So geht klimasicher: Forschende entwickeln fünf Prinzipien für Städte und Kommunen

Kaputte Straßen, zerstörte Häuser: Den Ortsteil Hohenlimburg der Stadt Hagen haben die Überschwemmungen besonders stark getroffen.

Kaputte Straßen, zerstörte Häuser: Den Ortsteil Hohenlimburg der Stadt Hagen haben die Überschwemmungen besonders stark getroffen.

Die Städte und Kommunen, in denen wir leben, sind nicht wettersicher. Das haben nicht zuletzt die Überschwemmungen in Mitteldeutschland gezeigt. Und die jüngsten Klimastudien prognostizieren, dass sich derartige Extremwetterereignisse als Folge des Klimawandels in Zukunft häufen werden. Es gilt also, die Wohnorte wettertauglich zu gestalten. Deswegen haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun unter der Koordination des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) fünf Prinzipien entwickelt, an denen sich Städte und Gemeinden für einen klimasicheren Umbau orientieren sollen.

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„Es ist an der Zeit, ähnlich wie beim Klimaschutz, ein groß angelegtes Klimaanpassungsprogramm auf den Weg zu bringen“, heißt es in der Mitteilung. „Es gilt, das Risikomanagement von Wetterextremen und den Bevölkerungsschutz sowie die strategische Planung in Kommunen und Städten weiter zu stärken. Ziel muss es sein, die Klimasicherheit von Gemeinden und Städten auf ein neues Fundament zu stellen.“

1. Frühwarnsysteme und Kommunikation verbessern

Früh genug und verständlich genug warnen – so könnte man das erste Prinzip zusammenfassen. Die Vorhersage von Hochwasser müsse – auch für kleinere Flusseinzugsgebiete – verbessert und zuverlässige Warnsysteme aufgebaut werden, schreiben die Forschenden. Außerdem sei es wichtig, dass es eine dauerhafte und verlässliche Kommunikation zwischen Vertreterinnen und Vertretern von Stadt beziehungsweise Gemeinde und Bürgerinnen und Bürgern vor Ort gebe. Denn: „Nur eine Warnung, die Menschen verstehen und der sie vertrauen, wird zu den gewünschten Handlungen führen“, sagen die Forschenden.

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2. Wasser speichern wie ein Schwamm

Deiche, Mauern und Polder haben sich als Schutz vor Hochwasser bereits etabliert. In Zukunft wird das alleine allerdings nicht reichen. Die Expertinnen und Experten empfehlen deshalb, Gemeinde, Städte und Landschaften wie Schwämme zu konzipieren, um den Wasserrückhalt in der Landschaft zu verbessern.

Das heißt letztlich, dass das Speichervermögen etwa von Flussauen, Wald-und Agrarlandschaften durch zusätzliche Grün-und Freiflächen gesteigert werden soll. Es soll also mehr Überschwemmungsgebiete geben. Diese seien bei extremen Niederschlägen außerdem als Notwasserwege nutzbar, und auch in Trockenzeiten helfe es, ein hohes Speichervermögen für Wasser zu haben.

3. Klimaprüfung von kritischen Infrastrukturen

„Es ist nicht hinnehmbar, wenn gerade während einer Krise notwendige Kommunikationsnetze, medizinische Dienstleistungen und Einrichtungen ausfallen, da sie nicht hinreichend auf solche Extremereignisse vorbereitet sind“, sagen die Forschenden. Deswegen fordern sie, bei jeder Sanierung, Wiederaufbau oder Neubau von öffentlicher Infrastruktur und Gebäuden, die möglichen Folgen des Klimawandels miteinzubeziehen.

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Das gelte auch insbesondere für kritische Infrastrukturen wie die Wasser- oder Stromversorgung. Sie seien „das Rückgrat der modernen Gesellschaft“ und müssten so konzipiert werden, dass sie auch in extremen Wetterlagen zuverlässig funktionieren oder entsprechende Alternativlösungen bieten.

4. Klimasicherheit von Gebäuden

Das vierte Prinzip schließt eng an das dritte an. Die Expertinnen und Experten fordern darin explizit, die Klimasicherheit von Gebäuden von Anfang an mitzudenken und den generellen Schutzstandard zu erhöhen. Das sei insbesondere für Einrichtungen vulnerabler Gruppen, wie Kinder, Seniorinnen und Senioren oder behinderte Menschen, unverzichtbar. Dafür seien – wie bei energieeffizienter Sanierung – finanzielle Förderungen und Anreize sowie vorsorgeorientierte Versicherungsprämien notwendig.

Es reiche nicht mehr, die Herausforderungen etwa von extremen Wetterereignissen reaktiv meistern zu wollen. Stattdessen müsse präventiv auch schon bei Bauanträgen und Immobilienverkäufen systematisch entsprechende Information über Starkregen- oder Hochwassergefahren mit bedacht und abgefragt werden.

5. Wille, Kooperation und Solidarität

Grundsätzlich bedürfe es für einen Umbau zu mehr Klimasicherheit besonders des Innovations-und Gestaltungswillens der beteiligten Akteurinnen und Akteure sowie finanzieller Förderungen und Anreizen aufseiten des Bundes und der Länder. Neben durchsetzungsstarken Instrumenten in der Planung seien außerdem kohärente und standardisierte Rahmenwerke und Vorgehensweisen notwendig.

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Auch die Verteilung der Nutzen und Lasten des Umbaus sollten kooperativ und solidarisch verteilt werden. Das heißt auch, dass die verschiedenen Gemeinden und Städte zusammenarbeiten müssen. Eine Gemeinde etwa, die mehr Raum für Wasser im Oberlauf von Flüssen schafft, werde nur indirekt profitieren. Dagegen hätten dadurch Gemeinden im Unterlauf ein stark reduziertes Überflutungsrisiko.

Herausforderungen lokal unterschiedlich

Gänzlich neu sind die Prinzipien nicht, wie die Expertinnen und Experten selbst schreiben. Sie orientieren sich an Forderungen, die bereits nach den großen Hochwassern in den Neunzigerjahren am Rhein und Anfang der 2000er veröffentlicht wurden. Mit dem Statement der Forschenden soll deren Bedeutung nochmals unterstrichen werden. Nicht alle Prinzipien seien aber nicht für jeden Ort, jede Gemeinde, gleichermaßen umsetzbar. Die Herausforderungen in den Mittelgebirgen mit seinen vielen kleinen Flusseinzugsgebieten seien anders als im Flachland.

Lösungen müssten also auch immer die lokalen Begebenheiten miteinbeziehen und letztlich vor Ort entwickelt werden. Außerdem könnten zwar einige Forderungen, wie Frühwarnung und Bevölkerungsschutz, rasch angegangen werden, andere allerdings seien nur längerfristig umsetzbar – wie der Umbau von Infrastruktursystemen. „Allerdings gilt: Auch für längerfristige Transformationsprozesse sind die Grundlagen zeitnah zu legen“, sagen die Forschenden. „Es ist jetzt Zeit zu handeln.“

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