Wie der Preisschub beim Erdgas auch große Konzerne in die Enge treibt

Das Energieunternehmen Eon.

Das Energieunternehmen Eon.

Frankfurt. Der heftige Preisschub beim Erdgas treibt nun auch große Konzerne in die Enge. „Leider können wir Ihnen derzeit keine Erdgasprodukte anbieten.“ Diese Mitteilung ist derzeit auf der Website des Energieriesen Eon zu finden. Bestandskunden seien nicht betroffen, heißt es auf Nachfrage. „Lediglich unsere Neukundenprodukte überarbeiten wir aktuell seit wenigen Tagen, da wir die stark gestiegenen Beschaffungskosten in unserer Preisstellung berücksichtigen müssen“, sagte ein Sprecher.

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Das Essener Unternehmen ist nicht das erste, das in Schwierigkeiten gerät. Zahlreiche Discountanbieter haben derzeit schwer zu kämpfen. Die Firma Deutsche Energiepool hatte kürzlich ihre Gaslieferungen als einer ersten Energiehändler eingestellt. Vor wenigen Tagen hat der Brandenburger Anbieter Otima seine Insolvenz erklärt.

Großhandelspreise hätten sich innerhalb kürzester Zeit vervierfacht, heißt es zur Erklärung. Hinzu komme ein massiver Anstieg der Vorauskasse- und Sicherheitsleistungen, die an Marktpartner geleistet werden müssten. Das habe die Liquidität beeinträchtigt. Auch hier wurden die Gas- und Stromlieferungen kurzfristig beendet.

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Nach Recherchen der „Zeitung für Kommunale Wirtschaft“ (ZfK) gibt es eine Reihe weiterer Billigversorger, die ohne große Vorwarnung den Gashahn zugedreht und die Stromleitung gekappt haben. Eine maßgebliche Rolle spielt dabei, dass sich Anbieter auf die kurzfristige Beschaffung der Energie kapriziert haben – in der Hoffnung damit hohe Renditen zu erzielen. Doch angesichts der aktuellen Marktlage funktionieren diese Geschäftsmodelle derzeit nicht.

Auch nach Angaben des Vergleichsportals Verivox kommen vor allem Versorger, die auf die Schnelle Gas einkaufen, immer mehr in Zugzwang. Die Großhandelspreise sind in den vergangenen Wochen auf Höchststände geklettert. An den Spotmärkten, wo tagesaktuelle Kontrakte gehandelt werden, sind die Notierungen in diesem Jahr um das Siebenfache geklettert. Aktuell liegt der Preis für eine Megawattstunde bei um die 100 Euro. Im langjährigen Mittel bewegt er sich zwischen 10 und 25 Euro.

Nach den Daten des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sind die Einfuhrpreise in den vergangenen zwölf Monaten um 146 Prozent geklettert. Diese Zahlen machen deutlich, dass das Wohl und Wehe der Versorger ganz entscheidend von ihrer Beschaffungsstrategie abhängt. Wer auf langfristige Lieferverträge gesetzt hat, ist derzeit in einer günstigen Position und bezieht den Brennstoff – noch – zu günstigen Preisen.

Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox spricht indes von aktuell „besorgniserregenden Preissprüngen im Großhandel“. Sie seien zum einen der hohen Nachfrage aus Asien, zum anderen den gedrosselten Liefermengen aus Russland geschuldet. „Darüber hinaus treiben die CO₂-Preise im europäischen Emissionshandel, die ebenfalls steil nach oben gehen, die Preisentwicklung“, erläutert Storck.

CO₂-Zertifikate als Preistreiber

Nach Angaben des Vergleichsportals liegen die Gaskosten für einen Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden im Oktober 2021 bei durchschnittlich 1402 Euro pro Jahr. Vor zwölf Monaten waren es noch bei 1094 Euro. Das entspricht auf Jahressicht einem Plus von rund 28 Prozent.

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Laut Verivox haben für September, Oktober und November 42 regionale Gasanbieter Preiserhöhungen von durchschnittlich 12,9 Prozent angekündigt oder bereits durchgeführt. Bei einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden entspricht das Mehrkosten von rund 189 Euro pro Jahr.

Kein regionaler Versorger plane, die Gaspreise in den kommenden Monaten zu senken. Damit nicht genug: „In den kommenden Wochen erwarten wir eine große Preiswelle bei Gas“, sagt Storck. „Neben den höheren Großhandelspreisen steigt auch der CO₂-Preis für fossile Brennstoffe zum Jahreswechsel von 25 auf 30 Euro pro Tonne. Diese Kosten geben viele Gasversorger direkt an ihre Kunden weiter.“

Details, wie Eon, als einer der ganz großen Akteure, mit der schwierigen Situation umgehen will, wurden zunächst nicht bekannt. Dass trotz der Marktverwerfungen auch von kleineren Anbietern noch immer Geschäfte mit dem Gas gemacht werden können, beweisen die Stadtwerke Mühlacker (Baden-Württemberg), über die die „ZfK“ berichtet.

Das kommunale Unternehmen hat einen neuen Erdgastarif mit Stufenmodell zu Beginn des Monats eingeführt. Hierbei werde der Kunde am Ende des Jahres auf Grundlage seines tatsächlichen Verbrauches mit der passenden Preisstufe abgerechnet, heißt es auf der Website des Versorgers. Kunden mit einem Jahres­verbrauch von 20.000 Kilowattstunden könnten so fast 125 Euro pro Jahr sparen, wird Geschäftsführer Roland Jans zitiert. Für diesen Tarif gilt eine Preisgarantie bis Ende Dezember 2022. Durch die kontinuierliche Energiebeschaffung könne das Unternehmen die Vertriebspreise trotz steigender Energiemärkte konstant halten, teilen die Stadtwerke mit.

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