Mit besonders wenig Hefe: Weizen-Dinkelbrot selbst backen
Bäckerin Olja Yasenovskaya hat angesichts der Situation in den Supermärkten ein Rezept ausgesucht, das mit besonders wenig Hefe auskommt.
© Quelle: Andrea Tratner
Hannover. Mehl und Hefe sind nur noch schwer zu bekommen – die Regale im Supermarkt sind in diesen Tagen häufig leergefegt. Lokale Bäcker wie Gerhard Bosselmann appellieren in emotionalen Facbook-Posts an die Hannoveraner, Brötchen und Kuchen weiterhin in ihren Geschäften zu kaufen. Wer die Zutaten schon zuhause hat, kann nun aber die Zeit nutzen, sein erstes Brot zu backen. „Denn Brot braucht Zeit“, sagt Olja Yasenovskaya.
Die Angestellte der hannoverschen Stadtverwaltung backt mit Leidenschaft, bietet im November VHS-Kurse an, teilt ihre Rezepte mit 1200 Followern auf ihrem Instagram-Account namens „Brot_samkeit“. Der Name ist Programm – Backen hat viel mit Achtsamkeit und Geduld zu tun. Aufgrund der Corona-Krise verbringen die Menschen gezwungenermaßen viel Zeit zuhause. „Es ist eine gute Gelegenheit, etwas Neues auszuprobieren“, rät Yasenovskaya, die sich auf Instagram Olja Leipuri (das finnische Wort für Bäckerin) nennt.
Brot backen auch bei Home Office möglich
Was viele Menschen davon abhalte, sich mit der Kunst des Brotbackens zu beschäftigen, seien die genauen zeitlichen Vorgaben für einzelne Schritte: „Die kann man aber perfekt in die Arbeit im Home Office einbinden“, sagt die 39-Jährige. „Es gibt also keine Ausreden mehr“, scherzt sie. Sie freue sich auch über die gestiegene Anzahl an Anfragen und Klicks. „Für mich ist das Thema schon lange wichtig – und eine Leidenschaft.“
Für Hamsterkäufe hat die Brotexpertin kein Verständnis. Zwar sei 405er-Mehl trotz des aufgedruckten Verfallsdatums ein ebenso haltbares Produkt wie Nudeln – „man muss es aber sauber und trocken lagern“. Anders sei das beim ebenfalls häufig ausverkauften Vollkornmehl. „Das kann ranzig werden, weil auch Keimling drin steckt.“
Olja Yasenovskaya aus Hannover ist Bäckerin aus Leidenschaft.
© Quelle: Andrea Tratner
Brot backen: Ein Rezept mit besonders wenig Hefe
Für die NP hat Yasenovskaya angesichts der Situation in den Supermärkten ein Rezept ausgesucht, das mit besonders wenig Hefe auskommt. Wer in diesen Tagen Lust und Zeit auf Brotbacken hat, könnte auch einen eigenen Sauerteig ansetzen. „Ich habe immer drei verschiedene im Kühlschrank“, sagt Yasenovskaya. Sei ein Teig „reif“, könne man ihn mit Freunden und Nachbarn teilen – „man muss wegen Corona nur bei der Übergabe vorsichtig sein.“
Yasenovskaya zeigt hier ihre Anleitung für ein Weizen-Dinkelbrot in neun Schritten.
Schritt 1: Der Vorteig muss ruhen
Olja Yasenovskaya erklärt die einzelnen Schritte für ein aromatisches Weizen-Dinkelbrot. Die erste Etappe ist der Vorteig, auch „Poolisch“ genannt. Ihn setzt man am besten abends an. Dazu vermischt man 140 Gramm Weizenmehl Typ 1050, 140 Milliliter Wasser, ein Gramm frische Hefe.
Als Mehl-Alternative kann man auch eine Mischung aus Mehl Typ 550 und Vollkorn verwenden. Die winzige, reiskorngroße Menge Hefe kann man mit einer Löffelwaage bestimmen. Gibt die Haushaltswaage erst ab sechs Gramm Mengenangaben, kann man acht Gramm abwiegen – und die Hefe dann mehrmals halbieren, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Alle Zutaten gut vermischen und bei Raumtemperatur in einer Schüssel oder Tupperdose zugedeckt etwa zwölf bis 15 Stunden ruhen lassen. Achtung: Zum Abdecken kein Tuch verwenden, sondern einen Deckel oder eine Plastikhaube überstülpen, da der Teig sonst austrocknet.
Schritt 2: Kerne kommen ins Spiel
Am nächsten Morgen geht es weiter. In einem ersten Schritt werden 40 Gramm Sonnenblumenkerne, 30 Gramm geschrotete Leinsamen in einer Pfanne anrösten. Dann herausnehmen und abkühlen lassen. Beiseite stellen, die Mischung wird erst später gebraucht.
Der Poolisch-Teig vom Vortag wird gemischt mit 320 Milliliter kaltem Wasser, drei Gramm frischer Hefe, 320 Gramm Weizenmehl Typ 550, 50 Gramm Weizenvollkornmehl, 130 Gramm Dinkelmehl Typ 630. Alle Zutaten in einer Knetmaschine oder per Hand gut vermischen und zugedeckt 30 Minuten ruhen lassen.
Schritt 3: Jetzt wird geknetet
Dann zwölf Gramm Salz zum Teig hinzufügen und so lange kneten, bis sich der Teig vom Rand der Schüssel löst. Der Teig soll so elastisch sein, dass man ihn bis zu einem dünnen „Teigfenster“ auseinanderziehen kann.
Schritt 4: Den Teig wie ein Kuvert falten
Eine große Plastikbox mit Öl auspinseln, den Teig hineinlegen. Dann die gut ausgekühlten gerösteten Samen und Kerne auf dem Teig verteilen und per „Dehnen und Falten“ einarbeiten. Dabei nacheinander von allen vier Seiten am Teig ziehen und die dabei entstehenden „Lappen“ wie ein Kuvert falten. Diesen Vorgang in den nächsten 2,5 Stunden im 30-Minuten-Rhythmus wiederholen.
Schritt 5: Nun den Teig in zwei Hälften teilen
Den Teig auf eine bemehlte Fläche kippen und mit einem Messer halbieren. Beide Teile anschließend zu zwei Kugeln straffen und diese mit Frischhaltefolie oder mit einer wiederverwendbaren Plastikhaube zudecken. Die Teiglinge dann etwa 15 Minuten entspannen lassen.
Schritt 6: Die Hälften straff aufrollen
Jede Teighälfte straff zu einem Laib formen, indem der Teig immer wieder nach unten geschoben wird. Wer darin noch keine Übung hat: Die Straffung muss nicht perfekt sein, um am Ende ein gutes Brot aus dem Ofen zu holen.
Schritt 7: Ab ins Gärkörbchen
Jede Teigkugel in ein Gärkörbchen legen und etwa 45 Minuten reifen lassen – der Teig nimmt in dieser Zeit gut an Volumen zu. Wer kein Gärkörbchen hat: Als Alternative eignet sich eine Schüssel, die man mit einem bemehlten, sauberen Tuch ausgelegt hat.
Schritt 8: Die Laibe gitterförmig einschneiden
Den Backofen mindestens 30 Minuten auf 250 Grad vorheizen. Die beiden Brot-Teige auf das mit Backpapier ausgelegte Blech stürzen und mit einem scharfen Messer gitterförmig einschneiden. 25 Minuten bei 250 Grad backen, dann für 20 Minuten die Temperatur auf 220 Grad reduzieren. Zum Start der Backzeit für Dampf im Ofen sorgen, dazu Wasser in eine ebenfalls im Ofen mitaufgeheizte Auflaufform geben. Eine gute Alternative ist ein gusseiserner Topf, der die Feuchtigkeit im Inneren hält – in ihm kann man die Brote nacheinander backen (25 Minuten mit Deckel, nach der Temperatur-Reduzierung 20 Minuten ohne Deckel).
Schritt 9: Genießen
Nach Ende der Backzeit kann man bei den beiden Brotlaiben noch den „Klopftest“ machen, wenn sie aus dem Ofen kommen: Mit den Fingerknöcheln auf den Boden klopfen – das Geräusch sollte hohl klingen. Das Brot gut auskühlen lassen, anschneiden – und genießen!
RND/Andrea Tratner