Vor Kreta: Griechenland geht auf die Suche nach Öl und Gas
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Offshore-Bohrplattformen vor der Küste der USA (Symbolbild).
© Quelle: Leonard Ortiz/Orange County Regi
Athen. Noch laufen die Gasheizungen in Griechenland. Aber wenn die Pipelines versiegen, die russisches Erdgas über die Türkei und Bulgarien nach Griechenland bringen, droht in Hellas ein Energienotstand. Die 540.000 privaten Haushalte, die mit Gas heizen, könnten das angesichts steigender Temperaturen vielleicht kurzfristig verkraften.
Aber ohne Gas gehen die Lichter aus: Im vergangenen Jahr kamen 54 Prozent der Nettostromerzeugung in Griechenland aus Gaskraftwerken. 2021 stammten 45,5 Prozent der griechischen Gasimporte vom Kremlkonzern Gazprom. Ohne russisches Gas müssten viele Kraftwerke vom Netz gehen. Bei den Erdöleinfuhren betrug der russische Anteil zuletzt 26 Prozent.
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Das bedeutet eine hohe Abhängigkeit. Deshalb will Griechenland die lange vernachlässigte Suche nach eigenen Öl- und Gasvorkommen neu aufnehmen. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis kündigte jetzt im Parlament an: „Wir werden unsere Aufmerksamkeit wieder auf die inländischen Gasvorkommen bei Kreta und im ionischen Meer richten.“ Einzelheiten werde die Regierung „in Kürze bekannt geben“, sagte Mitsotakis.
Das Interesse richtet sich vor allem auf die Seegebiete westlich und südwestlich von Kreta. Seismische Untersuchungen, die hier in den Jahren 2017 und 2018 durchgeführt wurden, lassen auf Erdgasvorräte von rund 280 Milliarden Kubikmetern schließen. Das wäre das 50-Fache des derzeitigen Jahresverbrauchs Griechenlands.
Eine Konzession für die Exploration und Förderung in den rund 40.000 Quadratkilometer großen Gebieten bei Kreta ging bereits 2017 an ein Konsortium, dem die Hellenic Petroleum sowie die Energiekonzerne Total und Exxon Mobil angehören. Öl und Gasvorkommen werden auch westlich der Inseln Korfu und Lefkas im ionischen Meer vermutet. Dort sucht ebenfalls Hellenic Petroleum.
In den vergangenen Jahren stockten die Explorationen
Schon ab 2014 begann die griechische Regierung mit der Vergabe von Konzessionen in diesen Gebieten. Die Explorationen stockten aber in den vergangenen Jahren. Die Gründe waren Einsprüche von Umweltschützern, Zweifel an einer wirtschaftlichen Förderung zu den damaligen Preisen und die stärkere Fokussierung der Politik auf eine klimaneutrale Energiepolitik. Einige Konzessionäre zogen sich deshalb ganz zurück.
Unter dem Eindruck des Krieges gegen die Ukraine macht die Regierung jetzt Tempo. Die Suche nach den Kohlenwasserstoffen ist aber zeitraubend. Zunächst sind weitere seismische Untersuchungen nötig. Sie werden zweieinhalb bis drei Jahre in Anspruch nehmen. Die ersten Bohrungen könnten nach Einschätzung von Experten 2025 oder 2026 niedergebracht werden.
Bis zum Beginn einer Förderung würden dann mindestens noch einmal drei bis fünf Jahre vergehen. Die Explorationen sind technisch anspruchsvoll. Das Meer ist hier 2500 bis 3500 Meter tief, und die vermuteten Gasfelder liegen noch einmal 1500 Meter unter dem Meeresboden.
Griechenland hat seine LNG-Importe gesteigert
Griechenland hat schon in den Monaten vor dem russischen Überfall auf die Ukraine begonnen, seine Gasimporte aus Russland deutlich zu reduzieren. Im Januar 2022 kamen nur noch 33 Prozent der Gaslieferungen von Gazprom gegenüber 45,5 Prozent im vergangenen Jahr. Möglich wurde das, weil Griechenland seine Importe von Flüssiggas (LNG) steigerte. LNG machte im Januar bereits 47 Prozent des griechischen Verbrauchs aus. Die restlichen 20 Prozent kamen über die Transanatolische Pipeline aus Aserbaidschan.
Die Öl- und Gassuche vor den griechischen Küsten soll aber keine Abkehr von den Klimazielen der Regierung signalisieren. Griechenland will bis 2025 aus der Kohleverstromung aussteigen und bis 2030 insgesamt 65 Prozent seines Strombedarfs aus erneuerbaren Energiequellen decken.