Globale Mindeststeuer: Neue Hoffnung auf einen fairen Wettbewerb

Janet Yellen (l.), Finanzministerin der USA, und Olaf Scholz (SPD), Bundesminister der Finanzen, haben sich für die nun eingeführte globale Mindeststeuer stark gemacht.

Janet Yellen (l.), Finanzministerin der USA, und Olaf Scholz (SPD), Bundesminister der Finanzen, haben sich für die nun eingeführte globale Mindeststeuer stark gemacht.

Frankfurt am Main. 130 Staaten haben sich auf eine Reform der internationalen Steuerregeln geeinigt. Damit soll sichergestellt werden, dass auch global agierende Konzerne künftig einen gerechten Beitrag zu den Staatshaushalten leisten. Besonders Tech-Giganten sollen zur Kasse gebeten werden. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) spricht von einem „kolossalen Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit“. Aber viele Fragen sind noch offen und die Effekte der geplanten Bestimmungen unklar. Wir erläutern, wo die Knackpunkte liegen.

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Wie fällt das Echo auf die Einigung aus?

Durchweg positiv. „Künftig können Facebook, Google oder Amazon nicht mehr die Staaten gegeneinander ausspielen, um sich der Finanzierung des Gemeinwohls, der Infrastruktur und des Klimaschutzes zu entziehen“, sagte Rolf Mützenich, SPD-Fraktionschef im Bundestag, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Wenn nun 130 Staaten einem Vorschlag von Olaf Scholz folgten, „ist das Verdienst eines jahrelangen Werbens für eine gerechte Besteuerung.“

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Die Einigung könne „einen Beitrag zu einem fairen Steuerwettbewerb leisten“, betonte Tobias Hentze, Steuerexperte des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), auf Anfrage des RND. Steuersätze nahe null seien nicht Sinn der Sache. Jahrelang haben sich viele Staaten einen Unterbietungswettbewerb geliefert. Hierzulande liegen die Gewinnsteuern bei knapp 29 Prozent.

Wie werden die Konzerne künftig zur Kasse gebeten?

Der Beschluss wird von zwei Säulen getragen. Erstens: Die Staaten haben sich geeinigt, auf die Gewinne von Unternehmen mindestens einen Steuersatz von 15 Prozent zu erheben. Dies soll laut Medienberichten aber nur für Firmen gelten, die jährlich mindestens 750 Millionen Euro einnehmen.

Zweitens: Künftig sollen Konzerne ihre Steuern nicht nur in dem Land zahlen, wo sie ihren Sitz haben, sondern zumindest auch einen Teil der Abgaben dort leisten, wo sie ihre Erlöse erzielen. Das soll für Gesellschaften gelten, die insgesamt mehr als 20 Milliarden Euro im Jahr umsetzen und einen Gewinn von mindestens zehn Prozent im Verhältnis zum Umsatz einfahren.

Welche finanziellen Effekte werden erwartet?

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Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) rechnet damit, dass durch die Mindeststeuer den Staaten zusätzliche Einnahmen von insgesamt rund 150 Milliarden Dollar pro Jahr zufließen. Hinzu kommen sollen rund 100 Milliarden Dollar, die in die Länder umgeleitet werden, wo die Firmen ihre Geschäfte machen. Mit dem Geld könnten die Staaten ihre Haushalte sanieren, in öffentliche Dienstleistungen und Infrastruktur investieren.

Experte erwartet kaum Mehreinnahmen für Deutschland

Wird Deutschland von den neuen Regeln profitieren?

Da gehen die Einschätzungen weit auseinander. Vielfach wird erwartet, dass vor allem Apple, Google und Co. nun deutlich mehr Geld an den deutschen Fiskus abführen müssen. IW-Experte Hentze betont hingegen: Bei der Besteuerung insbesondere von Digitalkonzernen müsse sich erst noch zeigen, „ob die komplizierten Vorschläge ohne große Bürokratie umsetzbar und mehr als nur Symbolpolitik sind. Voraussichtlich werden nur wenige Unternehmen von der Umverteilung der Gewinne betroffen sein“.

Deutschland werde als große Exportnation von dieser Regelung ohnehin nicht groß profitieren, „da heimische Konzerne künftig mehr Steuern in anderen Ländern zahlen werden“. Als Beispiel wird dabei immer wieder Volkswagen in China genannt.

Wer macht bei den neuen Regelwerken nicht mit?

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„Ein paar“ von 139 Staaten „behalten sich ihre Zustimmung noch vor“, so die OECD, die die Verhandlungen über einen Zeitraum von zehn Jahren koordiniert hat. Dazu zählen auch die EU-Mitglieder Ungarn, Irland, Tschechien und Estland. Allesamt werben mit extrem niedrigen Steuern für die Ansiedlung von Unternehmen.

Unter anderen hiesige Autobauer und Zuliefern haben Ableger beispielsweise in Ungarn oder Tschechien. Da könnte nun der Fall eintreten, dass der deutsche Fiskus von diesen Firmen bei der Gewinnsteuer die Differenz-Summen zum Mindestsatz von 15 Prozent einkassiert. Für Hentze bleibt abzuwarten, „welche Kompromissangebote es da noch geben wird“. Es könnte komplizierte Verhandlungen geben, denn Ungarn, Tschechien oder Irland werden ihre Standortvorteile nicht ohne weiteres preisgeben.

Wie geht es bei der Umsetzung der Beschlüsse weiter?

Beim Treffen der Finanzminister aus den 20 wichtigsten Industriestaaten (G20) in der nächsten Woche werden die Beschlüsse mit großer Wahrscheinlichkeit noch einmal bestätigt. Zugleich sollen laut OECD die „letzten Details des Zwei-Säulen-Ansatzes“ bis Oktober geklärt werden und ein Plan für eine „effektive Umsetzung ab 2023“ vorgelegt werden. Allerdings haben bereits mehrere Regierungen - unter anderem die Schweiz – zusätzlichen Gesprächsbedarf angemeldet.

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