Ist das wirklich gut für die Umwelt?
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Das Umweltbewusstsein steigt. Produkte und Siegel sollen helfen, die Ressourcen nachhaltiger zu nutzen. Oder steckt dahinter irreführende Werbung?
© Quelle: geralt/pixabay
Biologisch abbaubar
Hannover. 462 Kilogramm Hausmüll hat jeder Deutsche im Jahr 2016 produziert, darunter viel Verpackungsmüll aus Plastik, wie PET-Flaschen, Joghurtbecher und Tetra-pak-Verpackungen. Hilft es, etwa Plastiktüten oder Kugelschreiber mit der Aufschrift „biologisch abbaubar“ zu verwenden? Auch wenn „biologisch abbaubar“ bedeutet, dass sich ein Stoff zumindest bis zu 90 Prozent zersetzen kann, vermeidet man damit in der Praxis keinen Müll. „Landen solche Kunststoffe in der Biotonne, werden sie häufig als Störstoff aussortiert“, erklärt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
Der Grund: Entsprechende Produkte brauchen im Kompostwerk in der Regel zwölf Wochen, bis sie abgebaut sind. Bei Küchen- und Gartenabfällen sind es nur drei bis sechs Wochen. Also doch lieber in den gelben Sack damit? Hilft leider nicht: Biologisch abbaubare Kunststoffe werden nicht aussortiert, sie werden als Restmüll verbrannt. Besser ist es, entweder recycelte oder gar keine Kunststoffe zu verwenden.
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Gut gemeint, nützt nicht immer was: Wer Müll vermeiden will, nutzt gern biologisch abbaubare Kunststoffe. Doch die werden meiste mit dem Restmüll verbrannt.
© Quelle: dpa
Aus 100 Prozent nachwachsenden Rohstoffen
Wegwerfverpackungen wie Joghurtbecher mit gutem Gewissen nutzen – das klappt auch mit nachwachsenden Rohstoffen nicht. „Für Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wird zwar Erdöl eingespart, aber dadurch sind sie nicht automatisch umweltfreundlicher“, sagt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe. Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen werden beispielsweise aus Maisstärke hergestellt, der Mais wird unter Einsatz von Pestiziden und Dünger produziert und häufig weit transportiert, wie Fischer erklärt.
Deutlich besser wäre die Umweltbilanz, wenn die Biokunststoffe aus Biomüll wie Kartoffel- oder Orangenschalen hergestellt würden. Das ist technisch möglich, rechnet sich aber für die Hersteller (noch) nicht. Mehrweg bleibt die umweltfreundlichere Lösung und bietet sich zum Beispiel für Joghurt, Milch und Saft an.
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Mehrwegflaschen sind die umweltfreundlichere Lösung.
© Quelle: dpa
Ökologischer Rucksack
Eine neue Jeans kaufen, die Wohnung heizen, in den Urlaub fahren – das alles verbraucht Ressourcen. Wie nachhaltig der eigene Lebensstil ist, lässt sich schnell und unkompliziert mit einem Rechner des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie herausfinden: Auf der Website ressourcen-rechner.de gibt es unter anderem Fragen zum Wohnen, Essen und Reisen.
Wie schwer ist der imaginäre, ökologische Rucksack, der dabei herauskommt? Während beim bekannteren Konzept des CO2-Fußabdrucks lediglich die Treibhausgas-Emissionen berücksichtigt werden, geht es beim ökologischen Rucksack um den gesamten Rohstoff-Verbrauch.
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Fernreisen mit dem Flugzeug machen Spaß, erhöhen aber den persönlichen CO2-Fußabdruck.
© Quelle: dpa
Kontrollierter und integrierter Anbau
Es klingt gut, wenn Obst oder Gemüse aus „kontrolliertem“ oder „integriertem“ Anbau stammen. Aber es bedeutet: nichts. Diese Bezeichnungen sind nicht geschützt. Jeder kann sie verwenden und selbst definieren, was er darunter versteht.
Im Gegensatz dazu sind „bio“ und „öko“ geschützte Begriffe. Mindestens einmal jährlich wird von externer Stelle kontrolliert, ob die Bio-Produzenten die EU-Öko-Verordnung eingehalten haben. Darin ist festgelegt, dass keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel, kein mineralischer Dünger und keine Gentechnik eingesetzt werden. Zudem ist eine tiergerechte Haltung mit Auslauf vorgeschrieben.
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Kontrollierter Anbau heißt nicht automatisch, dass er auch biologisch zertifiziert ist.
© Quelle: pixel2013/pixabay
Von der Wiege zur Wiege
Ein Leben ohne Abfall – das ist das Ziel der Cradle-to-Cradle-Bewegung, was übersetzt „von der Wiege zur Wiege“ bedeutet. Es geht dabei um Produkte, die weder gesundheits- noch umweltschädliche Inhaltsstoffe enthalten und die deshalb entweder vollständig kompostierbar sind oder zu neuen Produkten verarbeitet werden können.
Beispiele aus der Industrie gibt es bereits: Häuser, die komplett aus Massivholz gebaut sind, ohne Leim, Kunst- oder Dämmstoffe, oder komplett kompostierbare T-Shirts. Es gibt jährliche Cradle-to-Cradle-Kongresse, einen Verein (c2c-ev.de) und einen Onlineshop für Cradle-to-Cradle-zertifizierte Produkte (cradlelution.de).
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Stein auf Stein – das war einmal. Wer nachhaltig bauen will, kann auch Massivhäuser aus Holz und anderen natürlichen Materialien bauen.
© Quelle: dpa
Grüne Unternehmer
Unternehmertum und soziales Engagement passen nicht zusammen? Tun sie doch. Beim Social Entrepreneurship geht es nicht in erster Linie ums Geldverdienen, sondern darum, soziale und ökologische Probleme durch innovative, unternehmerische Ansätze zu lösen. Know-how und Unterstützung für angehende grüne Unternehmer gibt es zum Beispiel an der Technischen Universität Berlin und den Universitäten in Oldenburg und Lüneburg.
Die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis zeichnet die besten sozialen und ökologischen Gründer aus, zu finden sind diese auf nexteconomyaward.de.
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Geldverdienen und dabei soziale und ökologische Probleme lösen? Unternehmer finden dafür zahlreich Unterstützung.
© Quelle: lukasbieri/pixabay
Nachhaltiger Tourismus
Als Gegenpol zum zunehmenden Massentourismus entstand in den 1980er-Jahren die Idee des „sanften“ oder „nachhaltigen“ Tourismus. Gemeint ist damit eine möglichst umwelt- und sozialverträgliche Form des Reisens. Nachhaltig Reisende gehen sparsam mit Ressourcen wie Wasser um, beeinflussen die Natur am Zielort möglichst wenig und passen sich an die dortige Kultur an.
Eindeutige Kriterien oder Kontrollen gibt es nicht, weshalb sich jedes Hotel, jede Destination und jeder Reiseanbieter mit den Begriffen „sanfter“ oder „nachhaltiger“ Tourismus schmücken kann. Wichtig: genau nachfragen, was gemeint ist. Generell gilt: Wer mit Bahn oder Reisebus im eigenen Land reist, schont die Umwelt am meisten.
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Bereits Kleinigkeiten helfen dem Urlaubsland, Ressourcen zu schützen: Wasser im Hotel sparen zum Beispiel.
© Quelle: dpa
Gleichwertiges Recycling
Bei Glas, Metall und eingeschränkt auch bei Papier ist gleichwertiges Recycling selbstverständlich geworden. Aus dem Marmeladenglas wird wieder ein Marmeladenglas.
Ganz anders ist das bei Kunststoffen: Wer gehofft hat, dass aus dem Joghurtbecher im gelben Sack wieder ein neuer Joghurtbecher wird, täuscht sich: „Dieser Müll kann oftmals nur zur Energieerzeugung genutzt werden“, sagt Kerstin Kuchta, Professorin am Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft der TU Hamburg-Harburg. Das heißt, er wird verbrannt. Der Grund: Viele Materialien im gelben Sack bestehen aus Kunststoffmischungen – das ist für den Laien nicht ersichtlich, aber für die Wiederverwertung ein Problem. Tipp: so oft es geht, Mehrweg verwenden.
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Viele Kunststoffe aus dem gelben Sack werden verbrannt.
© Quelle: dpa
Von Monika Herbst/RND