West-Nil-Virus: Japanische Wissenschaftler finden Ursache für Hirnhautentzündung
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Das West-Nil-Virus wird bei uns von Mücken übertragen. In schweren Fällen kann es eine Hirnhautentzündung auslösen.
© Quelle: Cynthia Goldsmith/CENTERS FOR DI
Eine Infektion mit dem West-Nil-Virus verhindert den Abbau von nicht mehr benötigten Zellbestandteilen und Proteinen in Zellen des Gehirns. Die Ansammlung des zellulären Mülls lässt die Zellen absterben und verursacht eine Entzündung des Gehirns, wie Wissenschaftler im Fachmagazin „Plos Pathogens“ berichten.
Infektion verläuft meistens ohne Symptome
Störungen der Autophagie – so heißt der geregelte Abbau zellulärer Bestandteile – seien an einer Vielzahl von Erkrankungen beteiligt, etwa bei Alzheimer. „Unsere Ergebnisse könnten damit nicht nur die Entstehung von West-Nil-Fieber erklären, sondern auch von zahlreichen anderen Erkrankungen mit Autophagie-Anomalien“, sagt Shintaro Kobayashi von der Hokkaido-Universität in Japan. Dies könne zur Entwicklung eines Medikaments beitragen.
Das West-Nil-Virus wird von Mücken hauptsächlich zwischen wild lebenden Vögeln übertragen. Über infizierte Mücken kann es auch auf Säugetiere wie Pferde oder Menschen gelangen. Meist verläuft eine solche Infektion bei Menschen laut Robert-Koch-Institut ohne Symptome und wird daher nicht erkannt. Bei knapp 20 Prozent kommt es demnach zu milden, unspezifischen Symptomen wie Fieber oder Hautausschlag. Auch diese bleiben häufig unbeachtet.
Bei etwa einem Prozent der Infizierten wandert das Virus ins Gehirn und kann dort eine Hirnhautentzündung (Meningitis) oder – noch seltener – eine Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) verursachen. Solche schweren Verläufe können tödlich enden, sie betreffen meist ältere Menschen mit Vorerkrankungen.
Virus kann Entzündungen der Hirnhaut hervorrufen
Dass eine Infektion mit dem Virus in Zellen des Gehirns zur Ansammlung von Proteinen führt, hatten die Forscher um Kobayashi bereits in früheren Untersuchungen gefunden. Der exakte Mechanismus sei bislang aber unklar geblieben. Sie zeigten nun in Zellversuchen, dass ein Protein der Virushülle den Abbau zellulärer Proteine bremst. Es beeinträchtigt einen Faktor, der die Autophagie normalerweise auslöst, AMPK (AMP-aktivierte Proteinkinase) genannt. Ohne AMPK findet kein Abbau statt, die Proteine sammeln sich an, was vermutlich zum Absterben der Zellen führt.
In Versuchen mit Mäusen zeigten die Wissenschaftler weiter, dass West-Nil-Viren, die an entscheidenden Stellen des Hüllproteins verändert sind, die Nervenzellen nicht schädigen und keine Gehirnentzündung verursachen.
Übertragung in Deutschland durch Mücken
Im vergangenen Jahr wurde erstmals nachgewiesen, dass eine Übertragung des West-Nil-Virus durch heimische Mücken in Deutschland stattgefunden hat. Zuvor war der Erreger bis auf den Fall eines Tierarztes in Bayern, der sich bei der Untersuchung eines Vogels ansteckte, nur in seltenen Fällen bei Reiserückkehrern nachgewiesen worden.
Erste Nachweise des West-Nil-Virus in Europa gab es schon vor Jahrzehnten, größere Erkrankungswellen werden aber erst seit einigen Jahren registriert. 2018 erfasste die europäische Gesundheitsbehörde ECDC vor allem in Ländern wie Italien, Griechenland, Rumänien, Ungarn und Kroatien rund 2000 Infektionen, rund 180 Menschen starben. In mehreren deutschen Regionen wurde der ursprünglich aus Afrika stammende Erreger seit 2018 bei zahlreichen Vögeln und Pferden nachgewiesen. In nördlichere Gefilde gelangte er durch Zugvögel und Stechmücken.
RND/dpa