US-Behörde prüft Sanktionsverstöße

Wie umtriebige österreichische Banker in Russland Kasse machen

Eine Filiale der Raiffeisenbank in Moskau.

Eine Filiale der Raiffeisenbank in Moskau.

Johann Strobl, seit 2017 Vorstandsvorsitzender der in Wien ansässigen Raiffeisen Bank International (RBI) AG, erhielt im Januar Post aus Amerika. Es drohte Ärger.

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Doch das Schreiben der US‑Behörde Office of Foreign Assets Control (Ofac) enthielt eine Art Fragebogen ganz „allgemeiner Natur“, der darauf abzielte, „das Zahlungsverkehrsgeschäft und die damit verbundenen Prozesse der RBI im Lichte der jüngsten Entwicklungen in Bezug auf Russland und die Ukraine zu klären“, wiegelte eine Banksprecherin damals auf Nachfrage der Nachrichtenagentur Reuters ab.

Tatsächlich ging es um das Russland-Geschäft der zweitgrößten österreichischen Bank, um mögliche Sanktionsverstöße. Aus Sicht des Kreditinstituts (Platz 114 im Ranking der „Top 1000 World Banks“) sei alles ganz normal: Man kooperiere in vollem Umfang mit den US‑Behörden und stelle mit Überwachungs­instrumenten sicher, dass die Sanktionen eingehalten werden.

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Was beruhigend klingen sollte, verstörte aber die europäischen Finanzaufsichtsbehörden, die für die Über­wachung der Bank zuständig sind. Denn die Gefahr einer Verhängung von Sanktionen steht durchaus im Raum. Und damit Schaden für einen der größten Kreditgeber des Landes, der auch für die österreichische Wirtschaft enorm wichtig ist.

1,5 Milliarden Euro Zinserträge

Auf einer Pressekonferenz Ende Januar konnte Vorstandschef Strobl noch stolz verkünden, die Zinserträge der Bank hätten im abgelaufenen Jahr 1,5 Milliarden Euro erreicht, die Provisionserträge rund 2 Milliarden Euro. Das Russland-Geschäft steuerte 2021 mehr als die Hälfte zum Milliardengewinn des Wiener Geldhauses bei. Man „lukriere“ einen „enormen“ Liquiditätszufluss und profitiere von der Aufwertung des Rubels, so Strobl. Mit 2,06 Milliarden Euro sei der Gewinn der Bank in Russland 2022 viermal so hoch gewesen wie im Vorjahr, kritisierte die Initiative B 4 Ukraine (Business for Ukraine).

Blöd nur: Der Profit darf nicht abfließen, sondern muss in Russland bleiben.

Tatsächlich ist die Raiffeisen Bank International in Russland eines der wenigen Institute, die noch an Swift teilnehmen dürfen, dem internationalen Zahlungsverkehr. Was laut der britischen „Financial Times“ dazu führt, dass die Bank mittlerweile „40 bis 50 Prozent aller Geldflüsse zwischen Russland und dem Rest der Welt“ abwickle.

Der Verdacht: Während sich andere Geldinstitute brav an die von der EU verhängten Sanktionsmaßgaben hielten, machen die Österreicher in Putins Reich Kasse. Und selbst wenn sie derzeit keine Gewinne abführen dürfen, so halten sie die Stellung und bringen sich für die „Zeit danach“ in Stellung. Fest steht: Die Bank, die seit 1996 in Russland aktiv ist, hat im Kriegsjahr 2022 noch besser als sonst verdient.

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Wirtschaftsminister Habeck will Umgehung von Russland-Sanktionen erschweren
23.02.2023, Berlin: Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundeswirtschaftsminister, beantwortet in seinem Ministerium Fragen von Journalisten zu seiner Ankündigung, die Umgehung von Russland-Sanktionen zu erschweren. Seit dem Angriff auf die Ukraine ist Russland mit weitreichenden Handelssanktionen belegt. Habeck schlägt ein Maßnahmenpaket auf nationaler und EU-Ebene vor, damit Sanktionen nicht mehr umgangen werden. Foto: Wolfgang Kumm/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine gelangen sanktionierte Güter nach Russland.

Und finanziert sie obendrein Putins Angriffskrieg? Die Raiffeisen Bank International ist tief in das Finanz­system Russlands eingebettet und neben der italienischen Unicredit nur eine von zwei ausländischen Banken auf der Liste der 13 systemrelevanten Kreditinstitute. Sie betreibt 127 Filialen im Land und betreut 3,2 Millionen Kundinnen und Kunden. Für Aufregung sorgte zuletzt ein Kredit-Moratorium für russische Soldaten, zu dem in Russland tätige Banken seit September gesetzlich verpflichtet sind.

Es gibt keine Kunden aus dem Militär, die von der Raiffeisenbank finanziert werden.

Christof Danz, Raiffeisen Bank International

Was bedeutet: Soldaten, die in der Ukraine kämpfen, erhielten einen Zahlungsaufschub für Kredite. Banken seien verpflichtet, die gesamten Schulden zu erlassen, wenn die Soldaten sterben oder verstümmelt werden. „Es gibt keine Kunden aus dem Militär, die von der Raiffeisenbank finanziert werden“, zitiert indes der „Tages­spiegel“ den RBI‑Sprecher Christof Danz. Und nach Angaben von Raiffeisen seien nur 0,2 Prozent seiner russischen Kredite von dem „staatlich verordneten Kreditmoratorium“ betroffen, die Summe sei „vernach­lässigbar“.

Die Ukraine, in der die Bank auch Hunderte Filialen hat, übt massiven Druck aus, damit die Bank Russland verlässt.

Die RBI teilte Reuters weiter mit, sie kooperiere in vollem Umfang und sie verfüge über Prozesse, die sicherstellen, dass sie die Sanktionen einhalte. „Die RBI kooperiert in vollem Umfang mit der Ofac in Bezug auf deren Anfrage und ist zuversichtlich, dass die der Ofac zur Verfügung gestellten Informationen deren Anfrage erfüllen werden“, so die Bank.

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Karl Sevelda (l.), der damalige Vorstandsvorsitzende der Raiffeisen Bank International AG (RBI), 2016 zusammen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau.

Karl Sevelda (l.), der damalige Vorstandsvorsitzende der Raiffeisen Bank International AG (RBI), 2016 zusammen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau.

„Im vollen Umfang“ vielleicht, aber nicht mit maximalen Tempo. Man habe die US‑Behörde um Fristaufschub gebeten. Nicht wie gefordert bis Februar wolle man das Schreiben beantworten, zitierte Reuters eine „mit der Angelegenheit vertraute Person“ – sondern in drei Schritten bis spätestens Juni.

Auf Medienanfragen hieß es stets, dass man alle Optionen bis hin zu einem sorgfältig gesteuerten Ausstieg aus dem Land prüfe – seit nunmehr elf Monaten. Ein Rückzug wäre aber „komplex und langwierig“, heißt es. Dazu komme, dass sich die „Rahmenbedingungen ständig ändern“.

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Das alles klingt wie ein Spiel auf Zeit. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass die US‑Behörde tatsächlich zum schärfsten Schwert greift und Sanktionen verhängt – im schlimmsten Fall würde der Zugang zum US‑Markt verwehrt – seien gering, sagen Insider. Die Ofac tat das bislang nur gegen fünf große russische Banken, darunter die staatlich unterstützte Sberbank. 2018 verhängte die Behörde Sanktionen gegen die lettische ABLV Bank, die drittgrößte Bank des Landes, aufgrund von Bedenken über illegale Aktivitäten in Verbindung mit Aserbaidschan, Russland und der Ukraine, was zur Liquidation der Bank führte, wie die „Wirtschaftswoche“ berichtet.

Frühes Stadium der Untersuchung

Grundsätzlich befindet sich die US‑Behörde demnach in einem frühen Stadium der Untersuchung. Bei Verstößen kann die Behörde auch Geldstrafen verhängen und Verwarnungen aussprechen. Ein schärferes Sanktionsinstrument ist zum Beispiel das Einfrieren von US‑Vermögenswerten.

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Aussagen eines mit der Angelegenheit vertrauten österreichischen Staatsbediensteten, der nicht namentlich genannt werden wolle, legen laut „Wirtschaftswoche“ nahe, dass die RBI schon früher wegen ihrer Geschäfte im Visier der US‑Geldwäschebehörde war. Auch soll es in der Vergangenheit wiederholt Verwarnungen gegeben haben – sanktioniert wurden die Wiener aber nie.

Gut möglich, dass es mehr Maßnahmen geben wird.

James O‘Brien,

US-Außenministerium

„Wir schauen uns weitere Banken und Finanzinstitute an, um zu sehen, wie Russland mit der Außenwelt finanziell verknüpft ist“, wird James O‘Brien, im US‑Außenministerium für die Koordinierung der Sanktionen zuständig, von Reuters zitiert. Bislang habe man rund 80 Prozent der Vermögenswerte im russischen Bankensektor festgesetzt. O‘Brien: „Gut möglich, dass es mehr Maßnahmen geben wird.“

RND/dpa/AP/stu

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