Kolumne „Chefinnensache“

Regelungswut erstickt Kreativität

Stempel mit der Aufschrift „Bürokratie“.

Stempel mit der Aufschrift „Bürokratie“.

Hier ist alles in Ordnung. Wir haben in Deutschland alles im Griff – Bürokratie kann Effizienz schaffen, Prozesse standardisieren und Willkür abschaffen. Ohne Willkür keine Ungleichbehandlung, aber auch keine „ergebnisoffene Kreativität“, so wie Ethnologe David Graeber es beschreibt. Die ist auch willkürlich. Zu einem gewissen Grad ist Bürokratie sehr sinnvoll, aber wir sind allmählich an einem Punkt, an dem wir unsere Zukunftsfähigkeit durch Regelmetastasen bedrohen.

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Warum lassen wir das zu? Die Regelungswut erstickt Unternehmertum und Kreativität, zwei wertvolle Ressourcen, von denen wir in Deutschland so dringend mehr brauchten. Das Problem ist aber: Jede Regel vertritt ein berechtigtes Interesse. Regeln sind entstanden, weil Mängel wahrgenommen wurden, die wir durch neue Regeln zu beseitigen glauben.

Wir können kaum akzeptieren, dass es Bereiche gibt, in denen der Staat sich nicht einmischt, denn: Dort könnte es ein Risiko geben, dort könnte es Nachteile geben, aber eben auch ganz viel Positives, Kreativität. Freiräume haben immer zwei Seiten, und mir scheint es, als würden wir häufig nur die schlechte sehen.

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Bürokratie ist eine Form der Sicherheit. Gleichzeitig sehen wir den Wald vor lauter Regelbäumen nicht mehr. Wir verlieren uns im Klein-Klein und vernachlässigen das große Ganze. Die Bürokratie soll uns dienen, aber mittlerweile dienen wir der Bürokratie. An diesem Punkt fängt es an, Unternehmertum zu zerstören.

Unternehmertum erfordert Außergewöhnliches. Dafür braucht es Räume, in denen Dinge einfach passieren können. Ergebnisoffene Kreativität. Aber statt sich dieser zu widmen, widmet man sich in seinem Unternehmeralltag der Frage, wie man möglichst nichts falsch macht. Meine einzige Forderung für 2023 wäre eine neue, aber vorerst letzte Regel. Sie enthielte nur zwei Bedingungen: keine neuen Regeln mehr. Und wenn, dann nur, wenn eine andere dafür weicht.

Vivien Wysocki ist Gründerin des Modelabels saint sass, politisch engagiert und arbeitet als internationales Model. Sie studierte Medienmanagement in Hannover und lebt in Berlin. Im Wechsel mit anderen Autorinnen schreibt sie die RND-Kolumne „Chefinnensache“ über Gleichstellung, Digitalisierung und den weiblichen Blick auf die Wirtschaft. Alle bisherigen Beiträge finden Sie hier.

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