Wegen mangelnder Nachfrage: Braucht es digitale Messen?

Durch die Corona-Pandemie sind im vergangenen Jahr allein in Deutschland mehr als zwei Drittel aller Publikums- und Verbrauchermessen ausgefallen.

Durch die Corona-Pandemie sind im vergangenen Jahr allein in Deutschland mehr als zwei Drittel aller Publikums- und Verbrauchermessen ausgefallen.

Stuttgart. Das Corona-Jahr 2020 hat den Alltag der Menschen nicht nur beim Einkaufen oder beim Essengehen massiv verändert. Auch die bis dato von vielen Verbrauchern geliebten und eigentlich selbstverständlichen Besuche einer Messe vor Ort waren auf einmal passé. Die Messebranche selbst hat durch die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr durch Absagen von geplanten Messen gewaltige gesamtwirtschaftliche Schäden erlitten.

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Wirtschaftlicher Schaden in Milliardenhöhe

Von den 355 in 2020 hierzulande geplanten Messen konnten nur 114 durchgeführt werden. Dementsprechend wurden nach Berechnungen des Verbandes der deutschen Messewirtschaft (Auma) 2020 nur knapp 2,5 Millionen Quadratmeter Standfläche, 70.000 Aussteller und 4,3 Millionen Besucher registriert – ein Minus von mehr als 70 Prozent im Vergleich zu den Ergebnissen bei den Vorveranstaltungen der ursprünglich für 2020 geplanten Messen.

Auch diese Zahl zeigt deutlich, wie groß der wirtschaftliche Schaden ist: In normalen Jahren trägt die Durchführung von Messen rund 28 Milliarden Euro zur gesamten deutschen Wirtschaftsleistung bei, davon sind am Ende des Corona-Jahres nur 6 Milliarden Euro übrig geblieben.

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Fast ein Drittel der 2021er-Messen wieder verschoben

Für das Jahr 2021 hatten sich die Messeveranstalter nicht nur in Deutschland Besserung erhofft. Doch bisher weit gefehlt. Rund 380 Messen sollten nach den Planungen der Veranstalter vom Herbst 2020 im Jahr 2021 in Deutschland durchgeführt werden. Bereits jetzt sind aufgrund der andauernden Pandemie rund 110 Messen abgesagt oder nach 2022 verschoben worden.

Viele Messen haben schon 2020 auf virtuelle Formate gesetzt und aus großen Publikumsmessen eine digitale Version gemacht. Der Erfolg ist jedoch nur bedingt mit dem einer Präsenzveranstaltung vergleichbar.

Die digitale Alternative

Große publikumswirksame Veranstaltungen wie die Berliner Grüne Woche und die Sportmesse Ispo in München zeigen auf, dass die Verbraucher nur in einer geringeren Zahl die Motivation verspüren, einen virtuellen Messegang zu machen.

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Berlin: Ein Mann läuft durch die menschenleere Ausstellungshalle 18 auf dem Messegelände unter dem Funkturm. Die Internationale Grüne Woche 2021 fand wegen der Corona-Pandemie ausschließlich digital statt.

Berlin: Ein Mann läuft durch die menschenleere Ausstellungshalle 18 auf dem Messegelände unter dem Funkturm. Die Internationale Grüne Woche 2021 fand wegen der Corona-Pandemie ausschließlich digital statt.

Waren 2020 noch 400.000 Besucher auf dem Messegelände unter dem Funkturm in Berlin auf der weltweit größten Agrar- und Ernährungsmesse unterwegs und gaben mehr als 52 Millionen Euro für den Verzehr vor Ort beziehungsweise für den Kauf von Waren aus, so war das Ergebnis für 2021 ernüchternd: Im Januar besuchten laut Messeangaben „mehr als 20.000 Userinnen und User an zwei Tagen“ die digitale Messevariante auf der Plattform grünewoche.de.

Messebesucher werden zu Usern

Auch wenn die digitale Präsenz der Messe für Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, wichtig war, um ein Zeichen zu setzen, dass die Themen Ernährung und Landwirtschaft – trotz Pandemie – eine wichtige Rolle für die Gesellschaft spielen. Am Ende hofft er doch auch, dass die „Grüne Woche 2022 wieder in gewohnter Form stattfinden kann.“

Das gleiche Bild ergibt sich auch bei der Sportmesse Ispo in München. 2020 hatten sich hier in vier Tagen 80.000 Verbraucher über die neuesten Trends informiert, bei der digitalen Version 2021 nutzen die erstmals angebotenen Public Streams für Endverbraucher 22.000 Personen.

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Unternehmen bauen auf Präsenzveranstaltungen

Auch wenn die Messeveranstalter sich große Mühe geben, für die meisten ausstellenden Unternehmen sind die digitalen Events gegenwärtig keine oder keine dauerhafte Alternative zu realen Messen. Dies zeigt eine aktuelle Studie des Auma, Verband der deutschen Messewirtschaft, unter 427 ausstellenden Unternehmen der Branchen Maschinenbau, Elektrotechnik und Elektronik sowie Optik, Photonik und Medizintechnik im vierten Quartal 2020.

Demnach nutzen gerade einmal 17 Prozent der Firmen aufgrund der zahlreichen Messeabsagen aktuell zwar digitale Events, wollen dieses Engagement aber wieder aufgeben, wenn physische Messen wieder durchgeführt werden können.

48 Prozent wollen auch künftig auf reale Messen setzen, aber weiterhin digitale Ergänzungen nutzen. Und immerhin 14 Prozent sehen rein digitale Events auch dann nicht als Alternative, wenn keine realen Messen stattfinden können. Lediglich 21 Prozent betrachten virtuelle Präsentationen auch dauerhaft als ernsthafte Alternativen zu realen Messen.

Digitale Events für viele keine vollwertige Alternative

Insgesamt haben 2020 fast 50 digitale Events als Ersatz für abgesagte internationale Messen in Deutschland stattgefunden. Gleichzeitig sind die konkreten geschäftlichen Ergebnisse offensichtlich laut dem Verband aber eher bescheiden:

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Die Aussteller haben bei den Events im Durchschnitt ein Viertel des Nutzens einer realen Messebeteiligung erreicht. 30 Prozent haben sogar nur maximal 10 Prozent erzielt, während Spitzenwerte von 70 Prozent und mehr nur von 3 Prozent der befragten Firmen erreicht wurden.

Jörn Holtmeier, Geschäftsführer des Auma sagt dazu: „Angesichts der sehr unterschiedlichen Einschätzung des Nutzens digitaler und realer Veranstaltungen ist kaum vorstellbar, dass rein digitale Varianten eine vollwertige Alternative zu physischen Messen werden können“. Denn die fehlenden Geschäftserfolge auf digitalen Events müssten dann durch zusätzlichen Einsatz anderer Instrumente erreicht werden, ergänzt er.

Branchenmesse Gamescom ragt heraus

Dass die digitale Messe durchaus eine erfolgreiche Alternative zur Präsenzveranstaltung sein kann, zeigte das weltgrößte Event rund um Computer- und Videospiele, die Gamescom in Köln im vergangenen Sommer. Waren 2019 rund 370.000 Menschen auf dem Messegelände unterwegs und 500.000 Besucher online da, konnte das Branchentreffen im Corona-Sommer 2020 allein über zwei Millionen Besucher zur Eröffnungsshow willkommen heißen.

Solche Bilder gab es schon im Sommer 2020 nicht mehr von der Gamescom zu sehen. Die Branchenmesse konnte dennoch digital Erfolge feiern.

Solche Bilder gab es schon im Sommer 2020 nicht mehr von der Gamescom zu sehen. Die Branchenmesse konnte dennoch digital Erfolge feiern.

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Die Show war laut der Koelnmesse damit das meistgeschaute Digitalevent der Messewirtschaft weltweit. Doch auch hier freut man sich auf das Branchentreffen 2021 „sowohl vor Ort als auch digital“, wie Felix Falk, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Games-Branche (game), im vergangenen Sommer nach dem Onlineevent sagte.

Letztlich sind digitale Messen für viele Veranstalter eine gute Alternative zu der Option, dass eine Messe komplett ausfallen muss. Dennoch bleiben für viele ausstellende Unternehmen wie auch Besucher der persönliche Kontakt und die reale Präsentation von Neuheiten die beiden wichtigsten Argumente für eine reale Messeveranstaltung und die großen Leitmessen – aller Fortschritte der Digitalisierung zum Trotz.

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