Fahrradboom hält an: erste Lieferengpässe schon zum Saisonstart

Teure Bikes liegen im Trend: Wie kaum eine andere Branche haben Fahrradindustrie und -handel im vergangenen Jahr von der Corona-Pandemie profitiert. Hier Blick auf einen Laden in Mainz.

Teure Bikes liegen im Trend: Wie kaum eine andere Branche haben Fahrradindustrie und -handel im vergangenen Jahr von der Corona-Pandemie profitiert. Hier Blick auf einen Laden in Mainz.

2020 war ein Rekordjahr für die Fahrradbranche: Erstmals wurden mehr als fünf Millionen Fahrräder verkauft. Grund für die hohe Nachfrage war nicht zuletzt die Corona-Pandemie. Denn die Menschen wollten sich häufiger an der frischen Luft bewegen und hatten mehr Zeit zum Radeln.

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Vergangenen Sommer kam es zu ersten Engpässen – viele Produkte waren ausverkauft, Nachlieferungen nicht möglich. „Erst gegen Ende des Jahres hat sich die Situation normalisiert, und der Handel hat wieder die Kurve bekommen“, berichtet David Eisenberger, Leiter Marketing und Kommunikation beim Zweirad-Industrie-Verband (ZIV). Und was ist dieses Jahr zu erwarten? Ein Überblick:

Wie entwickelt sich die Nachfrage?

Obwohl Fahrradgeschäfte seit Langem nur eingeschränkt verkaufen können, rechnet Eisenberger mit einem erneut starken Jahr für die Branche: „Die Nachfrage ist schon jetzt groß. Es wird schwierig, diese zu bedienen.“ Weil das weltweit gilt, müsste die Produktion um 20 Prozent hochgefahren werden, um den Bedarf zu decken. Das ist von der Industrie aber nicht zu leisten. Hinzu kommt, dass einzelne Komponenten wie Batteriezellen schwer zu bekommen sind, weil andere Branchen darum konkurrieren. Außerdem werden manche Rohstoffe knapp, sagt Thomas Geisler vom Pressedienst Fahrrad: „Für einzelne Produkte können deshalb bis zu 500 Tage Wartezeit anfallen.“

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Wer ein Fahrrad kaufen wolle, sollte sich deshalb sputen, rät Eisenberger. Bereits jetzt könne es sein, dass das Wunschrad nicht erhältlich ist. Noch seien die Lager allerdings voll, betont er: „Die Geschäfte haben viel geordert.“ Das treffe auch auf Ersatzteile zu, ergänzt Tobias Hempelmann vom Verband des Deutschen Zweiradhandels e. V., der einen gewissen „Klopapiereffekt“ beobachtet hat: „Der Handel hat sich stärker als sonst bevorratet.“

Welche Produkte sind besonders stark nachgefragt?

„Gravel-Bikes sind sehr trendig“, sagt Eisenberger. Dabei handelt es sich um geländegängige, stabile Rennräder mit breiten Reifen. Nachgefragt seien auch kleinere, kompakte Räder sowie Reiseräder für Urlaub und Freizeit, sagt Eisenberger.

Immer größerer Beliebtheit erfreuen sich zudem Lastenräder. Sie gibt es in vielen Varianten – vom Kindertaxi über den Lastenesel bis zum Hundetransporter. Immer häufiger besitzen sie einen Elektromotor. Als Alternative zum Lastenrad kommen Fahrradanhänger in Betracht, die bei Bedarf angebracht werden. Mit dem Free Radical Leap Kit lassen sich normale Fahrräder zu Lastenrädern umbauen.

Auch bei E-Bikes bleibt die Nachfrage ungebrochen: Vergangenes Jahr wurden fast zwei Millionen Stück verkauft. Der Durchschnittspreis beläuft sich mittlerweile auf rund 3000 Euro. Seit Jahren im Trend seien E-Mountainbikes, sagt Geisler: „Jetzt gibt es sie auch für Kinder.“ Tendenziell sei die Nachfrage eher in den sportlichen Bereich gegangen, bestätigt eine Pressemitteilung des Handelsverbands Zweirad (VDZ): „Damit ist das E-Bike in nahezu allen Altersklassen und Fahrradtypen angekommen.“ Selbst Motorradhersteller Harley Davidson hat mit dem Rush/CTY Stedp-Thru ein E-Bike am Start. Liegeräder wie das Scorpion plus 26 von HP Velotechnik oder Falträder, etwa vom Hersteller Brompton, besitzen ebenfalls Elektromotoren.

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Was tut sich bei der Fahrradtechnik?

Die Hersteller haben das Tempo bei den Innovationen herausgenommen, sagt Hempelmann. „Das ist gut so, weil so weniger Produkte auf den Markt kommen, die noch nicht ausgereift sind.“ Vermehrt werde auf Qualität und Sicherheit Wert gelegt, ergänzt Eisenberger. Verbesserungen gibt es vor allem beim Elektroantrieb: Motoren und Akkus werden zunehmend kleiner und gleichzeitig leistungsstärker.

Immer häufiger werden Fahrräder mit Riemenantrieb verkauft. „Das ist eine wartungsarme Lösung für Leute, die viel unterwegs sind“, sagt Geisler. Allerdings seien sie verglichen mit normalen Ketten sehr teuer. Verbesserte Schalttechnik ermögliche bei Kettenschaltungen höhere Übersetzungsbereiche, sodass weniger Gänge nötig seien, erläutert Hempelmann: „Viele Räder haben deshalb wieder zehn statt 30 Gänge.“

Tubeless-Reifen, die ohne Schlauch auskommen, setzen sich vor allem im sportlichen Bereich durch. LED-Leuchten werden immer effizienter und vielseitiger: So besitzt der Scheinwerfer IY-XL von Busch und Müller eine Fernlichtfunktion. Manche Räder verfügen über Brems- und Aufblendlicht. Einige Helme sind mit Blinklicht ausgestattet – manche besitzen sogar eine Notruffunktion: Nach einem Sturz oder Unfall wird über eine App Alarm ausgelöst.

Bike 2.0: Die Digitalisierung bei den Fahrrädern

Die Digitalisierung ist auch beim Fahrrad angekommen: Sie ermöglicht unter anderem Antiblockiersysteme beim Bremsen, automatische Stabilisation oder Federgabeln, die den Stoßwiderstand einstellen. Per GPS können gestohlene Fahrräder geortet werden. E-Bikes verfügen oft über eigene Navigationssysteme. Es gibt Touchscreens, eingebaute Kameras und Steuerungen über Smartphone-Apps. Selbst autonomes Fahren ist denkbar: So könnten künftig etwa Leihräder selbständig zur Station rollen. Der 3-D-Druck hat ebenfalls Einzug in die Fahrradwelt gehalten: Damit werden bereits Rahmen hergestellt.

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Wie entwickeln sich die Preise?

Verbände und Händler rechnen mit einem moderaten Preisanstieg. Der gehe weniger auf die hohe Nachfrage, sondern vor allem auf Engpässe bei der Lieferung zurück, erklärt Geisler. Die Kosten für den Transport in Schiffscontainern sind um ein Vielfaches gestiegen und werden zumindest teilweise an die Kunden durchgereicht. „Fahrräder kosten deshalb bis zu 100 Euro mehr als im Vorjahr“, schätzt Hempelmann.

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