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Großes Potenzial

Energie der Ozeane: Wie sauberer Strom aus Wellenkraft gewonnen wird – und woran Projekte scheitern

Der australischen Firma Wave Swell Energy (WSE) könnte mit ihrem Wellenkraftgenerator ein Durchbruch gelungen sein.

Der australischen Firma Wave Swell Energy (WSE) könnte mit ihrem Wellenkraftgenerator ein Durchbruch gelungen sein.

Wenn sich das Meer mit den Gezeiten bewegt und bei Wind große Wellen schlägt, werden gewaltige Kräfte frei. Diese Kraft der Ozeane, so die Hoffnung, könnte zur Erzeugung sauberer Energie genutzt werden. Doch bisher hat sich noch keine Methode zur breiten Nutzung der Wellenenergie durchgesetzt. Nun teilte die australische Firma Wave Swell Energy (WSE) vor wenigen Tagen mit, dass sie erfolgreich ein Jahr lang eine neue Art von Wellenkraftgenerator getestet hat.

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Der Generator „Uniwave“ von Wave Swell Energy war 2021 vor der Insel King Island in Betrieb gegangen. King Island liegt in der Bass-Straße, einer Meerenge zwischen Tasmanien und dem australischen Festland, die für starke Strömungen und Sturmwellen bekannt ist. Auf den ersten Blick sieht „Uniwave“ fast aus wie ein normales Boot. Allerdings schwimmt der Generator nicht, sondern liegt nahe der Küste auf dem flachen Meeresboden in der Brandung. Im Inneren der Konstruktion befindet sich eine Betonkammer, in die das Wasser der anrollenden Wellen ein- und ausströmt. Beim Ausströmen des Wassers entsteht ein Unterdruck: Dadurch wird Luft angesaugt, die eine Turbine oberhalb der Kammer antreibt. Auf diese Weise wird Strom gewonnen. Dabei befindet sich die Technik von „Uniwave“ komplett über der Wasseroberfläche: Das bedeutet, dass keine Gefahr für Meerestiere von ihr ausgeht. Die gewonnene Elektrizität wurde an das Unternehmen Hydra-Tasmania geliefert, das die Haushalte auf King Island mit einem Energiemix versorgt.

Ein Generator könnte 200 Haushalte versorgen

Es handele sich um das erste Projekt, mit dem erfolgreich Strom aus Wellenkraft an einen Kunden geliefert worden sei. Das beweise, dass diese Technik funktioniert, sagte eine Vertreterin der „Australian Ocean Energy Group“, einer Initiative der Industrie für erneuerbare Energien, gegenüber den australischen ABC-News. WSE-Geschäftsführer Paul Geason sagte im Gespräch mit ABC-News, unter günstigen Bedingungen könnten mit einem Wellengenerator bis zu 200 Haushalte versorgt werden. Er sprach von einer wichtigen Errungenschaft und kündigte an, es gelte nun, die Technologie zu kommerzialisieren, damit sie Teil des globalen Mix aus erneuerbaren Energien werden könne.

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Der Wellenkraft-Generator „Uniwave“ von Wave Swell Energy.

Der Wellenkraft-Generator „Uniwave“ von Wave Swell Energy.

Dem Weltenergierat in London zufolge könnten 10 bis 15 Prozent des weltweiten Strombedarfs durch Wellenkraft gedeckt werden, wenn diese entsprechend ausgeschöpft würde. Dabei ist das Potenzial von Land zu Land unterschiedlich. Nach Berechnungen des französischen Forschungsinstituts IFP Energies nouvelles könnten in Frankreich pro Jahr 40 Terawattstunden pro Jahr generiert werden, vor allem an der Atlantikküste. Das wären etwa 10 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs in Frankreich. Laut der US-Behörde EIA (Energy Information Administration) könnten mit der Energie der Wellen vor den amerikanischen Küsten sogar 64 Prozent des amerikanischen Verbrauchs gedeckt werden. Allerdings ist das nur eine theoretische Überlegung – denn dazu müsste die Wellenkraft zu 100 Prozent ausgeschöpft werden, was technisch nicht möglich ist. Nach Angaben von Wave Swell Energy (WSE) wandelt zum Beispiel der „Uniwave“-Wellengenerator nur knapp 50 Prozent der Wellenenergie in Elektrizität um.

Viele Projekte wieder eingestellt

Andere Ansätze zur Nutzung von Wellenenergie haben es bisher nicht einmal zur Marktreife gebracht. So war eines der ersten Wellenkraftwerke in einem Modellversuch vor der Küste Schottlands getestet worden. Die „Auster“ genannte Anlage befand sich unter Wasser und war so konstruiert, dass sie durch die Wellenströmung ständig auf- und zuklappte. Durch die Klappbewegung wurde Wasser mit Druck an Land gepumpt und trieb dort eine stromerzeugende Turbine an. Die „Auster“ hatte eigentlich bis zu 450 Haushalte mit Strom versorgen sollen. Doch das Projekt konnte keine Großinvestoren anlocken, und der Wellenkraftgenerator schaffte es daher nicht bis zur Serienreife.

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Der Wellenkraftgenerator „Pelamis“ vor der Küste Schottlands.

Der Wellenkraftgenerator „Pelamis“ vor der Küste Schottlands.

Ebenfalls in Schottland getestet wurde eine Konstruktion mit dem Namen „Pelamis“, der Name leitet sich von der wissenschaftlichen Bezeichnung für eine Seeschlangenart ab. Die Wellenkraftanlage mit einer Länge von 150 Metern hatte tatsächlich das Aussehen einer riesigen Schlange, die auf der Wasseroberfläche treibt. Sie bestand aus vier durch Gelenke verbundenen Untereinheiten, auf denen Hydraulikzylinder angebracht waren. Als Folge der Auf- und Abbewegung der Wellen wurde eine Flüssigkeit durch die Zylinder gepresst, aus dem entstehenden Druck wurde mit Turbinen und Generatoren Strom erzeugt. Das Projekt „Pelamis“ galt zunächst als vielversprechend, sogar der Essener Energieversorger Eon hatte in die Seeschlange investiert. Letztendlich konnte aber auch diese Technik nicht überzeugen, die „Pelamis“ wurde verschrottet.

Eines der Probleme bei der Nutzung von Wellenenergie: Je stärker Wellengang und Strömung sind, desto höher ist auch die mögliche Energieausbeute. Aber gleichzeitig steigt das Risiko für Schäden. Die Technik muss stabil und widerstandsfähig gegen hohen Seegang sein, was sie wiederum teurer macht. Zu Beginn wurden viele Projekte als möglicher Durchbruch für die Wellenenergie gehandelt, die sich dann doch nicht durchsetzten. Noch ist also nicht klar, ob Wave Swell Energy (WSE) mit dem „Uniwave“ auf dem Markt bestehen und in die Serienproduktion gehen wird. Falls auch diesmal die Technik noch im letzten Moment scheitert, bedeutet das allerdings nicht das Ende der Wellenenergie. Weltweit wird ständig weiter an alternativen, neuen Methoden geforscht, um die Kraft der Ozeane zu nutzen.

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