„Schlimme Folgen“ für Ökosysteme

Zwei Drittel der Hai- und Rochenarten an Korallenriffen stark gefährdet

Die Bestände von Haien gehen zunehmend zurück.

Die Bestände von Haien gehen zunehmend zurück.

Burnaby. Fast zwei Drittel der an Korallenriffen lebenden Rochen und Haie sind in ihren Beständen bedroht. Das gelte für mindestens 79 der insgesamt 134 Arten, berichtet ein internationales Forschungsteam nach einer globalen Bestandsaufnahme im Fachblatt „Nature Communications“. Damit zählen die Knorpelfische zu den gefährdetsten Riffbewohnern überhaupt, ihnen setzt eine ganze Reihe von Einflüssen zu.

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Fischerei bedroht Arten

„Korallenriffe zählen zu den vielfältigsten Ökosystemen des Planeten und beherbergen mehr als ein Drittel aller Fischarten der Ozeane“, schreibt die Gruppe um Samantha Sherman von der Simon Fraser University im kanadischen Burnaby. Gleichzeitig seien diese Lebensräume besonders bedroht, unter anderem durch Umweltverschmutzung, Bebauung der Küsten, Landwirtschaft und Folgen des Klimawandels.

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Die mit Abstand größte Bedrohung ist demnach jedoch die Fischerei. Sie versorgt den Autorinnen und Autoren zufolge mehr als eine halbe Milliarde Menschen mit Lebensmitteln. In vielen Korallenriffen weltweit könne die Vermehrung der Arten jedoch nicht mit dem Schwinden der Bestände Schritt halten, schreibt das Team. Das gelte insbesondere für Knorpelfische (Chondrichthyes), von denen weltweit 134 Arten zumindest zeitweise an Korallenriffen leben.

Globale Bestandsaufnahme zum Artensterben

Rückgänge von Hai- und Rochenbeständen an solchen Riffen sind zwar für viele Meeresregionen wie etwa die Karibik und das Great Barrier Reef dokumentiert, doch nun nahm das Team um Sherman eine globale Bestandsaufnahme vor. Dabei stützten sich die Forscherinnen und Forscher vor allem auf die kürzlich aktualisierte Rote Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN).

Demnach gelten 79 der 134 Hai- und Rochenarten als bedroht – das entspricht einem Anteil von 59 Prozent. 41 Arten (rund 31 Prozent) gelten in der Liste als „gefährdet“, 24 Arten (18 Prozent) als „stark gefährdet“ und 14 Arten (knapp 11 Prozent) als „vom Aussterben bedroht“. Angesichts jener neun Arten, zu denen keine Daten vorlagen, gehen die Forschenden davon aus, dass bis zu 66 Prozent aller an solchen Riffen lebenden Hai- und Rochenarten bedroht sein könnten.

Demnach gelten die Bestände nur für 10 Prozent jener Hai- und Rochenarten, für die ausreichend Daten vorliegen, als stabil. Und eine Bestandszunahme sei nur für eine einzige der 134 Spezies dokumentiert: den Blaupunktrochen (Taeniura lymma). Insgesamt sind Rochen noch stärker bedroht als Haie.

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Blaupunktrochen sind typische Bewohner von Korallenriffen.

Blaupunktrochen sind typische Bewohner von Korallenriffen.

Haie und Rochen werden teils gezielt gefangen

Als Hauptursache der Schwunds betrachten die Forscherinnen und Forscher die Fischerei. In deren Netze gingen die Fische entweder unbeabsichtigt als Beifang, oder es würden gezielt Haie und Rochen gefangen – etwa für Fleisch, Leder oder Medizinprodukte. Dafür spricht unter anderem, dass gerade jene Arten besonders gefährdet sind, die über große Strecken wandern oder die besonders groß werden.

So sind 76 Prozent jener Arten bedroht, die nur vorübergehend an Riffen leben, im Vergleich zu „nur“ 44 Prozent der dauerhaften Riffbewohner. Und 20 jener 23 Spezies – 87 Prozent –, die mehr als drei Meter lang werden können, gelten als „stark gefährdet“ oder „vom Aussterben bedroht“.

Wandernde und große Tiere besonders gefährdet

„Dauerbewohner, darunter hauptsächlich am Meeresgrund lebende Haie und Rochen, verstecken sich oft in Strukturen der Korallenriffe“, erläutert das Team. Dort seien sie gut geschützt. Wandernde Arten dagegen gerieten oft in Fischernetze. Sehr große Arten haben demnach besonders häufig ausgedehnte Lebensräume, und damit steige die Wahrscheinlichkeit, dass sie durch ungeschützte Meeresareale streiften. Zudem sei ihr Fang für Fischer im Vergleich zu kleinen Arten besonders lukrativ. Hinzu kommt, dass sich große Arten eher langsam vermehren – sie Populationsverluste also schlechter wieder ausgleichen können.

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Neben der Fischerei setzen den Knorpelfischen auch die Zerstörung und die Verschmutzung der Lebensräume zu, Störungen durch Landwirtschaft und Aquakultur sowie Tourismus und Klimawandel. Besonders stark bedroht sind Haie demnach im Westatlantik, Rochen dagegen in Asien und im südöstlichen Afrika.

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Forscherteam fordern: Meeresschutzgebiete ausweiten

„Überfischung ist die Hauptursache für den Rückgang von Beständen und hat in einem sehr kurzen Zeitraum (das heißt in den vergangenen 50 Jahren) dramatische Einbrüche verursacht“, bilanziert das Team. Die Fischerei müsse dringend stärker kontrolliert werden. Zudem müsse es mehr Meeresschutzgebiete geben.

Andernfalls bedrohe der Wegfall der Arten zunehmend die Korallenriffe als Ökosysteme. Denn Haie und Rochen kontrollierten die Primärproduktion der Riffe und sorgten auch durch die Aufnahme von Organismen und ihre Ausscheidungen für eine großflächige horizontale und auch vertikale Verteilung von Nährstoffen.

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Hinzu kommen weitere Funktionen: Stachelrochen etwa lockern bei der Nahrungssuche und beim Eingraben in den Meeresgrund Bodensedimente auf. Tigerhaie sorgen für den Erhalt von Seegraswiesen, da Meeresschildkröten und Dugongs diese ökologisch wichtigen Lebensräume aus Angst vor den Fressfeinden weniger abweiden. Dieser Effekt sei möglicherweise noch größer als die direkte Jagd nach solchen Beutetieren.

„Ohne großangelegte Maßnahmen zur Besserung des Status von Haien und Rochen an Korallenriffen werden die hier berichteten Rückgänge der globalen Bestände weitergehen“, mahnt die Forschergruppe. Das habe „zunehmend schlimme Folgen für die Gesundheit der Korallenriffökosysteme und der davon abhängenden Küstenbewohner“.

RND/dpa

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