Nutzung, Chancen, Risiken: Das steckt hinter der Wasserstoffstrategie der Bundesregierung
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Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger für eine klimafreundlichere Zukunft.
© Quelle: Monika Skolimowska/zb/dpa
Die Bundesregierung hat die Nationale Wasserstoffstrategie beschlossen. Mit insgesamt neun Milliarden Euro sollen die Gewinnung und der Einsatz des Gases als klimafreundlicher Energieträger forciert werden. Geplant ist, dass hierzulande bis 2030 Erzeugungsanlagen mit einer Gesamtleistung von bis zu fünf Gigawatt entstehen. Noch einmal die gleiche Kapazität soll bis spätestens 2040 hinzukommen. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sprach von einem „doppelten Schub – für den Klimaschutz und die nachhaltige Erholung unserer Wirtschaft nach der Corona-Krise“.
Wasserstoff kann in Fahrzeugen und Heizungen eingesetzt werden
Die Regierung geht davon aus, dass der Wasserstoffbedarf in zehn Jahren bei 90 bis 110 Terawattstunden liegen wird. Das entspricht ungefähr einem Fünftel des gesamten gegenwärtigen Stromverbrauchs in Deutschland. Wasserstoff kann vielfältig genutzt werden. Er kann Erdgas bei vielen industriellen Prozessen ersetzen, genauso wie Kokskohle bei der Stahlerzeugung. Er kann in Fahrzeugen und Heizungen eingesetzt werden, die mittels Brennstoffzellen Strom erzeugen. Zudem ist es möglich, aus Wasserstoff und Kohlendioxid (CO2) synthetische Kraftstoffe herzustellen – vor allem für die Luftfahrt wird dies künftig wichtig werden, da es für Jets keine anderen alternativen Antriebsarten geben wird.
Die Regierung fokussiert sich auf grünen Wasserstoff, der CO2-neutral ist. Das bedeutet aber, dass große Mengen an Ökostrom hergestellt werden müssen, die in Elektrolyseanlagen Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegen. Als Stromlieferanten für hiesige Elektrolyseure sind vor allem Windkraftanlagen an Land und auf hoher See vorgesehen. Für die nächsten zehn Jahre sieht die Regierung aber auch Marktchancen für den sogenannten blauer Wasserstoff – dieser wird zwar aus fossilem Erdgas gewonnen, das dabei entstehende Kohlendioxid wird abgeschieden und unterirdisch gespeichert.
Einsatz von Wasserstoff ist umstritten
Experten sind sich einig, dass Wasserstoff für die Energiewende und den Klimaschutz in den nächsten Jahrzehnten eine wichtige Rolle spielen wird. Umstritten ist allerdings, wofür er eingesetzt und wo er hergestellt wird. So kritisiert Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Stadtwerke-Verbandes VKU, dass die Bundesregierung vor allem auf Importe setze. Stattdessen müssten „ambitioniertere Ausbauziele“ hierzulande anvisiert werden.
Auch die Umweltorganisation BUND bemängelt „eine hohe Importabhängigkeit“, da die erwartete Nachfrage erheblich über der geplanten nationalen Produktion liege. Diese Lücke könne nur durch einen deutlichen Ausbau der erneuerbaren Energien geschlossen werden. Die Deutsche Umwelthilfe betonte, grüner Wasserstoff sei zu wertvoll für eine Beimischung im Gasnetz und für die Nutzung in Heizungen und Pkw. Er dürfe nur dort eingesetzt werden, wo es keine Alternativen zu fossilen Energien gebe, etwa in der Industrie.
Die Internationale Energieagentur geht davon aus, dass grüner Wasserstoff im Vergleich zu Wasserstoff aus Erdgas im Jahr 2030 wettbewerbsfähig sein kann. Dafür muss elektrische Energie aber extrem preiswert hergestellt werden. Das ist nach derzeitigem Stand der Technik nur mit Sonnenstrom möglich, der beispielsweise in Südspanien oder Nordafrika erzeugt wird.