Bierbrauer

Wohl bekomms – aus Sachsen

Frisch gezapft schmeckt das Pils am besten.

Frisch gezapft schmeckt das Pils am besten.

Leipzig/Dresden. Eine nicht untypische Konversation auf dem Freisitz eines Leipziger Gasthauses, Mitte der 1990er-Jahre: „Junger Mann, ich hätte gern noch ein Ur-Köstritzer! „Mhh, meinen Sie ein Ur-Krostitzer Pils oder ein Köstritzer Schwarzbier?“ „Gibt’s da einen Unterschied?“ „Oh ja, mein Herr ...“ . Heute, fast 25 Jahre später, gibt es solche Gespräche kaum noch. Denn mitteldeutsche Biere sind bundesweit in aller Munde - und zu nationalen Marken geworden.

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Allen voran Radeberger Pilsner: Zu DDR-Zeiten eine noch regionale Brauerei nahe Dresden, die begehrte „Bückware“ produzierte, werden heute die gesamten Brau-Aktivitäten des Eigners Oetker unter dem Namen „Radeberger Gruppe“ geführt. Das Umfeld des Standortes ist attraktiv: Die Semperoper in den Werbeclips vor den Sonntagabend-Spielfilmen der privaten TV-Kanäle, edles Schwarz und viel Gold und frischer Bierschaum bei jeder Werbeunterbrechung. Da kam so manchem Uneingeweihten die Frage über die Lippen, warum denn Bier in einem so protzigen Gebäude gebraut werde?

Übernahmen haben die Radeberger Gruppe gestärkt

Doch nur guter Geschmack und tolles Image allein reichen auf dem stetig härter umkämpften Getränkemarkt nicht mehr aus. Aus den ehemaligen Brauern, Verkäufern und Lieferanten werden Stück für Stück Vollservice-Anbieter, die jeden Kundenwunsch der unterschiedlichen Zielgruppen erfüllen können. Vom Endkunden beim Getränkehändler bis hin zum großen Eventveranstalter – so hat sich auch der Marktführer, die Radeberger Gruppe, in Sachsen aufgestellt.

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Seit Jahren ist die Radeberger Gruppe mit der Getränkefachmarktgruppe Hoffmann auf dem Markt aktiv und hat mit der Übernahme der Dursty Getränkemärkte seine Position im stationären Handel noch gestärkt. In Zeiten des Internethandels kommt ein Riese wie Radeberger jedoch nicht mehr um den Online-Handel herum und hat mit „Durstexpress“ einen Anbieter im Wachstumsmarkt positioniert. 2018 in Berlin gestartet, rollen die Lieferwagen mittlerweile auch durch Leipzig.

„In nur einem Jahr haben wir den Durstexpress zu einem leistungsfähigen Getränkelieferdienst aufgebaut, der Verbraucherbedürfnisse stillt und von den Endverbrauchern begeistert angenommen wurde“, sagt Niels Lorenz, Sprecher der Geschäftsführung der Radeberger Gruppe. Ausgehend von der Bundeshauptstadt stehen die Zeichen klar auf Expansion. „Wir werden kraftvoll investieren. In Leipzig sind wir mit dem Durstexpress bereits gestartet, weitere Standorte in anderen Städten stehen kurz vor dem Stapellauf“, erklärt Lorenz.

Die verstärkte Markenpflege und Vertriebsarbeit scheint sich für die Radeberger Gruppe auszuzahlen, der Absatz stieg 2018 um 2,2 Prozent. Die in Frankfurt/Main sitzende Radeberger Gruppe wuchs sowohl organisch als auch durch die Zukäufe um rund zwölf Prozent auf zirka 2,2 Milliarden Euro.

Frisch gezapft schmeckt das Pils am besten.

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65 Millionen Euro Biersteuer

Apropos Geld: Sachsens Brauer sind seit Jahren ein verlässlicher Rückhalt für den sächsischen Finanzminister. Rinnt der Gerstensaft die durstigen Kehlen herunter, fließen um die 65 Millionen Euro nach Angaben des Brauerbundes als Biersteuer in die Kassen des weiß-grünen Freistaats. 75 größere und kleinere sächsische Brauereien, so das Statistische Bundesamt, produzierten im vergangenen Jahr fast acht Millionen Hektoliter Bier. Damit nimmt Sachsen den dritten Rang hinter Bayern und Nordrhein-Westfalen im deutschen Ranking ein. Im Osten sind Sachsens Brauer die Nummer Eins vor Brandenburg (3,8 Millionen Hektoliter). Pro Kopf gerechnet führt Sachsen die Produktionsrangliste mit 200 Litern pro Einwohner vor Bayern (178 Liter) und Nordrhein-Westfalen (136 Liter) sogar an.

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Krostitzer haben älteste Marketing-Story

Einen nicht kleinen Anteil an der sächsischen Bierproduktion hat die Brauerei Ur-Krostitzer, ebenfalls Teil der Radeberger Gruppe, vor den Toren Leipzigs. Bier wird hier schon seit 1534 gebraut, der aus heutiger Sicht erste und wichtigste Marketing-Coup gelang den Krostitzern am 6. September 1631. Schwedenkönig Gustav II. Adolf zog mit seinen Truppen ein und hatte mächtig Durst. Den stillte der „Löwe aus Mitternacht“, wie er von den deutschen Protestanten gerufen wurde, mit einer Kanne frischen lokalen Bieres. Er leerte die Kanne in einem Zug, so das Storytelling, zum Dank gab es viel Lob und einen mit Rubinen besetzten Goldring für den Braumeister. Am nächsten Tag ritt der Schwedenkönig samt Heer weiter Richtung Breitenfeld, um den katholischen Reichsgrafen Tilly zu schlagen. Ob es am Bier lag, ist nicht überliefert – das Konterfei Gustav Adolfs ist noch immer das Markenzeichen der Krostitzer Brauer.

Brauerei als wichtiger Großsponsor

Bierabfüllung in der Brauerei Krostitz

Bierabfüllung in der Brauerei Krostitz

Das Haupt des Schwedenkönigs ist aus der Region nicht mehr wegzudenken, auf kaum einem Stadtfest fehlen die weiß-grünen Ausschankwagen. Zudem ist die Marke ein fester Bestandteil des Vereinslebens im Breiten- und im Spitzensport Mitteldeutschlands: Die Krostitzer sponsern neben vielen anderen RB Leipzig, die Handballer des SC DHfK Leipzig, die Puckjäger der EXA Icefighters, die Weißenfelser Basketballer des Syntainics MBC, die Handballer des Dessau-Rosslauer HV und den Rugbyclub Leipzig. Aber auch das jährliche Seifenkistenrennen auf dem Leipziger Fockeberg erfreut sich der finanziellen und flüssigen Unterstützung von Ur-Krostitzer.

Sterni ist Favorit im Späti

Viele Fans hat auch die einzige Brauerei innerhalb der Leipziger Stadtgrenzen, Sternburg. Mit rund 9,5 Prozent Marktanteil in den neuen Bundesländern ist die Marke – liebevoll „Sterni“ genannt – die Nummer eins im Osten. Mit humoristisch-krawalliger Werbung hat sich die Marke, ehemals im Vorort Lützschena beheimatet und Lieferant der DDR-Airline Interflug, in Herz und Kehlen der jungen und preisbewussten Zielgruppe gespült. Obwohl ebenfalls zur Radeberger Gruppe gehörig, pflegen die Reudnitzer ihr Markenimage deutlich anders und freuen sich, einfach mal etwas verrückter zu sein. Mit Bürostuhlhockey, abgedrehten Fanfesten, durchdachten Social-Media-Kampagnen und dem Bierkasten des Monats gelingt es dem Team um Brauereichef Martin Zapf immer wieder, die biertrinkenden Massen zu erfreuen – und sie vor allem im Späti zur Flasche mit dem weißen Stern greifen zu lassen.

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Kleinere Marken für gehobene Zielgruppen

Neben den Großbrauereien Feldschlösschen (Dresden, Feldschlößchen Aktiengesellschaft), Wernesgrüner (Plauen, Bitburger Gruppe) und Freiberger Brauhaus (Radeberger) spielen auch die kleineren Brauereien eine wichtige Rolle in der sächsischen Hopfen-und-Gerste-Landschaft. Spezialbrauereien wie die Blaue Schwerter Meißen oder Löbauer Pils kreieren schmackhafte Biere und sprechen gehobene Zielgruppen an.

Sachsen trinken 125 Liter Bier pro Jahr und Kopf

Der Brauerbund schätzt, dass die Sachsen pro Jahr und Kopf 125 Liter Bier trinken, genaue Erhebungen zu gehobenen Gläsern und Flaschen gibt es nicht. Die Einheimischen haben gern ihre lokalen und regionalen Brauspezialitäten im Glas, etwa ein Drittel des im Freistaat gebrauten Gerstensaftes wird auch hier getrunken. Für Steffen Dittmar, Präsident des Sächsischen Brauerbundes, ist das keine verwunderliche Entwicklung. „Regionalität liegt im Trend und ist bei der Auswahl von Lebensmitteln für die Verbraucher ein wichtiges Kriterium geworden.“ Das sei auch beim täglichen Bier so. „Immer mehr Menschen möchten zumindest eine Idee davon haben, woher ihr Bier kommt und wenn sie sich durch Brauereibesichtigungen oder Gesprächen mit den Brauern selbst ein genaues Bild machen können, ist das ein starkes Argument für den Kauf von regionalen Biermarken“, so Dittmar, der im Hauptberuf Geschäftsführer der Löbauer Bergquell-Brauerei ist.

Asien ist ein Top-Absatzmarkt

Steffen Dittmar ist Präsident des Sächsischen Brauerbundes.

Steffen Dittmar ist Präsident des Sächsischen Brauerbundes.

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Gerade sein Brauhaus hat bereits vor mehr als fünf Jahren einen weiteren lukrativen Absatzmarkt für sich entdeckt: Ihren Gerstensaft exportieren sie ins Reich der Mitte, auch die Chinesen haben Lust auf qualitativ wertvolle Biere aus Sachsen. Die Kollegen von der Eibauer Brauerei liefern ebenfalls Schwarzbier und Hefeweizen nach Asien, neben China auch nach Japan und Südkorea. Laut Angaben des Brauerbundes sind es vier bis fünf Hersteller, die den Markt in Fernost bedienen. Die Dresdner Feldschlösschen Brauerei nimmt für sich in Anspruch, die „größte deutsche Importmarke in China“ zu sein. Das liege einerseits an einem lokalen Partner, andererseits am enormen Vertrauen der dortigen Konsumenten in das deutsche Brauertum. Insgesamt werden knapp 80 Millionen Liter sächsischen Bieres ins Ausland verkauft. Da gewinnt die Bezeichnung „Export-Bier“ gleich eine völlig neue Bedeutung.

Steffen Dittmar freut diese Entwicklung, nicht allein für sein Unternehmen: „China ist aufgrund seines Bevölkerungsreichtums der größte Biermarkt der Welt. Dort gab und gibt es auch für sächsische Brauereien gute Absatzmöglichkeiten.“ Wie sich dieser Markt entwickeln werde, sei allerdings nur schwer vorherzusagen, „da es immer wieder neue Regulierungen durch den chinesischen Staat geben kann“, so Dittmar.

Von Frank Schmiedel

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