Weihnachtliche Bräuche aus der Natur – und was sie bedeuten
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Barbarazweig, Adventskranz, Mistelzweig und Nikolausrute: Viele Weihnachtstraditionen stammen aus der Natur.
© Quelle: dpa/Pixabay/Unsplash/Montage RND
Liebespaare küssen sich unter dem Mistelzweig. Der Nikolaus steckt eine Rute in den frisch geputzten Stiefel. Wenn der Barbarazweig an den Weihnachtstagen blüht, steht ein glückliches neues Jahr bevor. Und der Adventskranz sollte nicht nur die Wartezeit verkürzen, sondern auch Kindern das Zählen beibringen. Bei zahlreichen Weihnachtstraditionen kommen Zweige zum Einsatz. Wer sich mit solchen botanischen Bräuchen beschäftigt, merkt: Der Mensch ist schon immer kreativ gewesen.
Knutschen unter dem Mistelzweig
Wie vielen Paare wohl schon eine Mistel zu ihrem Liebesglück verholfen hat? Denn es gehört zu den vorweihnachtlichen Traditionen, einen Zweig der immergrünen Pflanze an einem roten Band in einen Türrahmen zu hängen. Treffen sich zwei Menschen darunter, sollen sie sich küssen – denn das bringt angeblich Glück. Manche und mancher glaubt sogar daran, dass ein Kuss unter der Mistel ewige Liebe beschert.
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Küssen verboten? Nicht unter dem Mistelzweig.
© Quelle: Paul Zoetemeijer/Unsplash
Die Tradition stammt laut dem Portal „Pflanzenforschung.de“ aus Großbritannien. Die im 19. Jahrhundert lebenden Briten wiederum hatten ihn sich mutmaßlich von germanischen Bräuchen abgeschaut. Andere Quellen berichten, dass zwei sich unter einer Mistelkugel treffende Krieger für einen Tag Waffenstillstand schließen mussten. Außerdem verwendeten Heiler die als Schmarotzer in Baumkronen lebende Pflanze früher, um Krankheiten zu lindern – und der aus den Asterix-Comics bekannte Gallier Miraculix rührte sie in seinen sagenumwobenen Zaubertrank.
Im eher prüden viktorianischen Zeitalter nutzten gewitzte britische Verliebte die Mistel jedenfalls als Vorwand zum Knutschen. Für jeden Kuss pflückte man eine der weißen Mistel-Beeren ab. War der Zweig gänzlich beerenlos, endete die Knutscherei – aber wer weiß, ob nicht so mancher Verliebte einfach eine frische Mistel aufgehängt hat.
Nikolaustag: Süßes oder Rute
Stiefel putzen, vor die Tür stellen … und am nächsten Morgen steckt darin statt Schokolade eine Rute? Dann war wohl jemand nicht besonders artig. Jedes Jahr am 6. Dezember beschenkt der Nikolaus Kinder hierzulande mit Süßigkeiten (oder auch mit Büchern und Videospielen, wenn es Eltern oder Großeltern besonders gut meinen).
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Da steckt ja eine Rute im Nikolausstiefel! Aber immerhin gibt es ein paar Nüsse und einen Apfel dazu.
© Quelle: neelam279/Pixabay
Namensgeber des Tages ist der Heilige Nikolaus, der wahrscheinlich auf den historischen Figuren Nikolaus von Myra und Nikolaus von Sion basiert. Beide Männer waren wohltätige Bischöfe im Gebiet der heutigen Türkei, schreibt die Webseite katholisch.de. Nikolaus von Myra lebte im vierten Jahrhundert, sein Namensvetter im sechsten Jahrhundert.
Die aus den beiden Personen entstandene Nikolaus-Figur hat das Image, herzlich, gütig und liebevoll zu sein. Wie passt das zur Rute? Gar nicht. Denn das Bündel Zweige gehört eigentlich einem Fiesling, der den Namen Knecht Ruprecht trägt. Ab dem 16. Jahrhundert bekam der Nikolaus Gesellschaft von diesem Antagonisten.
Warum feiern wir eigentlich Nikolaus? Das hat es mit der Tradition auf sich
Der Nikolaustag findet jedes Jahr am 6. Dezember statt. Doch wer war der Heilige Nikolaus – und warum stellen wir nachts unsere Stiefel vor die Tür?
© Quelle: RND
Knecht Ruprecht sollte Kindern Angst machen und sie so zu mehr Frömmigkeit erziehen. Wer sich nicht gut genug benahm, den hat der böse Gehilfe des Nikolaus mit seiner Rute verdroschen.
Wie das mit den Bösen meist so ist, irgendwann geraten sie zum Glück in Vergessenheit. Doch ein Relikt Knecht Ruprechts ist bis heute sehr präsent: die Rute. Verhauen wird mit ihr aber kein Kind mehr. Stattdessen dient sie als knorriger Denkzettel für allzu freche Jungen und Mädchen – die meist trotzdem ein paar Naschereien dazu bekommen.
Blühende Barbarazweige an Weihnachten
„Knospen an St. Barbara – sind zum Christfest Blüten da“: Die mitten im Winter blühende Zweige gelten als kleines Naturwunder. Ihre Namensgeberin, Barbara, ist die Schutzheilige der Bergleute. Laut der Webseite katholisch.de zählt sie zu den populärsten Heiligen. Die Blüten des nach ihr benannten Barbarazweiges „symbolisieren das neue Leben und die Übernatürlichkeit der Geburt Christi“.
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Blühen Barbarazweige an den Weihnachtsfeiertagen auf, steht ein glückliches neues Jahr bevor.
© Quelle: Caroline Seidel/dpa/dpa-tmn
Wer am 4. Dezember – Barbaras Namenstag – einen Kirschzweig in eine Vase stellt, kann pünktlich zu Weihnachten Blüten bewundern. Öffnen sie sich genau an den Festtagen, soll das Glück im kommenden Jahr bescheren. Bereits im Mittelalter sollen die Menschen Äste von Obstbäumen am Barbaratag ins Wasser gestellt haben. Das botanische Weihnachtswunder funktioniert übrigens mit vielen verschiedenen Zweigen.
Einige Menschen benutzen den Barbarabrauch sogar als Liebesorakel. Dafür stellten sie gleich mehrere Zweige in eine Vase. Jeder symbolisiert eine bestimmte Person. Der Zweig, der zuerst aufblüht, prophezeit, wer der oder die Richtige für eine innige Liebesbeziehung ist.
Damit es nicht nur mit der Liebe, sondern auch mit den Barbarazweigen klappt, hat der Naturschutzbund einige Pflegetipps zusammengetragen. Die Zweige schräg anschneiden und über Nacht in lauwarmes Wasser stellen. Am nächsten Morgen in eine Vase mit frischem Wasser stellen. Das Wasser alle drei bis vier Tage wechseln. Außerdem sollten die Zweige nicht an der Heizung stehen: Zu viel Wärme lässt sie vertrocknen.
Und: Damit der Zauber funktioniert, müssen die Äste einmal einem Kältereiz, sprich Frost, ausgesetzt gewesen sein. War es bisher noch nicht kalt genug, kann man sie vorm In-die-Vase-Stellen eine Nacht in der Gefriertruhe lagern. Wer diese Tipps befolgt, kann an Weihnachten sein blühendes Wunder erleben.
Zählen lernen mit dem Adventskranz
Das Wort Advent stammt vom lateinischen „adventus“ ab – und das heißt übersetzt „Ankunft“. Bis zum Heiligen Abend soll ein Kranz mit vier Kerzen, ummantelt mit Tannengrün und geschmückt mit ein paar Zimtstangen, getrockneten Orangenscheiben oder Weihnachtskugeln, die Wartezeit schöner gestalten.
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Auf dem ursprünglichen Adventskranz brannten viel mehr Kerzen als es heute üblich ist.
© Quelle: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Der Adventskranz ist eine echt norddeutsche Erfindung. Der Hamburger Theologe Johann Hinrich Wichern (1808–1861) wollte damit den armen Kindern, die in einer von ihm gegründeten Rettungsanstalt namens „Rauhes Haus“ lebten, die Wartezeit auf den Weihnachtsabend verkürzen.
Der ursprüngliche Kranz sah ganz anders als die heutige Version aus. Es handelte es sich um ein mit vier weißen und zahlreichen roten Kerzen bestücktes Wagenrad aus Holz. Für jeden Werktag platzierte Wichern eine rote Kerze, die Kerzen für die Adventssonntage dagegen waren weiß und größer. Der Theologe gedachte, den Kindern damit nicht nur eine Freude zu machen. Er hoffte auch, ihnen so das Zählen beibringen zu können.
Ab den 1860er-Jahren stehen die Kerzen nicht mehr auf nacktem Holz. Seitdem schmückt Tannengrün den Wichernschen Adventskranz. Auch, wenn die allermeisten Menschen lediglich vier Kerzen auf ihr Gesteck stellen: Mancherorts ist der Adventskranz noch in seiner traditionellen Form anzusehen. Das Hamburger Rathaus zählt dazu. Der Kranz dort trägt 27 Kerzen.
Denn so viele Tage vergehen in diesem Jahr zwischen dem ersten Adventssonntag bis zum Heiligen Abend.