Streit eskaliert: Kippt das deutsch-französische Gleichgewicht bei Airbus?

Das Segment eines Flugzeugrumpfes von einem Airbus A350 steht vor einer Fertigungshalle auf dem Werksgelände des deutsch-französischen Flugzeugbauers Airbus in Hamburg.

Das Segment eines Flugzeugrumpfes von einem Airbus A350 steht vor einer Fertigungshalle auf dem Werksgelände des deutsch-französischen Flugzeugbauers Airbus in Hamburg.

München. Eigentlich könnte Guillaume Faury etwas aufatmen. Einen 30-prozentigen Umsatzsprung auf 24,6 Milliarden Euro und einen Nettogewinn von 2,2 Milliarden Euro konnte der Chef des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns im ersten Halbjahr 2021 nun präsentieren. Im Vorjahr standen zu dem Zeitpunkt noch 1,9 Milliarden Euro Verlust zu Buche.

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Getragen sind die Verbesserungen von um die Hälfte auf 297 Flugzeuge gestiegenen Verkäufen. Das soll im zweiten Halbjahr so weitergehen und in 600 Flugzeugverkäufen münden. Bei internen Umbauplänen für die Werksstruktur in Europa kommt Airbus aber nicht voran. In Deutschland wird mit Betriebsräten und Gewerkschaftern heftig gestritten. „Es sind sehr schwierige Gespräche“, räumt Faury ein.

IG Metall und Betriebsrat sehen Zerschlagung und Ungleichbehandlung

Im Zentrum steht die deutsche Tochter Premium Aerotec und deren Standorte im bayerischen Augsburg sowie dem niedersächsischen Varel. Dort will Faury die Kleinteilefertigung abspalten und an einen Investor verkaufen, was in Augsburg 2200 und in Varel 1300 Stellen betrifft.

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IG Metall und Betriebsrat sehen das als Zerschlagung und Ungleichbehandlung gegenüber dem französischen Pendant Stelia Aerospace. Diese Airbus-Tochter soll anders als Premium Aerotec komplett im Airbus-Verbund bleiben, obwohl sie ähnlich strukturiert ist wie diese.

Mittlerweile ist der Streit politisch geworden. Ein Verkauf des Augsburger Werks 4 und des gesamten Standorts Varel würde den Luftfahrtstandort Deutschland nachhaltig schwächen, Tausende Arbeitsplätze gefährden und ganze Standorte infrage stellen, haben IG Metall und Airbus-Betriebsräte in einem Brandbrief an das Bundeskanzleramt geschrieben. Politische Hilfe erhoffen sie sich vor allem, weil Deutschland wie Frankreich mit 11 Prozent an Airbus beteiligt ist.

Gesamtbetriebsrat: Airbus-Statement eine „Frechheit“

Doch zu einem jüngsten Treffen von Faury im Bundeskanzleramt waren Arbeitnehmer nicht eingeladen, was zusätzlich Öl ins Feuer gebracht hat. Nicht gerade entspannt hat sich die Lage auch bei einem Treffen diese Woche zwischen Management und Betriebsräten. Es sei konstruktiv gewesen, teilte Airbus danach mit.

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In Augsburg und Varel seien die Kosten aber um 25 bis 30 Prozent zu hoch und ein Verkauf bleibe die bevorzugte Lösung. Sonst würde „signifikante Restrukturierung“ drohen – also Stellenabbau. Als konstruktiv wurde das Treffen auf der anderen Seite aber offenkundig nicht gesehen.

Das Airbus-Statement sei eine „Frechheit“, erklärt der Airbus-Gesamtbetriebsrat. Der angebliche Kostennachteil beider Standorte sei nicht durch Fakten und Zahlen belegt worden. Eine belastbare Analyse wolle Airbus jetzt Ende August liefern. Der Investor, den Airbus will, soll für den Luft- und Raumfahrtkonzern nur die Schmutzarbeit des Stellenabbaus erledigen, mutmaßen Gewerkschafter. Komme es dazu, gehe das deutsch-französische Gleichgewicht im Konzern endgültig verloren.

Aufteilung zwischen Deutschland und Frankreich wird ungleicher

Letzteres reflektiert, dass in Frankreich heute 32.443 Beschäftigte für Airbus arbeiten, in Deutschland aber nur noch 27.358 Leute. Würden in Augsburg und Varel 3500 Jobs mit ungewisser Zukunft ausgegliedert, verschöben sich die einst paritätischen Verhältnisse weiter Richtung Frankreich.

Die Landesregierungen von Bayern und Niedersachsen haben bereits Partei für ihre Standorte ergriffen. Das entscheidende Machtwort könnte die Bundesregierung sprechen. Ob sie es tut, ist offen. Offiziell hat sie sich noch nicht geäußert. Die Frage, ob sie die Pläne des Airbus-Managements für Deutschland stütze, ließ Faury unbeantwortet.

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Anfang August haben IG Metall und Betriebsräte nun ihrerseits einen Termin im Bundeskanzleramt. Danach dürfte klar werden, wohin die Reise geht. Die IG Metall bereitet sich vorsorglich aber schon auf eine Tarifauseinandersetzung mit Airbus Anfang September vor. Das heißt, auf Streik kurz vor der Bundestagswahl.

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