Wechsel an der Spitze: Joachim Nagel wird neuer Bundesbankchef
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/J5PIYUL3ZZD6LDCUSFY7MHYNUI.jpeg)
Joachim Nagel wird neuer Präsident der Bundesbank.
© Quelle: Boris Roessler/dpa
Das frühere Bundesbankvorstandsmitglied Joachim Nagel löst Jens Weidmann laut dem „Handelsblatt“ an der Spitze der deutschen Zentralbank ab. Bundeskanzler Olaf Scholz habe den 55-Jährigen für diesen Posten vorgeschlagen, berichteten die Zeitung und die Nachrichtenagentur Reuters am Montag unter Berufung auf Regierungskreise.
Das Vorschlagsrecht liege bei Scholz, die Personalie soll aber im Einvernehmen mit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erfolgen. Nagel gelte in der FDP als „stabilitätsorientierter Sozialdemokrat“. Die Besetzung muss vom Kabinett noch endgültig beschlossen werden. Die Zustimmung gilt damit laut „Handelsblatt“ als sicher. Das Kabinett tagt am Mittwoch das letzte Mal vor Weihnachten. Ob die Personalie dann auf der Tagesordnung stehen wird, war zunächst offen.
Weidmann scheidet zum Jahresende auf eigenen Wunsch aus dem Amt. Von Insidern der Koalitionäre und aus Finanzkreisen war zuletzt bereits zu hören, Nagel habe beste Chancen auf die Nachfolge. Der Ökonom Weidmann hatte im Mai 2011 im Alter von 43 Jahren als jüngster Bundesbank-Chef den Posten in Frankfurt übernommen. Weidmann folgte auf Axel Weber, der im Streit über die Anti-Krisenpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hingeworfen hatte.
Der 55-jährige Ökonom Nagel ist seit 2020 in der Führungsetage der Basler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) tätig - die als Zentralbank der Zentralbanken gilt. 2016 hatte er als Vorstandsmitglied die Bundesbank verlassen, für die er insgesamt 17 Jahre gearbeitet hatte. Als Vorstand verantwortete er unter anderem die Bereiche „Märkte“ und „Informationstechnologie“. Außerdem war Nagel bis Ende April 2016 Leiter des Krisenstabs der deutschen Zentralbank.
Kritik an lockerer Geldpolitik
Auch Weidmann, ehemals Wirtschaftsberater der langjährigen Bundeskanzlerin Angela Merkel, äußerte sich immer wieder kritisch zur seit Jahren ultralockeren Geldpolitik der EZB. Vor allem milliardenschwere Anleihenkäufe sah er mit Skepsis und warnte, die Notenbank dürfe die Regierungen nicht vom billigen Zentralbankgeld abhängig machen.
Angesichts der steigenden Teuerung mahnte Weidmann, Europas Währungshüter sollten das Risiko einer zu hohen Inflation nicht ignorieren und nicht zu lange an ihrem sehr expansiven Kurs festhalten. Durchsetzen konnte sich Weidmann mit seiner Haltung oft nicht. Denn im EZB-Rat haben die Anhänger einer eher lockeren Geldpolitik die Mehrheit.
Der Bundesbank-Präsident ist an den Entscheidungen des obersten Entscheidungsgremiums der Zentralbank zwar beteiligt, hat aber wie die Vertreter der anderen 18 Euroländer nur eine Stimme - auch wenn Deutschland Europas größte Volkswirtschaft ist.
RND/Reuters/dpa