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Neue Berechnung von Forschenden

Erderwärmung unter zwei Grad? Das geht nur, wenn alle Klimazusagen eingehalten werden

Australien, Glendambo: Hochwasser an der Stelle, an der der Sturt Highway abgeschnitten wurde. Der südaustralische Premierminister Marshall hat die von den Überschwemmungen betroffenen Regionen des Bundesstaates besucht und bittet das Commonwealth um finanzielle Hilfe.

Australien, Glendambo: Hochwasser an der Stelle, an der der Sturt Highway abgeschnitten wurde. Der südaustralische Premierminister Marshall hat die von den Überschwemmungen betroffenen Regionen des Bundesstaates besucht und bittet das Commonwealth um finanzielle Hilfe.

Melbourne. Mit ihren bisherigen Zusagen im Kampf gegen die Klimakrise könnte die Staaten­gemeinschaft mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit knapp unter der symbol­trächtigen Zwei‑Grad-Marke bleiben – wenn die Versprechen denn eingehalten würden. Das schreibt eine internationale Gruppe aus Forschenden auf Basis von Berechnungen im Fachblatt „Nature“. Alle zugesagten Einsparungen von Treib­haus­gas­emissionen müssten sowohl vom Umfang her als auch zeitlich wie vorgesehen umgesetzt werden. Daran gibt es unter Expertinnen und Experten allerdings erhebliche Zweifel.

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Das Team um Malte Meinshausen von der australischen University of Melbourne bezog in seine Analysen alle Ziele und Zusagen von Staaten mit ein, die im Rahmen der UN‑Klimakonferenz in Glasgow 2021 gemacht wurden. Die Forscherinnen und Forscher rechneten durch, welche Auswirkungen die angekündigte Verringerung der Treibhausgase auf die weltweite Durch­schnitts­temperatur haben werden.

Sie kommen zu dem Ergebnis, dass mit einer Wahrschein­lichkeit von 48 bis 58 Prozent die vorliegenden Reduzierungs­zusagen ausreichen werden, um eine Erwärmung von mehr als zwei Grad zu vermeiden.

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Die Spanne bei der Prozent­angabe zeigt die Unsicherheit bei der Berechnung auf. So sind manche Zusagen von Staaten vage gehalten oder beinhalten selbst einen Wertebereich statt einer Zahl. Zu einigen Wirtschafts­sektoren ist die Datenbasis womöglich nicht robust genug. Des Weiteren sind die Möglichkeiten der einzelnen Staaten, die selbst gesteckten Ziele zu erreichen, sehr unter­schiedlich. Auch die Land­nutzung und deren Änderung, etwa die Abholzung von Regenwäldern, sind schwer zu kalkulieren.

1,5‑Grad-Ziel kaum zu erreichen

Im 2015 verabschiedeten Klimaabkommen von Paris ist das Ziel genannt, die globale Erd­erwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter nicht nur knapp, sondern „deutlich unter“ zwei Grad Celsius zu halten. Zudem seien die Vertragsstaaten entschlossen, ihre Bemühungen zu verstärken, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, hieß es damals. Doch die 2015 gemachten Zusagen der Vertrags­staaten zur Reduzierung der Treib­haus­gas­emissionen reichten bei Weitem nicht aus, um auch nur das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. In den folgenden Jahren und schließlich bei der UN‑Klimakonferenz in Glasgow 2021 haben viele Staaten die eigenen Einsparziele erhöht.

Recht deutlich ist laut der neuen Studie, dass die Chance, das 1,5‑Grad-Ziel mit den aktuellen Zusagen zu erreichen, sehr gering ist. Die Forschenden sprechen von einer Wahrscheinlichkeit zwischen 6 und 10 Prozent, falls die globalen Emissionen in dieser Dekade nicht deutlich reduziert werden.

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Handeln statt nur Zusagen geben

Die Projektion, dass die Erderwärmung knapp unter zwei Grad gehalten werden kann, gilt den Forschenden zufolge auch nur dann, wenn nicht nur die unbedingten Zusagen, sondern auch diejenigen, die noch an Bedingungen geknüpft sind, voll erfüllt werden. Die Wissen­schaft­lerinnen und Wissenschaftler um Meinshausen plädieren deshalb für zusätzliche politische Anstrengungen, den Treib­haus­gas­aus­stoß weiter zu verringern, und warnen im Hinblick auf das Zwei-Grad-Ziel: „Jede Verzögerung beim Ausbau der erneuerbaren Energien, beim Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe und bei der Entwicklung nachhaltiger, zusätzlicher und dauerhafter Optionen für negative Emissionen wird dieses Ziel unerreichbar machen.“

In einem Kommentar, ebenfalls in „Nature“, mahnen Zeke Hausfather von der Non-Profit-Organisation Berkeley Earth in Berkeley und Frances Moore von der University of California in Davis (beide in Kalifornien, USA), dass Zusagen nicht ausreichen: „Obwohl die ehrgeizigen langfristigen Netto-null-Versprechen der letzten Jahre sicherlich eine gute Nachricht sind, bleiben Zweifel, ob die Regierungen auf dem richtigen Weg sind, diese Verpflichtungen zu erfüllen.“

Zudem zeigten die aktuellen Ereignisse, dass eine Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann, die von einem wieder­erstarkenden Nationalismus geprägt ist, der die globale Zusammen­arbeit belastet und zu einem entsprechenden Anstieg der Emissionen führt.

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RND/dpa

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