Workation: Da arbeiten, wo man selber Urlaub macht
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„Workation“ heißt der Trend, das Homeoffice für eine gewisse Zeit an einen Urlaubsort zu verlegen (Symbolbild).
© Quelle: Startup Madeira/dpa-tmn
Berlin. Die Frühlingssonne in Süditalien genießen, ein bisschen Urlaub machen und von dort aus auch arbeiten – so hat es Martin Gobbin elf Tage lang gemacht. „Workation“ nennt sich das Modell und ist eine Mischung aus den englischen Worten „work“ (Arbeit) und „vacation“ (Urlaub). Gobbin arbeitet seit Beginn der Pandemie vorwiegend im Homoffice. Besprechungen führt er meistens per Onlinekonferenz, auch die meisten anderen Aufgaben kann er am Laptop erledigen.
Wer mit dem Gedanken spielt, das Homeoffice ins Ausland zu verlegen, sollte sich zuvor mit dem Vorgesetzten absprechen, denn der bestimmt prinzipiell den Arbeitsort. Viele Unternehmen kommen ihren Angestellten beim Wunsch nach mobiler Arbeit jedoch entgegen. Eine rechtliche Absicherung für beide Seiten bietet zum einen die Rechtswahlvereinbarung, bei der Vorgesetzte individuell mit Mitarbeitenden abmachen, dass auch im Homeoffice aus dem Ausland weiterhin deutsches Arbeitsrecht gilt. Alternativ kann ein Unternehmen mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung als Lösung für die gesamte Belegschaft festlegen.
Martin Gobbin bucht eine Unterkunft in einem kleinen Dorf. Hier kann er auf der Terrasse in der Sonne arbeiten, neben ihm im Garten wachsen Palmen und Orangenbäume, in der Ferne ist der Ätna. Funktionierendes Internet hat ihm der Besitzer vorab zugesichert, den geplanten Stromausfall erwähnt er erst, als Gobbin bereits vor Ort ist.
So muss der Redakteur spontan umdisponieren, bucht eine neue Unterkunft und nimmt Zusatzkosten für funktionierendes Internet in Kauf. „Mir war es natürlich wichtig, dass ich alle Probleme löse und erreichbar bin.“ Auch ein Kurztrip zu einer kleinen Insel erweist sich als Risiko: Wegen eines Sturms fallen zwei von drei Fährverbindungen zum Festland aus, auf der Insel gibt es kaum Internet. Doch der Redakteur hat Glück und gelangt wohlbehalten in seine Unterkunft zurück.
An den Versicherungsschutz denken
Gut zu wissen: Wer sich am Arbeitsplatz im Ausland verletzt, muss belegen können, dass das Strandhaus tatsächlich als Büro und nicht als Feriendomizil dient. Denn die gesetzliche Unfallversicherung kommt nur für Arbeitsunfälle auf. Unter Umständen kann es auch sinnvoll sein, den privaten Versicherungsschutz entsprechend anzupassen.
Innerhalb der Europäischen Union ist es für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten problemlos möglich, das Homeoffice ins Ausland zu verlagern. Wer mehr als 25 Prozent der Arbeitsleistung im Ausland erbringt, wird dort in der Regel auch sozialversicherungspflichtig – es sei denn, der Betrieb entsendet Mitarbeitende offiziell und für höchstens 24 Monate in ein Land, in dem er auch einen Dienstsitz hat. Für Länder außerhalb der EU ist es sinnvoll, vorab bei Botschaften oder Konsulaten entsprechende Aufenthalts- und Arbeitsbestimmungen zu erfragen.
Angestellte, die ihren Arbeitsplatz länger als sechs Monate ins Ausland verlegen möchten, müssen dort auch Steuern zahlen. Steuerberater oder Lohnsteuerhilfevereine können dazu im Zweifel beraten.
Dauerhaft ins Ausland
Wer längerfristig im Ausland bleiben und arbeiten möchte, kann unter Umständen auch eine unabhängige Auftragnehmer-Vereinbarung aushandeln. Dann ist man nicht mehr angestellt, sondern freischaffend für das Unternehmen tätig. Gibt es neben dem bisherigen Unternehmen keine weiteren Auftraggeber, sollte man unbedingt die Bestimmungen zur Scheinselbstständigkeit im Zielland prüfen.
Manchen Menschen gefällt es im Ausland womöglich so gut, dass sie entscheiden, gleich ganz dort zu bleiben. Wer sich dazu beraten lassen möchte, kann sich zum Beispiel an das Raphaelswerk wenden. Die Kosten für eine Beratung liegen im zweistelligen Bereich und werden je nach Aufwand vorab festgelegt.
Es kann auch sinnvoll sein, vorerst den Hauptwohnsitz in Deutschland zu behalten und im Ausland lediglich einen Zweitwohnsitz anzumelden. Auf diese Weise bleibt man weiterhin in der deutschen Kranken- und Pflegeversicherung, muss das Auto nicht ummelden und behält das Recht an Kommunal- und Landtagswahlen teilzunehmen.
In diesem Fall wird auch das Einkommen weiterhin in Deutschland versteuert, Ausweisdokumente können nur in Deutschland beantragt werden und wichtige Schreiben, etwa von Behörden, gehen an die deutsche Adresse. Möglich ist auch, dass die Stadtverwaltung im Ausland aus Steuergründen überprüft, wo der tatsächliche Lebensmittelpunkt liegt.
Martin Gobbin reichen fürs Erste ein paar Arbeitstage im Urlaubsland. Er erkundet die Umgebung, geht wandern und konzentriert sich in der Frühlingssonne auch gut auf die Arbeit. Das Workation-Modell kann er uneingeschränkt weiterempfehlen.