Griechenlands Wirtschaft startet durch

Ein Blick auf Container im Hafen von Piräus. Griechenland erholt sich viel schneller als erwartet von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie.

Ein Blick auf Container im Hafen von Piräus. Griechenland erholt sich viel schneller als erwartet von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie.

Athen. Die griechische Regierung hat ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr deutlich heraufgesetzt. Statt eines Plus von 3,6 Prozent erwartet man nun einen Zuwachs von 5,9 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt (BIP), sagte Premierminister Kyriakos Mitsotakis am Wochenende auf der Internationalen Messe im nordgriechischen Thessaloniki. Für 2022 setzt die Regierung sogar ein Plus von 6,2 Prozent an, für 2023 weitere 4,1 Prozent. Griechenland stehe „am Beginn eines bedeutenden Aufschwungszyklus“, glaubt Mitsotakis.

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Anlass für die Revision der Wachstumsprognose waren die jüngsten Konjunkturdaten der staatlichen Statistikbehörde Elstat. Sie meldete jetzt für das zweite Quartal ein Wirtschaftswachstum von 16,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.

Damit hat Griechenland zur Jahresmitte beim BIP bereits das Niveau vom Vorkrisenjahr 2019 übertroffen, anders als zum Beispiel Deutschland, Frankreich oder Italien. Der griechische Aufschwung ist solide. Er stützt sich vor allem auf steigende Investitionen und höhere Exporterlöse.

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Die jetzt auf 5,9 Prozent heraufgesetzte Wachstumsprognose der Regierung ist womöglich noch zu konservativ. Die Ratingagentur Scope erwartet sogar einen Wachstumsschub von 8,6 Prozent. Im dritten Quartal dürfte die griechische Wirtschaft vor allem vom Boom im Tourismus profitiert haben.

Die Reisebranche trägt in guten Jahren über 20 Prozent zum BIP bei und sichert jeden fünften Job. 2020 brachen Gästezahlen und Tourismuseinnahmen wegen der Pandemie um 75 Prozent ein. Das Comeback, das die Branche diesen Sommer erlebt, ist spektakulär. Inseln wie Mykonos und Santorin verzeichneten im August sogar mehr Besucher als im Rekordjahr 2019.

Nicht nur das steigende BIP signalisiert eine schnelle Erholung von der Pandemie. Auch die Beschäftigung profitiert. Im Juni 2021 gab es in Griechenland 53.400 mehr Jobs als 2019, vor Beginn der Pandemie. Der Aufschwung ist nicht zuletzt ein Ergebnis der Corona-Hilfen, mit denen die Regierung während der Pandemie strauchelnde Unternehmen stützte und gefährdete Arbeitsplätze sicherte. Über 40 Milliarden Euro hat die Regierung seit Beginn der Pandemie in Form von Subventionen, Zuschüssen und Darlehen in die Wirtschaft gepumpt. Das entspricht rund einem Viertel des letztjährigen BIP.

Die Staatsschulden sind gestiegen

Mehrausgaben und Steuerausfälle ließen die Staatsschulden seit Mitte 2020 von 362,8 auf 387,3 Milliarden Euro steigen. Der Schuldenberg wuchs von 180,5 Prozent des BIP Ende 2019 auf 205,6 Prozent Ende 2020. Drohen dem Land, das noch Mitte 2015 an Rand der Staatspleite stand, wegen der astronomischen Verschuldung neue Zahlungsschwierigkeiten? Die meisten Anleger und Analysten sehen diese Gefahr nicht.

Die Ratingagentur Scope stufte vergangenen Freitag Griechenlands Kreditwürdigkeit von „BB“ auf „BB+“ herauf. Damit gelten griechische Staatsanleihen zwar immer noch als „spekulative Anlage“ mit einem Ausfallrisiko. Griechenland rangiert nach dem Upgrade aber nur noch eine Stufe unter dem begehrten Status der investitionswürdigen Schuldner.

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Scope begründet die Heraufstufung unter anderem damit, dass nach den Rettungsaktionen während der Staatsschuldenkrise jetzt 85 Prozent der griechischen Staatsanleihen bei öffentlichen Gläubigern wie dem Euro-Stabilitätsfonds ESM liegen. Nicht nur das, sondern auch die langen Laufzeiten der griechischen Anleihen, deren Fälligkeit bei durchschnittlich 21 Jahren liegt, mindern das Ausfallrisiko.

Zur Beruhigung der Anleger trägt bei, dass die EZB im Rahmen ihres Notfall-Anleihekaufprogramms laufend griechische Schuldpapiere auf dem Sekundärmarkt kauft. Das stützt die Kurse und verbilligt die Kreditaufnahme. Anfang September nahm Griechenland mit fünf- und 30-jährigen Bonds 2,5 Milliarden Euro auf. Die Emission war siebeneinhalbmal überzeichnet. Die Ausgaberendite für das Fünfjahrespapier lag nur noch bei 0,02 Prozent. Damit zahlt Griechenland jetzt am Kapitalmarkt niedrigere Zinsen als jemals zuvor seit der Einführung des Euro.

Die Milliarden, die das Land bis 2026 aus dem Corona-Aufbaufonds der EU erwartet, dürften auch in den kommenden Jahren für ein solides Wirtschaftswachstum sorgen. Das wird die Schuldenquote drücken. Die Scope-Analysten erwarten bis 2026 einen Rückgang auf 186 Prozent des BIP. Das wäre dann zwar immer noch das Dreifache der im Stabilitätspakt genannten Obergrenze von 60 Prozent. Inzwischen liegt der Durchschnitt in der Eurozone allerdings bei rund 100 Prozent.

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