Muss der Schulstart wirklich so teuer sein?

Zur Einschulung werden viele neue Anschaffungen nötig.

Zur Einschulung werden viele neue Anschaffungen nötig.

Auch die vorausschauendsten Eltern haben zu Beginn des Jahres vermutlich nicht damit gerechnet, unter welchen Bedingungen ihre Kinder im Sommer 2020 in die Schule kommen würden. Woran aber vielleicht jene Eltern mit Weitsicht – zu denen ich in der Regel eher nicht gehöre – gedacht haben, war, schon seit dem Winter ein bisschen was zur Seite zu legen. Denn bevor das Kind auch nur einen Stundenplan in den Händen hält, gilt es, eine andere Hürde zu nehmen: die Kosten für die Einschulung.

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Kinder in die Schule zu schicken ist ganz schön teuer – diese Erfahrung habe ich im vergangenen Sommer gemacht, als meine mittlere Tochter in die erste Klasse und meine ältere Tochter in die fünfte Klasse kamen. Zwei Einschulungen an einem Tag und damit Kosten, die unsere Kassen sprengten. Und das, obwohl wir uns grundsätzlich nicht an diesem Höher-schneller-weiter in Sachen Kinderpartys beteiligen wollen.

Hype um den Schulranzen

Eine kleine Übersicht: Allein für das Schulmaterial der beiden Mädchen wie Hefte, Ordner, Kladden oder Pinsel habe ich 75 Euro bezahlt. Hinzu kommen dann Bücher, die wir anschaffen müssen, und Geld, das wir schon beim Kennenlern-Nachmittag und -Abend für weitere Materialen, Holzkisten oder Klassenkassen bereithalten sollten. Dann ist da noch die Ausstattung selbst, also die Schulranzen. Ein Schulranzen kostet inzwischen bis zu 250 Euro.

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250 Euro! Ein Preis, der meiner Ansicht nach mit nichts zu rechtfertigen ist. Das sind ja keine Hightech-Karbon-Superprodukte, die leicht und endlos haltbar sind. Nein, das sind einfach quadratische Taschen, die die Kinder nach spätestens drei Jahren hässlich finden. Nicht einmal nachhaltig sind die meisten der angebotenen Produkte. Aber um den Schulranzen wird mit extra veranstalteten Partys samt Kauf- und Typberatung ein irrsinniger Hype gemacht. Solche Partys machen wir nicht mit, aber es gehört eben zum Ritual, sich einen Ranzen aussuchen zu dürfen – das wissen natürlich auch die Hersteller.

Eine Schultüte im Wert von 200 Euro

Um die Schultüte hat sich zum Glück die Patentante gekümmert, darum brauchte ich mich also glücklicherweise nicht zu kümmern. Ich habe sie nicht gefragt, was sie dafür bezahlt hat, aber anhand meiner Recherchen gehe ich mal von rund 150 bis 200 Euro für Material und Füllung aus.

Beide Mädchen hatten sich für den Tag ein neues Kleid ausgesucht. Das waren alltagstaugliche Kleider, die also auch den Sommer über getragen werden konnten. Trotzdem: Es läppert sich. Schreibtische brauchten wir zum Glück nicht mehr anzuschaffen – die hätten unser Budget endgültig gesprengt. Wir lagen ohnehin schon bei Kosten von rund 1000 Euro. Damit war dann auch klar, dass wir keinen Sommerurlaub machen konnten.

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Und dann kam ja noch der Tag selbst. An dem hatten wir Familie und Paten hier, und weil ja morgens Einschulung eins war und nachmittags Einschulung zwei, mussten wir natürlich Essen und Getränke parat haben. Allein im engsten Kreis sind wir in der Regel zwischen 25 und 30 Personen; ein bisschen Catering, und schon waren wir bei rund 200 Euro.

In der Corona-Zeit kommen noch die Kosten für Masken dazu

Immerhin, einige der Kostenpunkte könnten aufgrund der Corona-Situation in diesem Jahr anders aussehen. Gerade hatte mein Neffe Einschulung an der weiterführenden Schule. Da ihn ohnehin nur seine Eltern zur Feier begleiten durften, hat sich der engste Familienkreis am Ende zu Hause zum Spaghetti-Bolognese-Essen getroffen. Also kein großes Catering, kein schickes Outfit. Gut für den Geldbeutel, aber machen wir uns nichts vor: Schöner ist es trotzdem, nicht unter Corona-Bedingungen feiern zu müssen.

Hinzu kommen nun auch in der Corona-Zeit die Kosten für die Masken. Nehmen die Kinder Einwegmasken, werden sie etwa 60 Stück für ihren ersten Monat Schule brauchen. Auf Dauer summiert sich auch das.

Für viele Familien ist die Einschulung eine finanzielle Herausforderung

Was mich zu einem wichtigen Punkt führt: Für uns waren diese beiden Einschulungen finanziell zwar eine Belastung, aber wir haben es ja hinbekommen. Und wir kriegen es auch hin, die Masken zu kaufen. Wie aber ist das bei Familien, die materiell deutlich schlechter gestellt sind? Es gibt zwar Zuschüsse, aber die reichen doch bei Weitem nicht. Davon kann man vielleicht einen Teil vom Schulmaterial besorgen, aber keinen neuen Scout-Ranzen. Und damit sind manche Kinder schon vor dem ersten Läuten der Schulglocke abgehängt.

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Jetzt könnte ich natürlich sagen, weil ich diesen kapitalistischen Wettlauf doof finde, mache ich nicht mehr mit. Natürlich könnten die Mädchen ihre Sachen auch in einen Jutebeutel packen – vielleicht gehörten sie in der neunten Klasse damit sogar zu den Hipsterkindern. Sie sind aber nicht in der neunten Klasse, und in ihren Jahrgängen trägt man halt so teure Dinger auf dem Rücken. Und auch wenn ich es nicht gut finde, möchte ich meinen Töchtern Teilhabe ermöglichen, und das bedeutet auch, gewisse Trends mitzumachen. Der große Unterschied ist dabei: Ich kann mich entscheiden, mitzumachen oder eben nicht. Andere Familien schauen in ihr Portemonnaie, und die Entscheidung ist längst gefallen. Erste Lektion in der Schule: soziale Ungleichheit.

Eltern sollten aus dem Geschenke-Marathon aussteigen

Im Moment habe ich noch nicht die tragende Idee, wie diese Schulnummer auch eine Runde günstiger geht. Eine Deckelung der Tornister-Preise sehe ich in nächster Zukunft nicht, Gleiches gilt fürs Schulmaterial: Warum muss es denn ein Pelikan-Farbkasten sein und warum muss der 15 Euro kosten? Was aber wir Eltern machen können, ist, bei diesem Party- und Geschenke-Marathon auszusteigen. Vielleicht tut es auch den eigenen Kindern gut, wenn sie nicht so überladen sind mit neuen Spielsachen und großen Veranstaltungen. Dann hätten sie auch Zeit und Ruhe für das eigentlich Wichtigste am Einschulungs-Tag: das Auspacken der Schultüte!

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