Fragen und Antworten zur Grippewelle

Warum sind gerade so viele Kinder krank?

Ein Arzt untersucht in einer Kinderklinik ein Kind.

Deutschland ist krank – und zwar so, wie schon lange nicht mehr. Etwa 7,9 Millionen Menschen haben zurzeit einen akuten Atemwegsinfekt, wie aus dem aktuellen Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) hervorgeht. Neben harmlosen Erkältungsviren kursieren vermehrt auch Influenzaviren, die die echte Grippe auslösen. Vor allem Kinder und Jugendliche liegen gerade mit Grippesymptomen im Bett.

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Doch warum trifft die Grippewelle dieses Mal gerade die Jüngeren? Wie gefährlich ist die Grippe für sie? Und könnten sie sich jetzt noch impfen lassen?

Wie viele Kinder und Jugendliche sind zurzeit an Grippe erkrankt?

Wie aus Daten der Arbeitsgemeinschaft Influenza hervorgeht, gab es zuletzt 7086 Arztbesuche wegen akuter Atemwegserkrankungen in der Altersgruppe der Null- bis Vierjährigen. Bei den Fünf- bis 14-Jährigen waren es 4464. Damit sind die Zahlen im Vergleich zur Vorwoche leicht gesunken. Insgesamt bleiben sie jedoch auf einem höheren Niveau als bei vergangenen Grippewellen.

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Auffällig ist, dass dieses Mal auch viele Kinder und Jugendliche schwer an Grippe erkranken. Die Zahl der schweren Verläufe sei seit Jahresbeginn gestiegen, teilte die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) mit. Anfang Februar kamen demnach rund fünfmal so viele Kinder mit einer Grippe in große Kinderkliniken wie noch Anfang Januar.

„In diesem Jahr ist die Grippewelle relativ stark“, sagte der DGPI-Vorsitzende Tobias Tenenbaum. Die Situation sei zwar nicht dramatisch, aber es gebe in den Kliniken „auf jeden Fall sehr viel zu tun“.

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Warum trifft die Grippewelle dieses Mal so viele Jüngere?

Warum bei der Grippewelle in diesem Jahr so viele Kinder und Jugendliche erkranken, hängt mit mehreren Faktoren zusammen.

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Einer sind mögliche Nachholeffekte. Während der Corona-Pandemie haben Hygieneschutzmaßnahmen wie Masken und Abstandskontrollen verhindert, dass das Immunsystem mit Grippeviren in Kontakt kommt, es konnte folglich keine Immunität gegen diese Erreger aufbauen. „Daher infizieren sich viele von denen, die bisher noch keinen Influenza-Kontakt hatten, jetzt im Schulalter und erkranken dann in diesem Alter mit schwereren typischen Grippesymptome“, sagte Johannes Liese, Leiter der pädiatrischen Infektiologie und Immunologie der Kinderklinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg, vergangene Woche gegenüber dem Science Media Center (SMC).

Kleinkinder müssen sich ihre Immunität durch wiederholte Infektionen erst aufbauen. Daher seien sie grundsätzlich mehr von Atemwegsinfekten betroffen, sagte Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, dem SMC. Seiner Ansicht nach spielt auch die Ausbreitung der Grippeviren bei der aktuellen Krankheitswelle eine Rolle. „Diese kann von Jahr zu Jahr unterschiedlich sein, und dieses Jahr scheinen wir wieder ein recht starkes Jahr zu haben.“

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Das winterliche Wetter, das dafür sorgt, dass wir uns mehr in Innenräumen aufhalten, spielt den Viren zusätzlich in die Karten. In Räumen, in denen sich viele Menschen aufhalten, zum Beispiel Klassenräume, können sich die Erreger schneller verbreiten. Wird dann nicht regelmäßig gelüftet, nimmt die Viruskonzentration zu und die Ansteckungsgefahr steigt. Fehlende Hygienemaßnahmen, zu denen auch das Lüften gehört, helfen den Viren also dabei, sich auszubreiten.

Ein anderer Faktor, der die hohen Fallzahlen bei Kindern und Jugendlichen erklären könnte, sind die zu niedrigen Impfquoten. Weniger als 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen, für die die Ständige Impfkommission (Stiko) eine Grippeschutzimpfung empfiehlt, seien in den Jahren 2009 bis 2018 geimpft gewesen. So schreibt es die Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen im Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit Ende vergangenen Jahres in einer Stellungnahme. „In Deutschland ist die Kinder-Grippeschutzimpfung ein Stiefkind – selbst unter den chronisch Kranken sind die Durchimpfungsraten kritisch niedrig", sagte Markus Rose, ärztlicher Leiter des Zentrums für Angeborene Lungenerkrankungen am Klinikum Stuttgart, dem SMC.

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Wie gefährlich ist die Grippe für Kinder?

Die typischen Symptome einer Grippe sind: plötzlich hohes Fieber; Abgeschlagenheit; Muskel-, Kopf- und Gliederschmerzen; sowie trockener Husten, der mehrere Wochen anhalten kann. Bei Kindern können noch Müdigkeit, Übelkeit und Erbrechen hinzukommen. Im frühen Kindesalter können häufig auch Heiserkeit und Mittelohrentzündungen auftreten.

In der Regel verläuft eine Infektion mit Grippeviren bei Kindern komplikationslos. Innerhalb von wenigen Tagen bis Wochen ist sie überstanden. „In manchen Fällen kann es auch bei an sich gesunden Kindern infolge der Grippe zusätzlich zu bakteriellen Infektionen der Atemwege mit einer Lungenentzündung kommen“, erklärt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). „Eine solche bakterielle Infektion muss in der Regel mit Antibiotika behandelt werden.“

Kinder, die Vorerkrankungen haben, können bei Kontakt mit Grippeviren unter Umständen schwer erkranken. Zu den Vorerkrankungen gehören zum Beispiel Asthma, Diabetes oder Trisomie 21. Schwere Verläufe äußerten sich vor allem durch eine Lungenentzündung, schwere Bronchitis oder Fieberkrämpfe, sagte Tenenbaum. Nur wenig bekannt sei, dass eine Grippe außerdem zu Muskelentzündungen führen könne, bevorzugt in den Waden.

„Die Kinder können dann nicht mehr richtig laufen und haben Schmerzen“, sagte der Mediziner. In seiner Berliner Klinik gebe es zurzeit ungewöhnlich viele dieser Fälle, auch bezogen auf Kinder mit Fieberkrämpfen. Manche Kinder müssten sogar auf die Intensivstation.

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Ständig angespannt? Wie sich das Nervensystem regulieren lässt und innere Sicherheit entsteht

Das autonome Nervensystem steuert lebenswichtige Körperfunktionen, doch viele Menschen tun sich schwer, seine Signale zu deuten – mit Folgen wie Stress, Anspannung und Ängsten. Die Autorin und Beraterin Kathleen Kunze beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema und zeigt, wie Sicherheit und innere Balance zurückkehren.

Ist jetzt noch eine Grippeimpfung möglich?

Die beste Zeit für die Grippeimpfung ist eigentlich Oktober bis Mitte Dezember. Wie gut die Impfung in diesem Jahr schützt, sei noch unklar, sagte Watzl. Meist würden diese Daten rückblickend erhoben. „Man kann sich aber immer noch gegen die Grippe impfen lassen.“ Der Immunologe rät, sich wegen einer Grippeschutzimpfung an den Hausarzt oder die Hausärztin zu wenden – bei Kindern und Jugendlichen dann an den Kinderarzt oder die Kinderärztin.

Die Impfempfehlung der Stiko bleibt bestehen. Das Gremium rät folgenden Personen zu einer Impfung:

  • Menschen mit Grunderkrankungen (chronische Herz- und Kreislauferkrankungen, angeborene Immunschwäche, neurologische Krankheiten wie Multiple Sklerose oder Diabetes)
  • über 60-Jährigen
  • Schwangeren (ab dem zweiten Trimester, oder bei Gesundheitsrisiken schon ab dem ersten Trimester)
  • Bewohnerinnen und Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen
  • Personen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko und viel Publikumsverkehr (zum Beispiel Supermarktmitarbeitende)
  • Menschen, die mit Risikopersonen zu tun haben (zum Beispiel Pflegekräfte, die Schwerkranke versorgen)

Für Kinder gilt: Alle ab sechs Monaten, die durch eine Vorerkrankung (dazu gehört Trisomie 21, Diabetes oder Asthma) ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, können gegen Grippe geimpft werden.

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Wann mit dem Kind zum Arzt?

Treten grippeähnliche Symptome wie Fieber und Husten auf, sollten Eltern mit ihrem kranken Kind beim Kinderarzt oder bei der Kinderärztin vorstellig werden, rät die BZgA. Das Gleiche gilt, wenn das Kind schlecht Luft bekommt oder – bei Kindern unter sechs Monaten – nicht mehr essen oder trinken will.

Auch wenn das Fieber mehrere Tage anhält oder sich der Allgemeinzustand des Kindes verschlechtert, sollten Eltern ärztlichen Rat einholen, empfahl Tenenbaum. Im Notfall könne der Arzt oder die Ärztin eine Krankenhauseinweisung ausstellen.

Was hilft bei Grippe?

In der Regel genügt eine ausreichende Bettruhe. Treten Fieber oder Kopfschmerzen auf, können schmerzlindernde und fiebersenkende Mittel helfen – zum Beispiel Paracetamol und Ibuprofen (am besten als Saft), so der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte.

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Antibiotika sind bei Grippe sinnlos, da es sich um eine durch Viren verursachte Erkrankung handelt. Antibiotika helfen jedoch nur bei bakteriellen Infektionen.

RND/mit Material der dpa