Kolumne „Chefinnensache“

„German Dream“? Von wegen!

Münzstapel aus Euro-Münzen: Viele Europäer sind im Schnitt reicher als die Deutschen.

Münzstapel aus Euro-Münzen: Viele Europäer sind im Schnitt reicher als die Deutschen.

Ich konnte es kaum glauben, als ich letzte Woche einen Bericht gelesen habe, dass die Menschen in Italien und Zypern im Schnitt erheblich reicher sein sollen als die Menschen in Deutschland.

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Das Pro-Kopf-Nettovermögen in Deutschland beträgt laut dem Eurofund-Bericht aus 2017 etwa 39.000 Euro (im Median). Italienern ging es im Schnitt ein Viertel besser (50,600 Euro), Zyprern sogar fast doppelt so gut (69,000 Euro).

Fest steht: Die deutsche Bevölkerung hat vergleichsweise wenig Vermögen und ist dadurch im Alter schlechter abgesichert. 2020 wohnten im EU-Schnitt knapp 70 Prozent der Bevölkerung in ihrer eigenen Immobilie, nur 30 Prozent in einer gemieteten Unterkunft. In Deutschland hat nicht mal jeder Zweite ein Eigenheim, damit bildet es leider das EU-weite Schlusslicht (Quelle: Eurostat, 2021).

Wie kann das sein, wenn Deutschland gleichzeitig immer noch den Ruf als reiches Land genießt?

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Reich ist vor allem der Staat, nicht die Menschen. Und das ist ein Problem. Die Menschen arbeiten viel, haben wenig. Das schafft Unzufriedenheit, aber auch Unsicherheit. Und mit Unsicherheit auch Abhängigkeit. Der Staat will uns versorgen, gerät allmählich aber außer Balance und gibt uns nicht die Möglichkeit, für uns selbst zu sorgen. Der Staat bringt uns in eine Abhängigkeit, die er selbst gar nicht mehr auffangen kann – gerade mit Blick auf die Altersvorsorge. Die große Rechnung geht nicht mehr auf.

Dazu kommt noch: Der finanzielle Aufstieg ist in Deutschland schwer. Das Feuer des „German Dream“ wird durch die kalte Progression im Keim erstickt. Dass wir diese Problematik haben, liegt nicht immer an Unternehmen mit niedrigen Löhnen, denn mit Blick nach Italien oder Zypern mit durchschnittlich erheblich geringeren Löhnen bleibt den Menschen dort am Ende mehr.

Ich bin deshalb jedes Mal verwundert, wenn ich mediale Lohnerhöhungsdebatten verfolge. Natürlich muss jeder Mensch von seiner Arbeit leben können, Arbeit muss sich lohnen! Natürlich gibt es Unternehmen, die ihre Mitarbeiter schlecht bezahlen. Aber wieso wird der Staat bei diesen Debatten so selten in die Pflicht genommen?

Es ist kein Geheimnis, dass Deutschland mit die höchste Abgabenlast weltweit hat. Jeder verdiente Euro wird fast zur Hälfte mit dem Staat geteilt. Gerade in Krisenzeiten, in denen die Menschen durch steigende Preise und Unsicherheiten gebeutelt sind, sind die hohen Steuern und Beiträge auf Löhne nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.

Vivien Wysocki ist Gründerin des Modelabels saint sass, politisch engagiert und arbeitet als internationales Model. Sie studierte Medienmanagement in Hannover und lebt in Berlin. Im Wechsel mit anderen Autorinnen schreibt sie die RND-Kolumne „Chefinnensache“ über Gleichstellung, Digitalisierung und den weiblichen Blick auf die Wirtschaft. Alle bisherigen Beiträge finden Sie hier.

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