WWF schlägt Alarm: Verstärkter Gold-Ankauf gefährdet den Amazonas

Im Zuge der Corona-Krise legen sehr viele Menschen Geld in Gold und Silber an. Umweltschützer fürchten deshalb Konsequenzen für den Amazonas.

Im Zuge der Corona-Krise legen sehr viele Menschen Geld in Gold und Silber an. Umweltschützer fürchten deshalb Konsequenzen für den Amazonas.

In unsicheren Zeiten setzen Anleger und Investoren auf Gold. Die Covid-19-Pandemie lässt weltweit die Nachfrage danach als Investment wachsen. Die Naturschutzorganisation WWF rechnet deshalb mit einem vermehrten Abbau von Gold in Bergwerken der Amazonas-Region – und befürchtet eine zunehmende gesundheitliche Gefährdung für die vor Ort lebenden Menschen, die Ausbeutung von Arbeitskräften und eine noch massivere Zerstörung des Regenwaldes.

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Schon in den vergangenen vier Wochen habe die Naturschutzorganisation einen Anstieg am Goldbergbau im Amazonas registriert, sagte WWF-Rohstoffexperte Tobias Kind gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Konkrete Zahlen dazu zu ermitteln sei zwar aufgrund kartellähnlicher Strukturen im Goldbergbau extrem schwierig. Aber auch Satellitendaten und die Daten zur weltweiten Nachfrage nach Gold könnten Aufschluss über die Lage in den Bergwerken geben.

Quecksilber bedroht Gesundheit vieler Menschen

Eine Folge der starken Nachfrage bei Anlegern nach Gold: Bäume schwinden, der Lebensraum Indigener wird zerstört. „Je höher der Goldpreis steigt, umso mehr wird abgebaut", erklärt Kind den Zusammenhang. Gold-Hotspots seien überall im Amazonas zu finden: vor allem in Peru, Brasilien und Kolumbien. Zehn Prozent des Waldverlustes im Amazonas stehen laut dem Umweltexperten im Zusammenhang mit Bergbau.

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Der Goldbergbau führt zu Regenwald-Rodungen in Südamerika.

Der Goldbergbau führt zu Regenwald-Rodungen in Südamerika.

Mit Sorge beobachtet Kind auch den Eintrag von Quecksilber in Flüsse im Amazonas: „Der Goldbergbau gefährdet akut die Gesundheit von Menschen und Ökosystemen.” Quecksilber gelange vor allem durch den Verzehr von kontaminiertem Fisch oder durch das Einatmen von Quecksilberdampf in den menschlichen Körper. „Die Giftstoffe bleiben ein Leben lang im Körper”, betont Kind. Die Liste der gesundheitlichen Folgen ist lang: Muskelschäden, chronische Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen, Lernschwierigkeiten, sensorische Beeinträchtigungen, Geburtsfehler, Atemversagen, Nierenschäden, Koma und in einigen Fällen auch der Tod.

Mindestens 1,5 Millionen Menschen, die in Flussnähe leben, sind laut WWF bereits gesundheitlich betroffen. Die Umweltorganisation stützt sich Rohstoffexperte Kind zufolge dabei auf Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

WWF: Auf Goldkauf verzichten oder Recycling-Gold erwerben

Im Unterschied zu Produkten aus dem Nahrungssektor könne man bei Gold leider nicht wirklich nachweisen, wo es genau herkommt. „Sobald das Gold einmal geschmolzen ist, wird es gemischt mit anderen Nuggets“, erklärt Kind. Deshalb sind laut WWF Anleger, Banken und Händler in der Pflicht. „Wir fordern Goldhändler und Anbieter goldgestützter Fonds auf, Recyclinggold Vorfahrt zu gewähren und Kunden lückenlos Aufschluss zu geben über die Herkunft des gehandelten Goldes. Sonst haben Anleger keine Chance, giftiges Gold aus ihren Portfolios rauszuhalten“, sagt Tobias Kind.

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Recyclinggold ist wiederverwertetes Altgold und hat laut WWF den gleichen Wert wie neu abgebautes Gold. Der Vorteil: Es belastet die Umwelt weniger. „Der ökologische Fußabdruck des Goldes sinkt mit jeder Wiederverwertung”, betont Kind. Anleger mit Interesse an Gold und Käufer von Goldschmuck ruft der WWF auf, gezielt nach Recyclinggold oder wenigstens zertifiziertem Gold zu fragen.

Kleinbergbau unterstützen: Auf Zertifizierung achten

Wir rufen Unternehmen dazu auf, Transparenz in ihre Lieferkette zu bringen.

Tobias Kind, WWF-Rohstoff-Experte

Eine weitere Möglichkeit für Gold-Kunden sei es, Zertifizierungssysteme wie Fairmined zu nutzen. Sie geben im Kleinbergbau die Möglichkeit, quecksilberfreie Abbautechniken zu fördern. Für Großbergbau-Unternehmen setzten Zertifizierungssysteme wie IRMA wichtige Umwelt- und Sozialstandards. „Eine erhöhte Nachfrage erzeugt bei Banken, Händlern und Juwelieren Druck, ihre Lieferketten sauber zu halten“, so Kind.

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Freiwillige Zertifizierungssysteme allein würden den Goldbergbau aber nicht maßgeblich sozialer und umweltfreundlicher machen, dazu braucht es laut Tobias Kind den „totalen Druck des Marktes“: „Eigentlich sollten wir gar kein Gold mehr kaufen. Und wenn, dann nur recyceltes oder zertifiziertes Gold.“ Man dürfe nicht vergessen, dass damit nicht nur in Südamerika, sondern auch in Regionen wie Afrika Geldwäsche und Sklaverei mit dem Goldkauf zusammenhängen.

Der WWF kritisiert, dass Wirtschafts- und Industrieverbände die Covid-19-Pandemie nutzten, um aktuell deutsche und europäische Bemühungen um ein Lieferkettengesetz auszubremsen: „Wir rufen Unternehmen dazu auf, Transparenz in ihre Lieferkette zu bringen", sagt Kind. „Sie sollten sich nicht mehr darauf fokussieren, Gold ohne Herkunfts- und Zertifizierungsnachweise zu importieren.”


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