Wirecard-Aktionären droht Rückforderung der Dividende

Die Zentrale der insolventen Wirecard in Aschheim bei München.

Die Zentrale der insolventen Wirecard in Aschheim bei München.

München. Rund 20 Milliarden Euro Aktienwert verschwanden, als Wirecard Insolvenz anmeldete. Nun könnte auf die damaligen Aktionäre weiterer Ärger zukommen: Insolvenzverwalter Michael Jaffé versucht, insgesamt 47 Millionen Euro an Dividenden zurückzufordern und sie der Insolvenzmasse einzuverleiben. Bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sieht man dafür allerdings keine Rechtsgrundlage: „Bitte Ruhe bewahren“, rät deren Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler.

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Nichtige Jahresabschlüsse

Jaffé schweigt zu dem Thema, doch Insider zitieren aus seinem jüngsten Sachstandsbericht für das Amtsgericht München. Demnach geht der Insolvenzverwalter davon aus, dass große Teile des Asiengeschäfts von Wirecard so frei erfunden waren wie 1,9 Milliarden Euro auf Treuhandkonten auf den Philippinen. Wirecard habe 2017 und 2018 deshalb in Wahrheit keine Gewinne, sondern hohe Verluste gemacht, und das Unternehmen sei grotesk überbewertet dargestellt worden.

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Damit seien die Abschlüsse beider Jahre nichtig, was Jaffé per Klage gerichtlich feststellen lassen will. Klappt das, wären die Dividenden zu Unrecht ausgezahlt worden. Jaffé könnte und müsste sie aktienrechtlich zurückfordern. Wirecard schüttete in den beiden Jahren insgesamt 47 Millionen Euro an die Aktionäre aus. Auf frühere Ausschüttungen kann Jaffé nicht zugreifen.

Die Rechtsgrundlage für seine Forderung liefert Paragraf 62 des Aktiengesetzes, wonach Aktionäre dem Unternehmen zu Unrecht erhaltene Leistungen erstatten müssen. Bei Dividenden gilt das allerdings nur, wenn die Aktionäre von der Unrechtmäßigkeit wussten oder grob fahrlässig waren. Die Regel „schützt die gutgläubigen Aktionäre“, verbreitete DSW-Chef Tüngler auf Twitter, der von einer „Frechheit“ Jaffés spricht.

Während es Juristen für wahrscheinlich halten, dass die Wirecard-Bilanzen 2017 und 2018 gerichtlich für nichtig erklärt werden, ist es fraglich, ob Aktionäre überhaupt auf Schadensersatz aus der Insolvenzmasse hoffen können. Der Rechts­anwalt Peter Mattil, der Aktionäre vertritt, sieht im Hintergrund einen Verteilungskampf der verschiedenen Wirecard-Gläubiger.

Die Banken wollen die Gläubigerstellung der Aktionäre bestreiten, nach dem Motto „Alles für uns Banken“.

Peter Mattil,

Rechtsanwalt

„Die Banken wollen die Gläubigerstellung der Aktionäre bestreiten, nach dem Motto ‚Alles für uns Banken‘“, sagt Mattil. Wenn Jaffé schon Dividenden zurückfordern wolle, müsse er das auch bei den Kreditzinsen tun, die Wirecard an die Banken gezahlt hat. Die Ankündigung des Insolvenzverwalters sei jedenfalls „ein starkes Stück und ein Schock für die betrogenen Aktionäre“. Rund 42.000 Wirecard-Eigner haben bislang Ansprüche zur Insolvenzmasse angemeldet. Anerkannt sind die aber bislang nicht. Jaffé schreibt selbst in seinem Sachstandsbericht, dass einiges höchstrichterlich geklärt werden müsse.

Verschont bleiben könnten Aktionäre allerdings aus einem ganz trivialen Grund: Bisher konnte Jaffé nicht ermitteln, wer für 2017 und 2018 überhaupt Dividende kassiert hat. In dem Skandalkonzern fanden sich dazu keine Unterlagen, und die mit der Dividendenzahlung beauftragte Clearstream Banking in Frankfurt verweigert die Herausgabe von Namen und Adressen.

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Aufsicht verweigert Auskunft

Auskunft bekommt Jaffé offenbar so gut wie nirgends. „Niemand ist bereit, dem Insolvenzverwalter freiwillig irgendwelche Informationen zur Verfügung zu stellen“, zitiert ein Insider aus dem Sachstandsbericht. Das gilt auch für die dem CDU-Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier unterstellte Wirtschaftsprüferaufsicht Apas, die über den Wirecard-Wirtschafts­prüfer EY gewacht hatte oder das hätte tun sollen. Apas verweigere die Herausgabe von Daten zu EY an Jaffé, die dieser für eine Schadensersatzklage gegen die Prüfer bräuchte.

Apas habe nicht genügend Personal, um verlangte Unterlagen bereitzustellen, weil die gesichtet und teilweise geschwärzt werden müssten, hat die Organisation Jaffé erklärt. Zudem könne dann öffentlicher Druck auf sie entstehen, heißt es im Sachstandsbericht weiter. Apas will Kritik am eigenen Tun unterbinden, heißt das. Altmaier könnte anordnen, verlangte Daten herauszurücken. Getan hat er das bislang nicht.

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