Inflation über 5-Prozent-Marke – Linke fordert Entlastungen für Verbraucher

Ein Einkaufswagen mit Lebensmitteln wird durch einen Supermarkt in Hannover geschoben (Symbolfoto). Das Leben in Deutschland ist teurer geworden, die Inflationsrate steigt.

Ein Einkaufswagen mit Lebensmitteln wird durch einen Supermarkt in Hannover geschoben (Symbolfoto). Das Leben in Deutschland ist teurer geworden, die Inflationsrate steigt.

Frankfurt. Und wieder schnellt die Inflation nach oben. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag die Teuerung im November im Vergleich zum Vorjahresmonat bei 5,2 Prozent. Das ist der höchste Wert seit fast drei Jahrzehnten. Vor allem Kraftstoff, Heizöl und Gas verteuerten sich massiv. Die Statistiker haben hier ein Plus von mehr als einem Fünftel errechnet. Auch Nahrungsmittel legten deutlich zu.

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Seit Juli steigen die Preise immer stärker. Als offenbare Präventivaktion gegen die erwartbare Kritik an der Europäischen Zentralbank (EZB) hatten sich mehrere hochrangige Notenbanker und Notenbankerinnen schon vor der Verkündung der Zahlen geäußert. Kritiker fordern schon länger höhere Zinsen, um die Teuerung zu stoppen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde sagte aber im italienischen Fernsehen, die derzeit hohe Inflation sei verknüpft mit „temporären Phänomenen“.

Wobei die Preise für Benzin und Diesel hierzulande nach mehrjährigen Höchstständen, die Mitte November erreicht wurden, inzwischen wieder spürbar nachgegeben haben. Aber bei fossilen Kraftstoffen, bei Gas und Heizöl schlägt auch die Anfang des Jahres eingeführte CO₂-Bepreisung durch. Derzeit werden 25 Euro für jede Tonne Kohlendioxid erhoben, die in die Luft belassen werden. Im neuen Jahr gibt es einen weiteren Aufschlag auf 30 Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ist bei Kraftstoffen zudem zu beachten, dass damals die Mobilität der Menschen durch einen Lockdown deutlich gehemmt wurde.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Die aktuelle Inflation wird von alter und neuer Regierung massiv unterschätzt.“ Sie bedeute Sozialabbau und herbe Kaufkraftverluste für die Mehrheit der Bürger. Die Ampel müsse auf die Inflationsbremse treten. Der Koalitionsvertrag ignoriere diese Herausforderung. „Insbesondere bei den Energiepreisen kann und muss der Staat eingreifen. Hier braucht es vor dem Winteranfang Entlastungen beim Heizen, Strom und Tanken“, sagte Bartsch.

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EZB: Alles unter Kontrolle

Isabel Schnabel, Mitglied im EZB-Direktorium, betonte hingegen am Montagmorgen im ZDF, dass die Inflation ihren Höhepunkt nun wohl erreicht habe. Im neuen Jahr werde sie allmählich zurückgehen. „Und zwar in Richtung unseres Inflationsziels von 2 Prozent.“ Man könne keine Hinweise darauf sehen, dass da etwas außer Kontrolle gerate.

Wie ein automatischer Mechanismus wirkt dabei, dass die zeitweise Absenkung der Mehrwertsteuer Ende vorigen Jahres ausgelaufen war. Von Januar an ergibt sich beim Vergleich der Preise zum gleichen Monat des Vorjahres also ein höheres Ausgangsniveau. Dieser sogenannte Basiseffekt schlug im November noch bei vielen anderen Produkten durch. Der damalige Lockdown hatte vor allem den Konsum der Verbraucher gebremst und damit Preise gedrückt.

Ein weiterer wichtiger Faktor: Durch die gleichzeitigen Lockerungen in vielen Ländern im Sommer sprang die Nachfrage der Konsumenten und der Unternehmen gleichzeitig nach oben. Da das Angebot gar nicht so schnell hochgefahren werden konnte, legten die Preise für Vorprodukte und Grundstoffe heftig zu. Auch Computerchips wurden sehr rar. Autobauer mussten deshalb ihre Produktion drosseln, konnten aber die Pkw, die noch vom Band rollten, erstmals seit vielen Jahren ohne Rabatte verkaufen.

Indes melden sich immer mehr Experten zu Wort, die davon ausgehen, dass das hohe Preisniveau doch noch über einen längeren Zeitraum anhält. So macht etwa die Investmentbank Feri-Gruppe darauf aufmerksam, dass sich durch die Lockdowns enorme „überschüssige Ersparnisse“ angesammelt hätten. Im nächsten Jahr werde ein Teil davon „sukzessive konsumwirksam“, was die Nachfrage und damit die Teuerung anschieben werde. Zudem erwarten die Feri-Volkswirte als weiteren Preistreiber eine „positive Arbeitsmarktentwicklung“ und eine Inflation von 3 Prozent im nächsten Jahr.

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Allmähliches Abflachen der Teuerung im nächsten Jahr

Für das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) wirken derweil langfristig „die demografische Entwicklung, die Klimapolitik und die Intensität der internationalen Arbeitsteilung“ auf die Preisentwicklung, heißt es in einer aktuellen Studie. Die IW-Experten sehen deshalb die Gefahr einer anhaltenden Kombination aus schwachem Wachstum und relativ hoher Teuerung.

Sebastian Dullien, Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts IMK, macht hingegen darauf aufmerksam, dass „ohne den Effekt der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung und die Energiepreise die Inflation derzeit bei nur rund 2 Prozent läge“, sagte er dem RND. Er ist guter Dinge, dass die Teuerung im nächsten Jahr weiter abflacht – auf etwa 2 Prozent. Das könne sich aber bis in die zweite Jahreshälfte hinziehen.

Größere Sorgen bereitet Dullien die Konjunktur. Die Engpässe bei Vorprodukten entspannten sich nur allmählich. Und durch neue Beschränkungen für Gastronomie und Freizeiteinrichtungen sowie durch wachsende Furcht der Konsumenten vor Covid-Infektionen werde der Konsum gedämpft.

„Fürs Jahresendquartal rechnen wir derzeit nur noch bestenfalls mit einer Stagnation des Bruttoinlandsprodukts“, so Dullien. Für das erste Quartal 2022 komme es darauf an, wie schnell man die neue Corona-Welle in den Griff bekommen werde.

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