Ladeinfrastruktur, sauberer Strom: Bei der E-Mobilität hapert’s noch mit dem Klimaschutz
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Klappt's mit dem Laden oder klappt's nicht? Der Gang zur E-Zapfsäule gleicht häufig einem Vabanquespiel.
© Quelle: Zacharie Scheurer/dpa-tmn
Das Elektroauto hat seinen Siegeszug angetreten. Daran gibt es kaum einen Zweifel. Die Hersteller bringen laufend neue Modelle auf den Markt. Deutschland ist inzwischen der größte Produzent von E-Autos in Europa. Die Akzeptanz für die neue Antriebstechnologie wächst. Wer aber genauer hinschaut, kommt um eine Tatsache nicht herum: E-Autos sind gegenwärtig noch nicht in der Lage, den Verbrennungsmotor nachhaltig zu ersetzen. Vor allem beim Thema Klimaschutz, also dort, wo der elektrische Antrieb am meisten Pluspunkte einfahren soll, gibt es Defizite. Was nicht allein an der Technologie liegt.
E-Fahrzeuge schleppen einen gut gefüllten CO₂-Rucksack mit sich
Autos mit einem rein elektrischen Antrieb fahren lokal emissionsfrei. Daran gibt es nichts zu rütteln. Und die Anlieger an den Hauptverkehrsadern in den Großstädten werden für jedes E-Auto mehr, das nicht ihre Atemluft verpestet, dankbar sein. Doch damit hat es sich bereits mit der positiven Klimabilanz. Denn trotz aller freundlichen Prognosen für die Zukunft trägt ein E-Auto bekanntlich einen bereits gut gefüllten CO₂-Rucksack mit sich, bevor es auch nur einen Meter gefahren ist: Für die Produktion der Lithium-Ionen-Akkus werden nicht nur seltene Rohstoffe und viel Wasser benötigt, es wird auch jede Menge Kohlendioxid in die Luft geblasen – die tatsächliche Menge hängt von der Größe der Batterie und dem eingesetzten Strommix ab. Verschiedene Studien kommen hier je nach Auftraggeber zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen.
Der Strommix ist es dann auch, der die CO₂-Bilanz eines Autos in den kommenden Jahren beeinflusst. Nach Angaben des Umweltbundesamtes vom Februar dieses Jahres belief sich der Anteil der erneuerbaren Energien (Stand 2020) beim Bruttostromverbrauch in der Bundesrepublik auf 45,4 Prozent und hat sich damit in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Auf den ersten Blick eine gute Nachricht, so scheint es. Doch beim zweiten Blick relativiert sich diese Zahl. Das Umweltbundesamt schreibt: „Der Verkehrssektor ist der Bereich mit dem geringsten energetischen Anteil an erneuerbaren Energiequellen. Einschließlich des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien im Schienen- und Straßenverkehr belief sich der Anteil im Jahr 2020 auf 7,3 Prozent.“ 7,3 Prozent? Das ist mager.
VW-Chef kritisiert Kohlepolitik
Selbst VW-Konzernboss Herbert Diess, bekanntlich einer der größten Befürworter der E-Mobilität, kritisierte kürzlich: „Wir können die Klimaziele erreichen, wenn wir weltweit die Kohleförderung stark begrenzen und nicht ausbauen. Es werden aber 500 neue Kohlekraftwerke gebaut und 500 neue geplant. Die Bundesregierung könnte hier auch international deutlich mehr Einfluss ausüben. Stattdessen wird in Deutschland immer noch der Kohleabbau steuerlich gefördert. Das ist nicht konsequent.“ Im sogenannten Energieübergangsindex liegt die Bundesrepublik im Ranking auf Platz 17.
Doch die Klimabilanz ist nicht das einzige Problem, mit denen Elektroautos zu kämpfen haben. Zwar versprechen Stromverbräuche und Batteriegrößen in neuen Modellen inzwischen Reichweiten, die annähernd an die von Verbrennern herankommen. Doch mit der Ladeinfrastruktur hapert es nach wie vor. Es gibt zwar inzwischen eine Menge Ladesäulen über ganz Europa verteilt, doch die Ladeleistung ist ganz unterschiedlich und nicht eben unproblematisch.
Schnellladesäulen versprechen Nachladezeiten, die sich mit der berühmten Tasse Kaffee überbrücken lassen, können jedoch bei häufiger Benutzung die Batterie schädigen und geben ihre volle Ladeleistung nur bei teuren E-Autos ab. Bei Ladesäulen mit einer Leistung von 22 kW dauert das Nachladen von rund 300 Kilometern eben länger als drei Stunden – viel Zeit für viele Tassen Kaffee.
Wenn man wie ein Depp vor der Ladesäule steht
Auch wenn sich Ladesäulen heute kinderleicht über nahezu jedes Smartphone finden lassen oder über das Navigationssystem des Autos ausgeworfen werden, heißt es noch lange nicht, dass sie in Betrieb sind, wenn man den Stecker einstöpselt. Wenn es ganz dumm läuft, steht man wie ein Depp davor – alles richtig gemacht und doch kein Strom. Beteuerungen, alles werde bald besser, gibt es viele, doch die Umsetzung läuft schleppend. Glücklich ist dagegen derjenige, der mit einer Photovoltaikanlage zu Hause seinen eigenen Strom produziert und damit umsonst und klimaneutral lädt. Bloß: Mit auf Reisen kann der die Anlage auch nicht nehmen.
Unterm Strich eignen sich E-Autos bei allen Argumenten für die Technologie momentan in erster Linie als Fahrzeuge für den Einsatz in der häuslichen Umgebung – das Wort dafür ist Zweitwagen. Geht die Fahrt ein wenig weiter, wird in den meisten Haushalten doch der Verbrenner gestartet. Womit sich teilweise auch die Jahr für Jahr anwachsende Zahl neuer Autos in Deutschland erklären lässt. So lässt sich die Verkehrswende jedenfalls nicht bewerkstelligen.