Studie zu weltweiter E-Mobilität: Deutschland fährt China hinterher
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Der ID.3 von VW wird die größte Serie an E-Autos, die in Deutschland bislang vom Fließband rollte – doch wird das reichen, um mit China gleichzuziehen?
© Quelle: Jens Büttner/zb/dpa
Im globalen Rennen um die Elektromobilität macht die Automobilnation Deutschland mühsame Fortschritte. Das geht aus einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger und der Forschungsgemeinschaft Kraftfahrwesen (FKA) hervor, in der sieben Länder in drei Teilbereichen verglichen wurden. Sie attestiert, dass China bei dem Thema klar führt und sich von den USA abgesetzt hat. Deutschland hat Südkorea überholt und ist nun Gesamtdritter.
Im Bereich Technik sind deutsche Autobauer mittlerweile sogar Spitze. Sie haben französische Konkurrenten im Vergleich zu einer Vorgängerstudie 2018 vom Thron gestoßen. China bleibt führend hinsichtlich industrieller Aufstellung und dem Markt für Elektromobilität. Technologisch kommen chinesische Autobauer zudem näher.
China ist in der Kategorie Technik mit minimalem Abstand nun erstmals Zweiter hinter Deutschland, nachdem chinesische Konzerne 2018 in der Hinsicht noch deutlich distanziert auf Rang sieben geführt wurden. Zudem sagen Berger und FKA den Chinesen einen weiteren Vormarsch voraus, was vor allem auch mit der Produktion von Batteriezellen als Schlüsselkomponente von Elektroautos zu tun hat. „Keine andere Nation plant einen so großen Ausbau ihrer heimischen Zellproduktion“, stellt FKA-Berater Alexander Busse klar.
Verpasst Europa den Anschluss?
Das Reich der Mitte dürfte seinen Vorsprung bei Batteriezellen deshalb weiter ausbauen. 2022 erwarten Berger und FKA unter den sechs größten Batteriezellherstellern mit CATL, BYD und Farasis drei Chinesen und mit LG sowie Samsung zwei Südkoreaner. Dazu kommt Tesla aus den USA mit einem für dann prognostizierten Weltmarktanteil in der Zellfertigung von 6 Prozent. Fast das Dreifache würde dann Weltmarktführer CATL erreichen, der in Thüringen gerade eine erste europäische Zellfabrik baut.
Im Bereich Batteriezelle drohe Europa endgültig den Anschluss zu verlieren, warnen Berger und FKA. Europäische Firmen würden entlang der Batterie-Wertschöpfungskette nur eine untergeordnete, bei der Zellproduktion gar keine Rolle spielen. Um das langfristig zu ändern, müssten europäische Autobauer verstärkt mit chemisch versierten Zulieferern kooperieren, weil nur so nötige Investitionen zu stemmen und ausreichendes Technologieverständnis zu erreichen seien.
Der Batterie-Airbus entsteht erst noch
In diese Richtung zielt auch der Startschuss für eine Art europäischen Batterie-Airbus, den die EU soeben gegeben hat. Sie fördert das Vorhaben mit 3,2 Milliarden Euro. Die Industrie steuert 5 Milliarden Euro bei. Auf deutscher Seite sind BASF, Varta oder BMW im Boot. Helfen will auch die Fraunhofer-Gesellschaft als größte europäische Einrichtung für angewandte Forschung. Sie hat dazu gerade ihre Forschungsfertigung Batteriezelle gestartet. „Wir suchen einen nationalen Schulterschluss, um bestehende Lücken in der Wertschöpfungskette von Batterien und Akkus zu schließen“, sagt Fraunhofer-Chef Reimund Neugebauer.
Aber auch mit Blick auf den Markt für batterieelektrische Fahrzeuge fährt China Europa weit voraus. Bereits im ersten Halbjahr 2019 hat der Verkauf elektrifizierter Neuwagen in China laut Studie erstmals die Marke von 5 Prozent überschritten. Von einer solchen Quote sind alle anderen sechs untersuchten Automobilnationen noch weit entfernt. Die Studie von Berger und FKA sagt chinesischen Herstellern für 2022 eine Produktion von gut zehn Millionen Stromern voraus. Danach folgen würden dann US-Hersteller mit knapp 2,6 Millionen und deutsche Autobauer mit gut 2,5 Millionen Elektroautos. So gesehen bliebe Deutschland perspektivisch erst einmal Dritter.
Für die Hersteller ein Problem
Speziell für etablierte Hersteller sei zudem ein Problem, dass die Marktaussichten für Elektroautos zwar in globalem Maßstab positiv seien, E-Autos aber weniger Rendite bringen als Verbrenner, stellt die Studie klar. Sie benennt auch Auswege. „Die Profitabilität könnten die Automobilhersteller mit neuen Servicemodellen rund um die Batterie wieder erhöhen“, sagt Berger-Experte Wolfgang Bernhardt.
So würde der Autozulieferer Bosch Akkulaufzeiten online überwachen, Ladezyklen und -geschwindigkeit sowie Umgebungstemperatur in Echtzeit erfassen und so Empfehlungen zur Fahrweise und zu Wartungskontrollen geben. „Eine integrierte Wertschöpfungskette beginnt damit, dass den Kunden Batterieleasing angeboten wird, und endet mit Geschäftsmodellen zum Recycling der Rohstoffe“, meint Bernhardt.