Kupfer, Alu oder Holz: Warum in der Corona-Krise auf einmal viele Rohstoffe knapp sind

Im Hamburger Hafen wird ein Schiff entladen. Aufgrund diverser Lieferkettenprobleme und Rohstoffmangel drohen weltweit Knappheiten.

Im Hamburger Hafen wird ein Schiff entladen. Aufgrund diverser Lieferkettenprobleme und Rohstoffmangel drohen weltweit Knappheiten.

Die Analysten der Bank of America haben gerade einen neuen „Superzyklus“ für Grund- und Rohstoffe ausgerufen. Sie meinen damit, dass bei einer ganzen Reihe von wichtigen Materialien über Jahre Knappheit herrschen wird. Das Muster­beispiel ist Kupfer. Der Preis des rötlichen Metalls hat sich in den vergangenen zwölf Monaten nahezu verdoppelt. Er notiert aktuell mit umgerechnet rund 8500 Euro pro Tonne nahe am historischen Höchstwert. Und das alles trotz einer globalen Pandemie, die die wirtschaftlichen Aktivitäten zeitweise heftig gebremst hat. Doch Kupfer wurde auch – oder gerade – in den Zeiten der härtesten Lockdowns benötigt.

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Und zwar in allen elektrischen und elektronischen Geräten, weil die Nachfrage nach Laptops, Smartphones, Routern oder Bildschirmen stark gestiegen ist, da überall auf der Welt Angestellte Homeoffices eingerichtet haben. Jim Currie, Roh­stoff­experte der US-Bank Goldman Sachs, prognostizierte gerade in einem Interview mit Bloomberg TV: „Kupfer ist das neue Öl.“ Also ein Stoff, ohne den künftig gar nichts mehr geht.

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Preis von Kupfer: Bank of America erwartet Verdopplung innerhalb von drei Jahren

Zugleich sind die großen Minenkonzerne noch immer zurückhaltend, was Investitionen und die Steigerung des Outputs angeht. Sie haben allesamt schwere Jahre hinter sich, sind nach dem Ausbruch der Pandemie noch einmal vorsichtiger geworden und wollen sich nicht die hohen Preise nebst entsprechenden Renditen selbst kaputt machen. Currie prognostiziert, dass das Ungleichgewicht bei Angebot und Nachfrage von dauerhafter Natur sein könnte. Die Bank of America erwartet, dass sich der Preis in den nächsten drei Jahren noch einmal auf dann um die 17.000 Euro verdoppeln wird.

Allerlei Gerätschaften könnten für die Kunden teurer werden und/oder Gewinne in der Elektro- und Hightechindustrie spürbar schrumpfen. Mehr noch: Eine aktuelle Umfrage des Münchener Ifo-Instituts hat ergeben, dass Knappheit bei einer ganzen Reihe von sogenannten Vorprodukten „zu einem ernsthaften Problem“ geworden ist. Fast jeder zweite Industrie­betrieb berichtete jüngst von Engpässen. Das sei der mit Abstand höchste Wert seit Januar 1991. Ifo-Experte Klaus Wohlrabe: „Dieser neue Flaschenhals könnte die Erholung der Industrie gefährden.“

Halbleitermangel kann Produktionen lahmlegen – Kölner Ford-Werk dicht

Sehr eng ist es bei Computerchips. Knapp waren zunächst die simplen unter den Halbleitern, doch inzwischen herrscht auch bei komplexen Logikchips Mangel. Auch hier wurde die Nachfrageentwicklung nach dem Pandemieeinbruch zunächst von vielen Akteuren unterschätzt. Das ist fatal, weil es nur wenig Flexibilität gibt. Die Fertigungsprozesse sind extrem komplex, und die Produktionsstätten müssen stetig ausgelastet sein, um rentabel zu sein. Kurzfristig kann der Output nicht hoch­gefahren werden.

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Durch den Halbleitermangel würden Lieferketten zerstört und die Produktion zahlreicher elektronischer Geräte werde in diesem Jahr „stark beeinträchtigt“, sagt Kanishka Chauhan vom US-Marktforscher Gartner. Er erwartet, dass sich die Lage erst im zweiten Quartal 2022 wieder normalisiert. Das trifft Computer- und Smartphonehersteller und ist hierzulande vor allem für die Autoindustrie eine Hiobsbotschaft. In einem Pkw werden heutzutage Hunderte von Chips verbaut. Fehlen sie, stockt die Montage. Schon jetzt wird in vielen hiesigen Fabriken die Produktion immer wieder unterbrochen. Bei Ford in Köln läuft bis Mitte August gar nichts. Wie ernst die Lage ist, lässt sich daran ablesen, dass Manager schon darüber nachdenken, zwischenzeitlich auf Pkw mit weniger Elektronik umzusatteln.

Doch der Flaschenhals macht sich laut Ifo derzeit auch bei den Herstellern von Gummi- und Kunststoffwaren heftig bemerkbar. Laut Branchenverband GKV mangelt es an so gut wie allen Rohstoffen. Es werde zu wenig Material geliefert. Das bekommen dann selbst Branchen wie die Süßwarenindustrie zu spüren, wo es an Verpackungsmaterial fehlt. Die Gründe: In den USA sind wegen des heftigen Wintereinbruchs vor einigen Wochen große Kunststoffwerke ausgefallen – und es kann noch Monate dauern, bis sie wieder mit Volllast produzieren können.

Produktion von Fahrrädern stockt: Verbraucher müssen mit Wartezeiten rechnen

In normalen Zeiten wäre das zu verschmerzen. Aber es kommt hinzu, dass vor allem in China die Konjunktur heftig anzieht. Deshalb werden Schiffe, die mit Basismaterialen für die Kunststoffindustrie beladen sind, gen Asien umgesteuert. Und: Das Transportieren hat sich in den vergangenen Monaten verteuert – teilweise um das Zehnfache. Reedereien hatten Kapazitäten gekürzt, weil sie unterschätzt hatten, wie schnell sich die Wirtschaft wieder erholt.

Bei solchen Aufschlägen ist es bei vielen Produkten kaum noch rentierlich, sie um die halbe Welt zu schicken. Die Konsequenzen haben viele Verbraucher zu spüren bekommen, die sich in den vergangenen Wochen beispielsweise Fahrräder kaufen wollten. Die Rahmen und Komponenten, die zum allergrößten Teil in Asien gefertigt werden, sind zu echter Mangelware geworden. Die Wartezeiten für ein Komplettrad machen nach Angaben von Herstellern bis zu sechs Monate aus. Auch auf so simple Dinge wie Ketten und Ritzel muss häufig viele Wochen gewartet werden – und das alles in einer Phase, da der Dauerfahrradboom wegen Corona und der geringen Ansteckungsgefahr auf dem Velo noch einmal zusätzlich Fahrt aufgenommen hat.

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Preistreibend wirkt ferner, dass Stahl und Aluminium, die wichtigsten Vorprodukte für die Bikefertigung, ebenfalls mehr kosten. Da kommt ins Spiel, was eigentlich fürs Radeln spricht: der Klimaschutz. Goldman-Sachs-Experte Currie hat darauf aufmerksam gemacht, dass China als weltweit wichtigster Produzent von Stahl und Aluminium die Produktion trotz steigender Nachfrage drosselt. Grund dafür sei, dass die Regierung die CO₂-Emissionen schnell drücken wolle – und die Gewinnung der beiden wichtigsten Industriemetalle gehört nun mal zu den energieaufwendigsten Verfahren in der Industrie: Bei der Stahlerzeugung wird Kohle in den Hochöfen zwingend benötigt, der Strom für die Aluminiumproduktion kommt in China vor allem aus Kohlekraftwerken.

Bidens US-Konjunkturpaket treibt Preis für Holz in die Höhe

Mit dem Klimaschutz hat auch die Kupferhausse zu tun. Nur mit dem Rotmetall können Elektroautos, Solaranlagen und Windräder funktionieren. Zudem wurden nach den Berechnungen der Analysten von Bloomberg New Energy Finance bereits im vorigen Jahr weltweit 1,9 Millionen Tonnen Kupfer für den Ausbau von Stromnetzen verbaut, zumeist im Zusammenhang mit Projekten für erneuerbare Energien. BNEF rechnet hoch, dass sich der globale Bedarf an Kupfer bis 2050 verdoppeln wird – deshalb Curries Slogan vom neuen Öl.

Neben China spielen bei alldem die USA eine zentrale Rolle: Präsident Joe Biden hat mehrere Konjunkturprogramme mit einem Volumen von mehreren Billionen Dollar auf den Weg gebracht, die die regenerative Energie voranbringen, die Infrastruktur erneuern und die private Nachfrage ankurbeln sollen. Und schon ist der Preis für einen eher profanen Stoff durch die Decke gegangen: Holz.

Es ist in den USA das wichtigste Material zum Bauen von Eigenheimen. Normalerweise ist das Angebot groß. Doch die USA sind von einem Exporteur zu einem Importeur geworden, „wegen der immensen Waldbrände im vergangenen Jahr und wegen des Bergkiefernkäfers in Kanada, der dort riesige Wälder befallen hat“, so die DZ-Bank in einer aktuellen Studie.

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Handwerker bekommen höhere Holzpreise zu spüren – Bauverzögerungen möglich

An der Chicagoer Rohstoffbörse wird Bauholz gerade zu einem Preis gehandelt, der fünfmal so hoch wie vor einem Jahr ist. Kein Wunder, dass viele deutsche Sägewerke nur noch für den US-Markt arbeiten. Das verknappt das Angebot hierzulande. Im März lagen laut DZ-Bank die Preise, die Säge-, Hobel- und Imprägnierwerke verlangen, um 14 Prozent höher als zwölf Monate zuvor. Noch gebe es nur eine Verteuerung, jedoch keinen echten Mangel. Aber: „Wenn die derzeitigen Rahmen­bedin­gungen gleich bleiben sollten, wird die Knappheit des Rohstoffs zunehmen. Und danach sieht es vorerst aus“, so die DZ-Bank-Experten.

Das wirkt mittlerweile auf die gesamte Baubranche. Die klagenden Rufe von Handwerkern werden immer lauter. Mehrere Wirtschaftsminister aus den Ländern haben bereits einen Exportstopp für deutsches Holz gefordert. Die DZ-Bank macht indes darauf aufmerksam, dass aufgrund der zugespitzten Lage in der Baubranche demnächst „durchaus Kurzarbeit“ möglich sein könnte. „Die Schwierigkeiten bei der Dachdeckerei und der Zimmerei könnten zudem für Verzögerungen beim weiteren Ausbau und bei der Baufertigstellung sorgen.“

Doch selbst ein höheres Angebot beim Holz werde kurzfristig kaum helfen, da die Verarbeitungsbetriebe und Handwerker ohnehin schon hochgradig ausgelastet seien. Der Preisdruck werde bestehen bleiben, und das werde auch höhere Mieten für Neubauwohnungen bringen.

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