Geschrumpfter Siemens-Konzern erzielt Milliardengewinne
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Das Schriftzuglogo des deutschen Industriekonzerns Siemens (Archivbild).
© Quelle: Daniel Karmann/dpa
München. Die Unterschiede könnten größer kaum sein. Am Vortag noch musste Siemens Energy schwere Rückschläge und rote Zahlen im Kraftwerksgeschäft verkünden. Der Mutterkonzern Siemens, der noch 35 Prozent der Anteile seiner Abspaltung hält, dagegen sonnt sich in Erfolgen.
Man scherzt sogar im Topmanagement am Donnerstag bei der Vorlage ausgezeichneter Quartalszahlen. Ob für Siemens nun die Corona-Krise beendet sei oder ob man sich doch noch strecken müsse, wollte jemand wissen.
„Roland Busch muss sich nicht auf die Zehenspitzen stellen, er ist schon zwei Meter groß“, antwortet ein gut gelaunter Siemens-Finanzchef Ralf Thomas mit Blick auf die imposante Statur des Vorstandschefs. Beide lachen dann herzlich. Statt Molltönen werden beim Traditionskonzern Jubelarien angestimmt.
Auftragseingänge springen auf gut 20 Milliarden Euro
Im dritten Quartal von April bis Juni sind die Auftragseingänge um satte 44 Prozent auf gut 20 Milliarden Euro gesprungen und damit doppelt so kräftig wie die mit gut einem Fünftel immer noch mehr als ansehnlich wachsenden Konzernumsätze, die über 16 Milliarden Euro liegen. Gar verdreifacht hat sich im Quartal der Nachsteuergewinn auf 1,5 Milliarden Euro.
Weil es in dem Stil auch im Schlussquartal des Geschäftsjahres 2020/2021 (zum 30. September) weitergehen soll, haben Busch und Thomas die Prognosen nun erneut nach oben korrigiert. Bis zu 6,4 Milliarden Euro Jahresüberschuss werden nun erwartet, 200 Millionen Euro mehr als bisher.
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Selbstverständlich ist diese Entwicklung nicht, obwohl speziell der Quartalsvergleich auf ein Vorjahr trifft, das noch stark von der Pandemie belastet war. Aber auch aktuell gibt es Gegenwind. Nicht nur Autobauer, auch andere Bereiche der Industrie leiden unter Chipmangel. Lieferketten bleiben fragil, weil in asiatischen Zulieferländern manches Werk wegen steigender Infektionszahlen geschlossen hatte oder hat. Zudem legen für Konzerne wie Siemens wichtige Rohstoffpreise und auch Transportkosten derzeit rasant zu.
Lieferketten von Siemens halten
Aber all das hat Siemens im Griff. Die Lieferketten halten. Gegen steigende Rohstoffpreise hat man sich anders als zum Beispiel Siemens Energy abgesichert. Und zum Teil ist der mittlerweile auf gefragte Digitalgeschäfte konzentrierte Konzern auch Krisenprofiteur. Denn seine Industriekunden hamstern derzeit und legen Siemens-Produkte ins Lager wie Bundesbürger seinerzeit Toilettenpapier, weil sie reißende Lieferketten fürchten. Etwa ein Zehntel des Auftragswachstums gehe wohl auf solches Verhalten zurück, schätzt Busch.
Was für ihn das Leben derzeit aber auch so unbeschwert macht, ist der Umstand, dass Siemens Energy vorigen Herbst an die Börse gebracht wurde. Nur 35 Prozent hält Siemens noch an der kriselnden Abspaltung, und auch dieser Anteil soll noch auf etwa ein Viertel sinken. Dortige Probleme schlagen nun nicht mehr auf die Münchner durch.
Siemens Healthineers als dritter Siemens-Konzern, der demnächst im Dax notieren könnte, bereitet der Mutter wiederum durchweg Freude. Hier boomen die Geschäfte ebenso. Am Medizintechnikkonzern hält der Digitalkonzern Siemens noch 85 Prozent und profitiert damit davon auch bilanziell.
Mutterkonzern zeigt keine Schwächen
Keine Schwächen gibt es zudem in den drei im Mutterkonzern verbliebenen Säulen des Geschäfts von Digitaltechnik über smarte Infrastruktur bis zur Bahntechnik und damit erstmals seit Langem auch keine Gefahr für die weltweit knapp 300.000 Stellen. Dazu kommen stetige Zukäufe vor allem von Softwareschmieden, die Siemens immer digitaler machen. Neuester Erwerb für gut eine halbe Milliarde Euro ist Sqills aus den Niederlanden mit einer Buchungsplattform für Bahn- und Busbetreiber, die das Dienstleistungsportfolio stärkt.
Nur die Entwicklung bei Siemens Energy sei natürlich ärgerlich, sagt Thomas. Er sei sicher, dass Energy-Chef Christian Bruch dieses Problem noch löse, ergänzt Busch. Der Siemens-Boss dürfte froh sein, das nicht selbst tun zu müssen.