Munich Re trotzt allen Krisen und will mehr
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Der Assekuranzriese Munich Re will seine Miliiardengewinne 2023 ungeachtet aller Krisen weiter kräftig steigern.
© Quelle: Peter Kneffel/dpa
München. Die Welt scheint aus den Fugen. Krieg, Erdbeben oder Inflation treffen vor allem Menschen hart, aber in zweiter Linie auch Finanzmärkte und damit große Kapitalsammelstellen wie Versicherer. Den Münchner Branchenriese Munich Re ficht das aber nicht an. „Die Assekuranz muss solchen Katastrophen widerstehen, wir haben widerstanden“, sagt Konzernchef Joachim Wenning zur Bilanzvorlage in München. Seine Branche sei als Risikoschützer gerade gefragt wie nie. Im Vorjahr hat sich das erkennbar bezahlt gemacht. Mit 3,4 Milliarden Euro haben die Bayern nicht nur eine halbe Milliarde Euro mehr verdient als 2021. Sie liegen auch 100 Millionen Euro über der zuletzt nach oben korrigierten Prognose. „Wir sind heute zuversichtlicher als vor ein, zwei Jahren“, betont Wenning.
Da wäre die Inflation, die Verbrauchern viel Kaufkraft raubt. Ein Versicherer mit großer Marktmacht und Stabilität erhöht einfach die Preise. Bei der jüngsten Erneuerungsrunde Anfang 2023, wenn im jährlichen Turnus Versicherungsverträge in der Branche neu vereinbart werden, konnte Munich Re im Schnitt um 2,3 Prozent steigende Prämien durchsetzen – und zwar auf risikoadjustierter Basis, erklärte Wenning. Das heißt, Inflation und absehbar steigendes Risiko etwa bei Naturkatastrophen durch den Klimawandel sind schon eingepreist. „Die 2,3 Prozent sind dann gleichbedeutend mit Margenerhöhung“, versichert der Munich-Re-Chef.
„Naturkatastrophen sind eine unserer profitabelsten Sparten“
Sein Haus könne sich abzeichnenden Risiken im Gegensatz zu so manchem Konkurrenten vorausschauend richtig einschätzen und habe in den letzten fünf Jahren mit Prognosen stets richtig gelegen. „Naturkatastrophen sind eine unserer profitabelsten Sparten“, freut sich Wenning deshalb.
Wegen des Kriegs in der Ukraine wiederum hat sein Haus bislang nur knapp eine halbe Milliarde Euro zurückgestellt. Das erscheint angesichts der enormen Schäden gering. Aber Kriegsrisiken sind in den meisten Policen ausgeschlossen. Zumindest ist umstritten, was im aktuellen Fall von Policen abgedeckt ist. Am ehesten zur Kasse gebeten werden dürfte die Assekuranz und damit auch eines ihrer globalen Schwergewichte wie die Munich Re bei in Russland gestrandeten Flugzeugen westlicher Leasinggesellschaften. Hier könnte es um mehrfache Milliardensummen gehen. „Aber es dauert viele Quartale oder Jahre, bis das ausgefochten ist“, sagt Wenning zu den diesbezüglichen Streitigkeiten.
Zahl der Toten nach Erdbeben in der Türkei und Syrien steigt auf über 40.000
Es gibt auch gute Nachrichten. Mehr als eine Woche nach der Katastrophe werden noch Überlebende in den Trümmern gefunden.
© Quelle: Reuters
2023 soll 4 Milliarden Euro Gewinn bringen
2022 konnte die Munich Re zudem viel hochprofitables Neugeschäft zeichnen. Die Bruttobeitragssumme, zu der auch die heimische Tochter Ergo beiträgt, stieg um außergewöhnliche 7 auf 48 Milliarden Euro. Dieses operative Geschäft durch den Verkauf von Policen hat auch Rückgänge im Kapitalanlageergebnis von fast zwei Drittel auf 4,9 Milliarden Euro überkompensiert. Dabei haben die Münchner teilweise ganz bewusst in neue, nun höher verzinsliche Anlagen umgeschichtet und dabei einmalige Veräußerungsverluste in Kauf genommen.
In Folgejahren wird sich das bilanziell bezahlt machen. „Wir haben 3,9 Prozent Wiederanlagerendite erzielt, zu so hohen Zinsen haben wir schon lange nicht mehr angelegt“, freute sich Munich-Re-Finanzchef Christoph Jurecka. Er und Wenning sind deshalb sicher, im laufenden Jahr rund 4 Milliarden Euro Jahresüberschuss erzielen zu können und damit noch einmal 600 Millionen Euro mehr als im schon erfolgreichen 2022.
Versicherer und Kapitalanleger
Versicherer stehen bei wetterbedingten Naturkatastrophen als Risikoträger und Kapitalanleger im Fokus. Eine Energiewende beschleunigen und damit dämpfend auf den Klimawandel einwirken können sie als Anbieter von Versicherungen, indem fossile Energieträger keine Policen mehr erhalten sowie als Anleger, wenn gezielt grüne Energien gefördert und fossilen Energien Anlagegelder entzogen werden. Munich Re ist in beiderlei Hinsicht aktiv. Seit 2019 haben sie ihre Kapitalanlagen in treibhausgasträchtige Industrien um fast die Hälfte reduziert. In erneuerbare Energien wurden dagegen allein 2022 700 Millionen Euro mehr auf nun 2,4 Milliarden Euro investiert. Dazu kommen je ähnliche Summen für grüne Anleihen und klimazertifizierte Gebäude sowie 1,5 Milliarden Euro an Forstinvestitionen. Munich Re versichert auch immer weniger fossile Industrien. Bei der Öl- und Gasindustrie ist der Rückgang mit 40 Prozent seit 2019 am deutlichsten.
Aktionäre streichen dafür eine um 5 Prozent auf 11,6 Euro je Aktie erhöhte Dividende ein und können sich zudem über Kurspflege freuen. Dafür sorgt ein neues Aktienrückkaufprogramm von einer Milliarde Euro. Für das jüngste Erdbeben in der Türkei und Syrien sieht Jurecka eine Schadenlast von einer mittleren dreistelligen Millionensumme auf sein Haus zukommen, was Munich Re problemlos wegstecken kann. Auch für einen eventuellen Zukauf fühlt man sich finanziell zusätzlich gerüstet, falls sich eine Gelegenheit auftut. „Viel besser könnte der Ausblick nicht sein“, findet Jurecka und wirkt dabei trotz aller aktuellen Krisen entspannt.