hamas-Arm hatte in den vergangenen Tagen mehrfach Angriffe auf israelische Truppen im Bereich des Schifa-Krankenhauses für sich reklamiert.
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Zur vollständigen AnsichtKritiker werfen Israel Gefährdung von Zivilisten vor
Die tagelangen heftigen Kämpfe zeigen, dass die Hamas immer noch in der Lage ist, selbst in den am härtesten getroffenen Gebieten des Gazastreifens Widerstand zu leisten, sagte Hagari weiter. Kritiker werfen Israel vor, bei seinen Einsätzen rücksichtslos Zivilisten zu gefährden und medizinische Einrichtungen zu schädigen, die wegen der zahlreichen Verletzten ohnehin überlastet seien. Im Schifa-Krankenhaus seien mindestens 21 Patienten gestorben und Dutzende in Gefahr gebracht worden, erklärte die Weltgesundheitsorganisation. Hunderte Patienten seien noch auf dem Gelände, darunter vier Kinder und 28 Menschen in kritischem Zustand, schrieb WHO Generalsekretär Tedros Adhanom Ghebreyesus auf der früher als Twitter bekannten Plattform X. Es gebe keine Windeln, Urinbeutel und kein Wasser zum Reinigen der Wunden. Viele Patienten litten an Infektionen und Austrocknung.
Armeesprecher Hagari bestritt, dass die Streitkräfte Zivilisten geschädigt hätten. Auf dem Gelände seien schätzungsweise 300 bis 350 Patienten gewesen. Die Armee habe 200 von ihnen evakuiert und den anderen Nahrungsmittel, Wasser und medizinische Güter gebracht. Für die Zerstörungen auf dem Gelände sei die Hamas verantwortlich, deren Kämpfer sich dort verschanzt hätten. Andere hätten die Anlage mit Mörsergranaten beschossen.
Auslöser des Krieges, waren Terrorangriffe unter Führung der Hamas auf den Süden Israels, bei denen etwa 1200 Menschen getötet und zirka 250 weitere entführt wurden. Israel reagierte mit einem Feldzug in den Gazastreifen, bei dem nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Behörden mittlerweile mehr als 32.000 Palästinenser getötet und die Mehrzahl der Einwohner des Küstengebietes aus ihren Häusern vertrieben wurden.
RND/dpa/AP