Der Ampel droht die vollständige Blockade
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Bundeskanzler Olaf Scholz spricht mit Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Berlin. Friedrich Merz war sich schon vor zwei Monaten sicher. „Wir haben ganz offensichtlich in Deutschland eine Regierungskrise“, hatte der Oppositionsführer Ende März anlässlich der Marathonsitzung des Koalitionsausschusses festgestellt. Damals galt die Einschätzung manchem als voreilig, doch nun mehren sich die Anzeichen, dass Merz seiner Zeit ein Stück voraus war.
Zwar war die Ampelkoalition nie Anwärterin auf einen politischen Schönheitspreis, inzwischen aber wachsen die Zweifel an der Politikfähigkeit des Bündnisses. Die einstigen Partner belauern sich in Misstrauen und Missgunst. Der Streit und die gegenseitigen Vorwürfe sind derart heftig, dass eine Blockade der gesamten Regierungspolitik droht.
Keine Zeit für eine Regierungskrise
Dass mangelnde Wertschätzung und fehlendes Vertrauen eine Regierung weitgehend lahmlegen können, haben Union und SPD in der vergangenen Legislaturperiode eindrucksvoll demonstriert. SPD, Grüne und FDP drohen diesen Zustand nun ebenfalls zu erreichen – allerdings um Jahre früher als die Vorgängerregierung. Das wäre eine Katastrophe, denn für zweieinhalb Jahre Stillstand sind die aktuell zu bewältigenden Herausforderungen zu drängend.
Die Zahl der Flüchtlinge wächst, der Krieg in der Ukraine tobt, der Klimawandel schreitet voran, die Bevölkerung wird immer älter, Fachkräfte fehlen und die ehemals erfolgreiche Exportindustrie verliert immer mehr den Anschluss.
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Öffentlicher Gegenwind führt zu politischer Amnesie bei der FDP
Angesichts der Größe all dieser Probleme erscheint der Heizungsstreit auf den ersten Blick klein. Und doch sollte man ihn nicht unterschätzen, denn das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck geplante weitgehende Einbauverbot für neue Öl- und Gasheizungen greift tief in die Eigentumsrechte der Menschen ein. Die Pläne lösen bei vielen Eigenheimbesitzern Angst vor finanzieller Überforderung aus, und das nicht ganz zu Unrecht. Kein Wunder also, dass sich die Kampagne gegen das Gesetz in weiten Teilen der Bevölkerung verfangen hat.
Der öffentliche Widerstand hat Wirkung gezeigt – vor allem auf die FDP. Die Liberalen können oder wollen sich plötzlich nicht mehr erinnern, dass auch sie sich zum grundsätzlichen Ziel der Wärmewende bekannt und sogar dem Instrument des Installationsverbot bestimmter Heizungstypen zugestimmt haben. Es nicht das erste Mal, dass öffentlicher Gegenwind zu politischer Amnesie führt.
Gleichzeitig gilt, dass Habeck und sein inzwischen zurückgetretener Staatssekretär Patrick Graichen mit dem Heizungsgesetz zu viel auf einmal wollten, und das dann auch noch handwerklich schlecht und unter zu hohem Zeitdruck umgesetzt haben. Pläne dieser Tragweite brauchen Vorlauf, Kommunikation und Kompensation. Nichts davon hatte das Duo Habeck/Graichen in ausreichendem Maße vorbereitet.
Wir haben ganz offensichtlich eine Regierungskrise.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz im März 2023
Man muss das Parlament nur machen lassen
Die Liberalen würden den Gesetzentwurf am liebsten zurück in das Wirtschaftsministerium schicken. Wegwerfen und neu schreiben – so stellt man sich das im Genscher-Haus vor.
Natürlich können und werden sich Grüne und SPD darauf nicht einlassen, zumal die Beratungen des Bundestages, die die Liberalen verhindern, ja die Chance böten, die Schwächen des Gesetzes zu heilen.
Das Parlament kann das nicht nur, es ist dazu sogar da. Man muss es nur lassen.