Auch Walkinder profitieren vom Großmuttereffekt
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Mehr Chancen dank Omi: Walkinder profitieren vom Großmuttereffekt.
© Quelle: Kenneth Balcomb, Center for Whal
York. Mit Omi an der Seite haben Orcas einen besseren Start ins Leben. Ihre Chancen stünden besonders gut, wenn die Großmutter bereits in der Menopause sei, also keinen eigenen Nachwuchs mehr bekomme, berichten Forscher in den „Proceedings“ der Nationalen Akademie der Wissenschaften der USA („PNAS“). Diese Weibchen könnten besonders viel Zeit und Ressourcen in ihre kleinen Enkel investieren.
Vier Walarten kommen in die Wechseljahre
Nicht nur beim Menschen schenkt die Natur dem weiblichen Geschlecht viele Jahre über das fortpflanzungsfähige Alter hinaus. Auch bei vier Walarten sind Wechseljahre nachgewiesen. Aus evolutionärer Sicht scheint das keinen Sinn zu machen. Warum also gibt es das Phänomen? Forscher vermuten schon länger einen „Großmuttereffekt“ als Grund.
Orcas (Orcinus orca) – auch Schwertwale oder Killerwale genannt – leben typischerweise in Gruppen, die aus einer alten Kuh, ihren Kälbern sowie den Kälbern ihres weiblichen Nachwuchses bestehen. Die Bindung zwischen den Mitgliedern einer Gruppe ist ausgesprochen eng. Schwertwalmännchen werden oft nur rund 30 Jahre alt, die Weibchen aber leben nach der Menopause mit 30 bis 40 Jahren vielfach noch mehrere Jahrzehnte. Einige Tiere werden sogar zwischen 80 und 90 Jahre alt.
Nahrungsmangel verstärkt den Großmuttereffekt
Vor allem in Phasen, in denen Nahrung rar ist, gibt es den Forschern um Daniel Franks von der University of York (Großbritannien) zufolge einen merklichen Großmuttereffekt auf die Überlebenschancen des Walnachwuchses. Die Kälber profitieren vom über die lange Lebensspanne erworbenen Wissen ihrer Oma zum Beispiel zu alternativen Futtergründen, so die Vermutung. „Im Zuge der weiter schwindenden Lachspopulationen dürften die Großmütter noch wichtiger für die Killerwalpopulationen werden“, ist Franks überzeugt.
Wale mit Drohnen beobachtet
Die Forscher hatten 36 Jahre umspannende Daten Hunderter Orcas aus zwei Populationen vor der Pazifikküste Kanadas und der USA analysiert, die sich vor allem von Königslachsen (Oncorhynchus tshawytscha) ernähren. Kälber in Gruppen mit einer Leitkuh jenseits der Menopause hatten demnach merklich höhere Überlebenschancen. Besonders stark war der Effekt in Jahren, in denen es an Lachsen mangelte. Derzeit laufen den Wissenschaftlern zufolge Beobachtungen mit Drohnen, um herauszufinden, wie oft und auf welche Weise sich einzelne Mitglieder einer Familiengruppe gegenseitig helfen.
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Mit Drohnen wollen die Forscher herausfinden, wie oft und auf welche Weise sich Killerwale gegenseitig helfen.
© Quelle: Sven Hoppe/dpa
Eierstöcke der Wale verfallen im Alter in einen Ruhemodus
Bei den allermeisten Tierarten können die Weibchen bis zum Ende ihres Lebens Nachwuchs bekommen. Mitte vergangenen Jahres hatten Forscher berichtet, dass die Eierstöcke bei Beluga- und Narwal-Weibchen in höherem Lebensalter in eine Art Ruhemodus verfallen. Zuvor war bereits bekannt, dass es eine Menopause bei Schwertwalen und Kurzflossen-Grindwalen gibt. Ob bei all diesen Arten Familiengruppen wie beim Schwertwal bestehen, ist bislang nicht klar – es wird von Forschern aber vermutet.
Der Großmuttereffekt beim Menschen geht Experten zufolge vermutlich darauf zurück, dass sich Großmütter schon früh in der Menschheitsgeschichte um die Enkel gekümmert haben. Die Kindheit dauert beim Menschen verhältnismäßig lange, weil das Nervensystem viel Zeit zum Ausreifen braucht. Die Überlebenschance des Nachwuchses war unter diesen Bedingungen besser, wenn sich Oma möglichst lange um die Enkel kümmern und ihre Töchter entlasten konnte, so die Theorie.
Nach der Menopause noch lange zu leben, wurde so zum evolutionären Vorteil, weil von ihren Omis mitbetreute Kinder größere Überlebenschancen hatten und die Langlebigkeit in die nächste Generation weitergaben.
RND/dpa