Bestätigt: Interstellarer Komet durchkreuzt unser Sonnensystem
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Da 2l/Borisov nachgewiesen eine hyperbolische Flugbahn hat, könnte er im späten Oktober 2019 die Umlaufbahnen von Jupiter und Mars durchkreuzen.
© Quelle: WikiImages/Pixabay
Garching/Washington. Was anfangs nur eine Vermutung war, ist nun bestätigt: Ein interstellarer Gast kreuzt durch unser Sonnensystem. Der Komet aus der Tiefe des Weltraums wurde nach seinem Entdecker auf den Namen 2I/Borisov getauft und hat das Interesse von Astronomen auf der ganzen Welt geweckt.
Nach ’Oumuamua: 2I/Borisov zweites interstellares Objekt
Der weit gereiste Komet war am 30. August vom Amateurastronomen Gennadi Borissow am Margo-Observatorium auf der Krim entdeckt worden – mit einem selbst gebauten Teleskop von 65 Zentimetern Durchmesser. Nachbeobachtungen verschiedener Observatorien bestätigten nicht nur, dass es sich um einen unbekannten Kometen handelt, sondern zeigten auch, dass er nicht aus unserem Sonnensystem stammt. 2l/Borisov ist nach 1l/’Oumuamua von 2017 erst das zweite interstellare Objekt, das bei einem Durchflug unseres Sonnensystems gesichtet wurde.
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Darstellung des interstellaren Asteroiden 1l/2017 U1 Oumuamua – er flog 2017 an der Erde vorbei.
© Quelle: M. Kornmesser/European Southern Observatory/dpa
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Hohe Geschwindigkeit enttarnt Kometen als interstellar
2l/Borisov bietet Astronomen die seltene Chance, aus der Nähe Einblicke in ein fremdes Sonnensystem zu bekommen, bevor er auf Nimmerwiedersehen entschwindet. Erste Beobachtungen zeigen, dass der interstellare Komet denen unseres eigenen Systems ähnelt, wie das astrophysikalische Institut der Kanaren berichtete. „Die gegenwärtige Geschwindigkeit des Kometen ist hoch, ungefähr 150.000 Kilometer pro Stunde, was in dieser Entfernung deutlich oberhalb der typischen Geschwindigkeiten von Objekten liegt, die die Sonne umkreisen“, berichtete etwa Davide Farnocchia von der US-Raumfahrtbehörde Nasa in einer Mitteilung.
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Bestätigt: Der Komet 2l/Borisov kommt aus einem anderen Sonnensystem.
© Quelle: Canada-France-Hawaii Telescope/Nasa/dpa
2I/Borisov nach Entdecker benannt
Der Komet ist den Analysen zufolge auf einer sogenannten Hyperbelbahn unterwegs, die ihn aus unserem System hinausführt – und eindeutig interstellarer Herkunft, wie die Internationale Astronomische Union (IAU) mitteilte. Sie ist auch für die Benennung und Kategorisierung von Himmelskörpern zuständig. Zu Ehren seines Entdeckers bekam der interstellare Schweifstern, der zunächst unter der Katalognummer C/2019 Q4 geführt worden war, von ihr die Bezeichnung 2l/Borisov. Wobei der erste Teil des Namens darauf hinweist, dass es sich um das zweite interstellare Objekt handelt, das in unserem Sonnensystem entdeckt worden ist.
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Zeit zur Erforschung: Unterschied zu ’Oumuamua
Die Astronomen haben Glück: Im Gegensatz zu 1l/’Oumuamua wurde 2l/Borisov bereits im Anflug gesichtet. So bleiben den Forschern viele Monate für Untersuchungen. „Das Objekt wird Mitte Dezember die größte Helligkeit erreichen und dann noch bis April 2020 mit mittelgroßen Teleskopen zu sehen sein“, erläuterte Farnocchia. „Danach wird es bis Oktober 2020 nur noch mit größeren, professionellen Teleskopen zu beobachten sein.“ Mehrere Observatorien haben den Besucher bereits ins Visier genommen. So bestimmte ein Team um Karen Meech von der Universität Hawaii, die bereits die Charakterisierung von 1l/’Oumuamua geleitet hatte, in einer ersten Untersuchung den Durchmesser des Himmelsobjekts auf zwei bis 16 Kilometer.
’Oumuamua war gravitativ nicht an die Sonne gebunden. Seine hyperbolische Flugbahn war stark geneigt – so ähnlich ist es auch bei 2l/Borisov.
© Quelle: ESO/K. Meech et al.
Objekt ähnelt Kometen unseres Sonnensystems
Forscher des astrophysikalischen Instituts der Kanaren (IAC) haben bereits ein erstes sogenanntes Spektrum von dem interstellaren Schweifstern gewonnen, das eine Art Fingerabdruck seiner chemischen Zusammensetzung bietet. „Das Spektrum dieses Objekts ähnelt solchen von Kometen unseres Sonnensystems, das weist darauf hin, dass ihre Zusammensetzung ähnlich sein muss“, berichtete IAC-Forscherin Julia de León. Diese Beobachtung lege nahe, dass sich Kometen in anderen Sonnensystemen durch ähnliche Prozesse formen könnten wie in unserem, ergänzte de Leóns Kollege Javier Licandro.
Zukunft: Objekte früher erkennen und abfangen
Die Entdeckung von gleich zwei interstellaren Besuchern innerhalb von nur zwei Jahren deutet nach Einschätzung der IAU darauf hin, dass diese Objekte einen neuen Weg zur Erforschung bestimmter Prozesse in anderen Sonnensystemen eröffnen könnten. Wie häufig solche Stippvisiten sind, ist allerdings noch schwer abzuschätzen. Einen der nächsten interstellaren Besucher könnte möglicherweise eine geplante Satellitenmission der europäischen Raumfahrtagentur Esa abfangen. Die Agentur will bis 2028 auf einer Warteposition in 1,5 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde die dreiteilige Raumsonde „Comet Interceptor“ (deutsch etwa Kometen-Abfangjäger) stationieren. Sie soll laut Esa-Wissenschaftsdirektor Günther Hasinger entweder auf einen noch unberührten, frischen Kometen aus unserem eigenen Sonnensystem lauern – oder auf einen interstellaren Besucher wie ’Oumuamua.
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dale/RND/dpa