Verkäufe über Drittländer

Russland-Sanktionen: Habeck kritisiert „deutliche Umgehungen - auch aus Deutschland heraus“

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz.

Berlin. Umgehen Exporteure aus Deutschland und der EU die strengen Sanktionen gegen Russland, indem sie sanktio­nierte Güter erst in Drittländer liefern, von wo sie auf wundersame Weise ihren Weg über die russische Grenze finden? Dieser Verdacht drängt sich bei einem Blick in die Außenhandelsdaten auf, findet Wirtschafts­minister Robert Habeck (Grüne).

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„Es gibt deutliche Umgehungen der Sanktionen, und es gibt auch deutliche Umgehungen aus Deutschland heraus“, sagte Habeck bei einer Pressekonferenz am Donnerstagabend in Berlin. „Das ist kein Kavaliersdelikt, das ist jetzt schon strafbewährt“, fügte er hinzu. Unternehmen, die Sanktionen umgehen, schadeten nicht nur der Ukraine, sondern auch den Interessen Deutschlands.

Sanktionsumgehung in einem „erheblichen Maß“

In einem Papier aus seinem Ministerium ist von einem „drängenden Problem“ der Sanktionsumgehung und einem „erheblichen Maß“ die Rede, in dem sanktionierte Güter aus der EU über Umwege nach Russland geliefert würden. So seien die russischen Einfuhren von Lastwagen, Pick‑ups und anderen kriegsrelevanten Gütern aus Ländern, die nicht von den Sanktionen erfasst sind, seit Kriegsbeginn steil nach oben gegangen. Im Fokus haben Habecks Beamte besonders die Türkei, China und Indien. Zu Misstrauen im Wirtschaftsministerium führt auch, dass die Handelsströme von Deutschland in russische Nachbarstaaten wie Kirgisistan, Kasachstan oder Armenien im vergangenen Jahr deutlich zugenommen haben.

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Habeck hat deshalb einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, mit dem er die Umgehung von Sanktionen bekämpfen will. Nach seinem Willen soll das übernächste elfte Sanktionspaket der EU den Fokus auf das Thema legen.

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Plan: eine Informationsoffenlegungspflicht

Der deutsche Minister schlägt unter anderem vor, die Ausfuhrbedingungen für Güter, die für die russische Kriegsmaschinerie relevant sind, zu verschärfen. Der Export in bestimmte Drittstaaten soll Unternehmen nur noch erlaubt werden, wenn sie im Rahmen der Ausfuhranmeldung transparente Endverbleibserklärungen abgeben. Vorsätzliche Verstöße sollen nach Habecks Plan europaweit unter Strafe gestellt werden.

Unternehmen in Drittstaaten, die ein Produkt mit EU‑Herkunft, das auf der Sanktionsliste stehe, nach Russland weitergeben, sollen als Empfänger dieser Güter künftig ausgeschlossen werden. „Die dürfen eben nicht mehr Abnehmer werden“, so Habeck. „Das ist ein harter Einschnitt für diese Unternehmen.“

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Auch will Habeck den Druck auf die unter Verdacht stehenden Staaten erhöhen. Drittstaaten, die bei der Durchsetzung der Sanktionen nicht mit der EU kooperieren, sollen Zollerleichterungen verlieren. Darüber hinaus will der Wirtschaftsminister Hinweise auf Sanktionsverstöße stärker fördern. Dafür wolle man mit den EU‑Partnern Sektorsanktionen mit einer Informationsoffenlegungspflicht ergänzen, die sich an jedermann richte. Wer „sanktionsrelevante Informationen“ habe, müsse diese den Behörden melden.

27.12.2022, Russland, St. Petersburg: Wladimir Putin, Präsident von Russland, und Alexander Lukaschenko, Präsident von Belarus,  sprechen am Rande eines informellen Treffens der Staatsoberhäupter der ehemaligen Sowjetstaaten, die Mitglieder der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten sind, im Staatlichen Russischen Museum in St. Petersburg. Foto: Alexey Danichev/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

„Lukaschenko kann nicht Nein zu Putin sagen“

Immer wieder steht die Sorge im Raum, dass Belarus sich dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine anschließen wird. Das hängt vor allem von der Beziehung zwischen Putin und Lukaschenko ab – erklärt der Rostocker Politikwissenschaftler Alessandro Tripolone.

Kaum Äußerungen aus der Exportindustrie

Die deutsche Exportindustrie reagiert am Donnerstag verhalten auf die Ankündigung. Offiziell wollte sich kaum jemand zu den Plänen des Ministers äußern. Sanktionen seien wie ein Gesetz, und man gehe davon aus, dass sich die Mitglieds­unternehmen daran hielten, hieß es auf RND‑Anfrage aus einem großen Wirtschafts­verband. Es sei Sache der Politik, Regelungslücken im Außenwirtschaftsrecht zu schließen. Auf welchem Weg das geschehe, müsse man nun abwarten. Wichtig sei, dass kein neues „Bürokratiemonster“ erschaffen werde.

Der Maschinenbauverband VDMA sprach von einigen gravierenden handwerklichen Mängeln in der Ausgestaltung der Sanktionen, die die wirtschaftliche Isolierung Russlands unnötig erschwerten. Die mögliche Umgehung von Sanktionen durch Lieferungen über Drittländer müsse konsequent verhindert werden.

Seit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine vor knapp einem Jahr hat die EU neun Sanktions­pakete gegen Russland auf den Weg gebracht. Das zehnte EU‑Paket mit Russland-Sanktionen soll an diesem Freitag in Kraft treten. Um zu verhindern, dass Unternehmen aus Nicht-EU‑Ländern militärisch nutzbare zivile Güter wie Drohnen an Russland liefern, soll die Anwendung des bestehenden Sanktionsregimes ausgeweitet werden. So sollen Firmen künftig fürchten müssen, den Zugang zum EU‑Binnenmarkt zu verlieren, wenn sie sie sich nicht an die Beschränkungen halten. Im ersten Schritt werden laut Kommission mehrere Unternehmen aus dem Iran sanktioniert, die an der Belieferung Russlands mit Drohnen vom Typ Shahed beteiligt sein sollen.

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Mit Material von dpa

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