Umweltgift gefährdet das Überleben der Orcas

Bedroht: Ein Orca schwimmt die Küste Nordnorwegens entlang.

Bedroht: Ein Orca schwimmt die Küste Nordnorwegens entlang.

Aarhus. Ein langlebiges Umweltgift bedroht einer Studie zufolge einen großen Teil der weltweiten Orca-Populationen. Demnach könnten PCB (Polychlorierte Biphenyle) in etlichen Regionen innerhalb der kommenden Jahrzehnte ganze Bestände der Delfin-Art auslöschen. Betroffen seien Gewässer bei Brasilien, Gibraltar und den Kanarischen Inseln sowie Regionen vor Großbritannien, Japan und im Nordostpazifik, schreibt ein internationales Forscherteam im Fachjournal „Science“.

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PCB, die zu den chlorierten Kohlenwasserstoffen zählen, wurden von 1930 bis in die 1990er Jahre in einer Menge von 1 bis 1,5 Millionen Tonnen produziert. In Deutschland sind die Verbindungen seit Ende der 80er Jahre verboten – 2004 trat die „Stockholmer Konvention“ in Kraft, 120 Staaten einigten sich damals auf ein Verbot der PCB-Herstellung. Dennoch sind die langlebigen, gegen Hitze, Säure und Wasser beständigen Stoffe inzwischen weit verbreitet und reichern sich in der Nahrungskette an.

Am stärksten belastet sind Tiere an der Spitze der Nahrungskette: Im Fettgewebe von Orcas (Orcinus orca), auch Schwertwal genannt, wurden den Forschern zufolge schon Konzentrationen bis 1300 Milligramm pro Kilo gefunden. Studien zeigen demnach, dass bereits Werte von 50 Milligramm pro Kilo die Fruchtbarkeit und das Immunsystem der Tiere schädigen könnten.

Mehr als die Hälfte der untersuchten Populationen bedroht

Nun werteten die Forscher um Jean-Pierre Desforges von der dänischen Universität Aarhus die PCB-Werte von 351 Orcas aus. Besonders belastet sind demnach Populationen, die in der Nähe von Industrieregionen leben. Anhand der Belastung verschiedener Bestände simulierte das Team in einem Modell deren Entwicklung für die kommenden 100 Jahre. Resultat: In zehn der insgesamt 19 untersuchten Populationen bedroht das Umweltgift das dauerhafte Überleben.

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Ein Effekt erhöhter PCB-Konzentrationen sei Nachwuchsmangel, betonen sie. „In den belasteten Gebieten können wir nur noch selten neugeborene Orcas beobachten“, wird Ko-Autorin Alisa Hall von der schottischen Universität St. Andrews in einer Mitteilung zitiert. In den am stärksten belasteten Gebieten drohe innerhalb der nächsten 30 bis 40 Jahre ein Zusammenbruch vieler Populationen. In anderen, weniger kontaminierten Regionen in der Arktis und Antarktis sei dagegen mit einem Wachstum der Populationen zu rechnen. Allerdings betonen die Forscher, dass auch viele andere Umweltgifte den Tieren zusetzen könnten, darunter Organophosphat-Flammschutzmittel, Perfluor-Alkylsäuren (PFAAs) oder polychlorierte Naphthaline (PCN).

Auch Plastikmüll und Überfischung setzen Orcas zu

„Alles, was wir an Schadstoffen produzieren, findet seinen Weg ins Meer“, sagt Joseph Schnitzler von der Tierärztlichen Hochschule Hannover, der nicht an der Studie beteiligt war. Die PCB-Produktion sei zwar eingestellt worden, doch in alten Maschinen könne das Umweltgift noch vorkommen. „Wenn diese nicht fachgerecht entsorgt werden, können PCB weiterhin ins Meer gelangen“, betont Schnitzler. Mehr könne nicht unternommen werden, um die Meeressäuger vor PCB zu schützen.

"Free Willy" kämpft noch mit weiteren, von Menschen gemachten, Problemen: Durch die Überfischung der Weltmeere gelangen Orcas oft nicht mehr an ausreichend Nahrung, warnen Tierschutzorganisationen. Immer wieder werden auch große Mengen Plastikmüll im Magen-Darm-Trakt von gestrandeten Schwertwalen gefunden. Zu einer Minimierung der Bestände hatte bis in die 80er Jahre schon die Lebendfang-Industrie beigetragen. Noch heute werden Orcas als Attraktion in Delfinarien gehalten.

Von RND/dpa/so

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