Studie: Schlangen hören mehr als gedacht
Eine Studie hat ergeben, dass Schlangen nicht nur Bodenvibrationen spüren, sondern auch Luftschall hören.
© Quelle: Barbara Barkhausen
Schlangen sind keinesfalls taub und können deutlich mehr hören, als man bisher dachte. Das ist das Ergebnis einer Studie der University of Queensland, die im Fachmagazin „Plos One“ veröffentlicht wurde. „Da Schlangen keine Außenohren haben, denken die Menschen normalerweise, dass sie taub sind“, sagte Christina Zdenek von der School of Biological Sciences der Universität. Die Reptilien können nur Vibrationen durch den Boden und in ihren Körpern spüren, lautete die Annahme. Die australische Studie ergab nun aber, dass die Tiere durchaus Schallwellen in der Luft hören und darauf reagieren.
Bodenvibrationen und Schallwellen aus der Luft: beide Arten des „Hörens“ getestet
Im Rahmen ihres Experiments spielten die Forscher und Forscherinnen den Schlangen jeweils drei verschiedene Tonfrequenzen in einem schalldichten Raum vor und beobachteten die Reaktionen der Tiere. Insgesamt analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Verhalten von 19 Schlangen, die fünf unterschiedliche genetische Reptilienfamilien repräsentierten. „Wir spielten einen Ton ab, der Bodenvibrationen erzeugte, während die anderen beiden nur aus der Luft kamen“, sagte Zdenek.
Damit konnten die Forscher und Forscherinnen beide Arten des „Hörens“ testen – das taktile Hören durch die Bauchschuppen der Schlangen und das Hören durch die Luft über das Innenohr der Tiere. Dabei stellten sie fest, dass die Schlangen auf alle drei Geräusche reagierten. Die jeweiligen Reaktionen variierten jedoch je nach Gattung der Schlange. Nur eine Pythonart tendierte dazu, sich in Richtung Schall zu bewegen, während sich Taipans, Braunschlangen und insbesondere Todesottern eher davon entfernten.
Nur ein Python bewegte sich in Richtung des Geräuschs
Zdenek vermutet, dass der sogenannte Woma-Python – eine ungiftige Schlange, die im trockenen Inneren Australiens vorkommt – als große nachtaktive Schlange weniger durch Raubtiere gefährdet ist als kleinere Arten und sich deswegen nicht so vorsichtig verhalten muss. „Daher tendieren sie dazu, sich dem Schall zu nähern“, sagte Zdenek.
Taipans müssen sich dagegen mehr Sorgen um Greifvögel machen. Außerdem verfolgen sie ihre Beute aktiv, sodass ihre Sinne viel empfindlicher zu sein scheinen. Taipans zeigten deswegen auch mehr defensive und vorsichtige Reaktionen. Todesottern wiederum sind Tiere, die aus dem Hinterhalt angreifen. Sie warten darauf, dass ihre Beute zu ihnen kommt, und wackeln mit ihrem Schwanz wie mit einem Köder. Da sich Todesottern nicht schnell fortbewegen können, ergibt es laut der Forscherin Sinn, dass sie sich von Geräuschen wegbewegen. „Überleben bedeutet für sie, nicht von großen Wirbeltieren wie Kängurus, Wombats oder Menschen getreten zu werden“, schrieb Zdenek in „The Conversation“.
Schlangen hören womöglich auch menschliche Stimmen
Laut der Studie können Schlangen allerdings nur niedrige Frequenzen unterhalb der 600-Hertz-Marke hören, während die meisten Menschen einen viel größeren Bereich erfassen können. „Schlangen hören wahrscheinlich gedämpfte Versionen dessen, was wir hören“, vermutete die Forscherin in „The Conversation“. Damit könnten die Reptilien aber durchaus auch menschliche Stimmen vernehmen, deren Frequenz je nach Geschlecht etwa 100 bis 250 Hertz beträgt.
„Die Geräusche, die wir in unseren Versuchen abgespielt haben, enthielten diese Frequenzen und wurden in einem Abstand von 1,2 Metern von den Schlangen mit 85 Dezibel abgespielt“, erklärte Zdenek. Dies entspreche etwa der Amplitude einer lauten Stimme. Die Schlangen in der Studie hätten auf dieses Geräusch reagiert – viele davon sogar deutlich. „Man kann also mit Sicherheit sagen, dass Schlangen Menschen laut sprechen oder schreien hören können“, so die Wissenschaftlerin.