Trotz Diesel-Skandal: VW zahlt umstrittene Vorstands-Boni aus
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Der frühere Volkswagen-Konzernchef Matthias Müller erhält nachträglich rund 1,3 Millionen Euro.
© Quelle: dpa
Wolfsburg. Mit drei Jahren Verspätung bekommen mehrere VW-Topmanager doch noch ihre umstrittenen Boni in Millionenhöhe ausgezahlt. Insgesamt geht es nach Unternehmensangaben um mehr als 4 Millionen Euro, wobei allein der frühere Vorstandsvorsitzende Matthias Müller 1,3 Millionen Euro bekommt. Die Zahlung war wegen der damaligen Unternehmenskrise aufgeschoben worden – und fällt nun erneut in eine Zeit des Sparzwangs.
Der Konzern hatte 2015 wegen des Dieselskandals einen Milliardenverlust eingefahren. Dem Topmanagement standen trotzdem vertraglich Erfolgsprämien zu – auch, weil sie für mehrere Jahre fällig waren, in denen Rekordergebnisse eingefahren wurden. Angesichts des Dieselbetrugs lösten die Boni heftige öffentliche Empörung aus, und das Land Niedersachsen als großer VW-Aktionär drängte auf freiwilligen Verzicht der Manager.
Bonus war an Aktienkurs gekoppelt
Die weigerten sich lange und stimmten schließlich einem Kompromiss zu. 30 Prozent der Boni wurden auf Eis gelegt und wie Aktien behandelt: Sie waren auszuzahlen, wenn der VW-Aktienkurs innerhalb von drei Jahren um mehr als 25 Prozent steigen würde.
So dürften fünf Männer am 23. April genau den VW-Kurs verfolgt haben, denn an diesem Tag liefen die drei Jahre ab. Es hat für die 25 Prozent knapp gereicht: Von rund 125 Euro im Frühjahr 2016 ist der Kurs auf 160 Euro gestiegen. Neben dem vor einem Jahr abgetretenen Müller profitiert sein Nachfolger Herbert Diess mit rund 540 000 Euro.
Winterkorn geht leer aus
Er war erst im Sommer 2015 zu VW gekommen. Finanzchef Frank Witter, ebenfalls erst seit Herbst 2015 im Vorstand, bekommt 250 000 Euro. An Andreas Renschler, Chef der Lkw-Tochter Traton, fließt knapp eine Million Euro, und der langjährige Einkaufschef Francisco Javier Garcia Sanz bekommt für das Krisenjahr 2015 noch 1,1 Millionen Euro nachgezahlt.
Für eine Hauptfigur des Dieselskandals war das Bonusthema dagegen schon lange erledigt: Der frühere Konzernchef Martin Winterkorn, der im September 2015 gehen musste, bekam danach noch mehrere Millionen Euro Bonus ausgezahlt. Der Aufsichtsrat bescheinigte ihm beim Abschied außerdem Unbescholtenheit: "Die Mitglieder des Präsidiums stellen fest, dass Herr Professor Dr. Winterkorn keine Kenntnis hatte von der Manipulation von Abgaswerten", hieß es damals.
Inzwischen steht Winterkorn jedoch unter Anklage. Nach Darstellung der „Süddeutschen Zeitung“ und anderer Medien belasten ihn vor allem vier Kronzeugen aus dem damaligen Management. Demnach habe Winterkorn früher von dem Betrug gewusst, als er selbst behauptet. VW prüft deshalb seit Monaten Forderungen gegen den früheren Chef.
Darauf dringt intern vor allem der Betriebsrat, denn während den Managern die Boni nachgezahlt werden, kommt gleichzeitig das nächste Sparprogramm auf den Tisch. Die Volkswagen-Kernmarke VW Pkw hat die Fixkosten im ersten Quartal nach eigenen Angaben um 200 Millionen Euro gedrückt, und so soll es weitergehen: „Im weiteren Verlauf des Geschäftsjahres sind weitere Anstrengungen notwendig, um Risiken aus den Märkten abzufedern“, sagte Finanzchef Arno Antlitz am Freitag.
Von RND/Stefan Winter