Ein Vorstandsumbau soll den VW-Krach beenden

Das Logo von VW ist an einem Markenpavillon in der niedersächsischen Autostadt Wolfsburg zu sehen.

Das Logo von VW ist an einem Markenpavillon in der niedersächsischen Autostadt Wolfsburg zu sehen.

Hannover. Mit einem großen Personalpaket will der VW-Konzern die Führungskrise der vergangenen Wochen beenden. Der umstrittene Vorstandsvorsitzende Herbert Diess bleibt im Amt, bekommt aber zusätzliche Vorstandsmitglieder an die Seite gestellt. Die Führung bekomme damit eine „breitere und diversere Basis“, sagte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch am Rande einer Sitzung des Gremiums. „Ich fühle mich deutlich gestärkt“, sagte Diess. Er soll sich stärker auf strategische Fragen konzentrieren und sich besonders um die Softwaresparte Cariad kümmern.

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Der Vorstandschef hatte den Konzern vor einigen Wochen mit Planspielen für Stellenstreichungen in Aufruhr versetzt. Er ließ im Topmanagement ohne weitere Absprachen den Abbau von 30.000 Stellen in Deutschland prüfen und konnte auch vom Aufsichtsratspräsidium nicht gestoppt werden: Einen Tag nach einer Ermahnung brachte er das Thema im Aufsichtsrat noch einmal auf den Tisch. Der empörte Betriebsrat drohte daraufhin mit einem offiziellen Misstrauensvotum gegen Diess. Auch die Großaktionäre bildeten zwei Lager: das Land Niedersachsen auf der Seite des Betriebsrats, die Familien Porsche und Piech bei Diess.

Investitionsplanung: 159 Milliarden Euro werden verteilt

Es war offenbar viel Pendeldiplomatie von Pötsch nötig, um die Wogen zu glätten. Von einem „intensiven Prozess“ sprach Diess. Er sei „froh, dass Herr Pötsch nicht die Geduld verloren hat“. Die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo kritisierte den Krach auf mehr oder weniger offener Bühne: „Ich habe kein Interesse an solchen Konflikten in der Öffentlichkeit.“ Pötsch wiederholte, was er in solchen Lagen schon öfter gesagt hat: „Machen Sie sich lieber Sorgen, wenn es sehr ruhig ist in Wolfsburg.“ Der Streit der vergangenen Wochen sei überflüssig gewesen, zeuge aber vom Engagement aller Beteiligten.

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Der VW-Aufsichtsrat hatte vor allem die Investitionsplanung für die nächsten fünf Jahre auf der Tagesordnung. Insgesamt 159 Milliarden Euro werden dabei auf Automarken, Konzerntöchter und ihre Standorte weltweit verteilt. Gleichzeitig wurde aber auch eine Erweiterung des Konzernvorstands beschlossen.

Im Vorfeld war bereits bekannt geworden, dass Hauke Stars, früher Vorständin bei der Deutschen Börse, das neue IT-Ressort übernehmen wird. Zweite Frau im Vorstand wird die bisherige Audi-Managerin Hildegard Wortmann. Sie übernimmt das Vertriebsressort, das es auf Konzernebene jahrelang nicht gegeben hatte. Aufrücken wird auch Chefjurist Manfred Döss im Ressort Integrität und Recht. Vorgängerin Hiltrud Werner wird wie erwartet ausscheiden. Gunnar Kilian, verantwortlich für Personal und die Lkw-Sparte, bekommt vorzeitig einen neuen Vertrag.

Brandstätter wird befördert, erbt aber Schwierigkeiten

Die heikelste Personalie betraf allerdings Ralf Brandstätter. Der Chef der größten Konzernmarke Volkswagen Pkw gilt in Wolfsburg als Gegenpol zu Diess, der Betriebsrat wollte ihn und seinen Bereich stärken. Das gelingt nur zum Teil: Brandstätter rückt zwar mit der Marke VW in den Konzernvorstand auf, wird aber in einigen Monaten nach China geschickt, wo der Konzern aktuell ins Hintertreffen gerät. Bisher ist Diess für das China-Geschäft verantwortlich. Brandstätter wird also befördert, erbt aber weit weg von Wolfsburg einen der schwierigsten Jobs im Konzern.

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Brandstätters Job in Wolfsburg wird der bisherige Skoda-Chef Thomas Schäfer übernehmen. Er muss dann das Problem lösen, das die Stimmung in den vergangenen Wochen so aufgeheizt hat: Das VW-Stammwerk in Wolfsburg braucht eine klare Perspektive. Vor allem wegen des Halbleitermangels werden dort in diesem Jahr nur rund 400.000 Autos gebaut, rund halb so viele wie in früheren Jahren. Außerdem werden dort bisher keine Elektrofahrzeuge gebaut, die aber schon in wenigen Jahren den größten Teil des VW-Geschäft ausmachen sollen.

Betriebsratsvorsitzende Cavallo „insgesamt sehr zufrieden“

Mit der Planungsrunde hat der Aufsichtsrat zwei E-Auto-Projekte für Wolfsburg beschlossen. Wie Brandstätter bereits angekündigt hatte, soll eine eigene Fabrik für das Projekt „Trinity“ gebaut werden, von dem sich Diess eine Art Wiedergeburt des 70 Jahre alten Standorts erhofft. Das voll vernetzte, autonom fahrende Elektroauto soll 2026 serienreif sein. Außerdem soll Wolfsburg ab 2023 das Elektroauto ID.3 bauen, wenn die Kapazität in Zwickau nicht ausreicht. Kritiker in Wolfsburg bezweifeln allerdings, dass diese sogenannte Überlaufproduktion genügen wird, um die Lücken in dem Riesenwerk zu füllen.

Sie sei „insgesamt sehr zufrieden“ mit den Beschlüssen, sagte Cavallo. Vor allem der Chipmangel werde die Produktion im nächsten Jahr aber noch massiv bremsen, die Auslastung sei „dramatisch niedrig“ und werde sich 2022 wohl nicht grundlegend bessern. „Die Planungsrunde lässt sich wirklich sehen, aber die kommenden Monate werden hart“, sagte die Betriebsratsvorsitzende.

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