Digitales Bürgeramt? Von wegen! So unzufrieden sind die Deutschen mit ihrer Verwaltung

Der Mitarbeiter eines Gesundheitsamts blättert in Akten. (Symbolbild)

Der Mitarbeiter eines Gesundheitsamts blättert in Akten. (Symbolbild)

München. Es ist keine neue Erkenntnis, dass Deutschlands Verwaltungen nicht gerade digitale Vorreiter sind. Aber binnen zwei Jahren sollten Fortschritte sichtbar werden. So hat der Digitalverband Bitkom 2019 Bundesbürger repräsentativ gefragt, wie sie ihre digitale Verwaltung am Wohnort empfinden und diese Frage gerade wiederholt.

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Rückständig lautete das Urteil 2019 bei 56 Prozent. Zwei Jahre später sind sogar 62 Prozent dieser Meinung. Die Zufriedenheit der Deutschen mit den digitalen Angeboten ihrer Verwaltung hat sich also nicht nur nicht verbessert, sie hat sich verschlechtert.

„Es genügt nicht“, interpretiert Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder das Bürgervotum. Es habe sich digital zwar vereinzelt etwas getan in Deutschlands Rathäusern. Aber die digitalen Bedürfnisse seien schneller gestiegen. Dafür sorge schon der Blick über die Landesgrenze.

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„In Dänemark gibt es alles, was sich auch Deutsche wünschen“, sagt Rohleder und zählt auf. Behördengang per Internet (wollen vier von fünf Deutschen), zentrales Anmeldeportal und automatischer Online-Vorschlag für Kindergarten- und Schulplätze (94 Prozent), gute IT-Ausstattung in Schulen (98 Prozent), Online-Beantragung von Familienleistungen oder Geburtsurkunden (56 Prozent), aktuellen Stand von Anträgen online erfragen (87 Prozent).

Letzteres seien Bundesbürger mittlerweile von jedem Paketdienst gewohnt, sagt der Bitkom-Manager. „Das Gleiche wird heute von Ämtern erwartet“, stellt er klar.

Bitkom: Behördenbesuch dauert drei Stunden

Auch Videogespräche mit Verwaltungspersonal müsse bundesweit zum Standard werden. Im Schnitt drei Stunden dauere ein persönlicher Behördenbesuch heute, hat der Verband gemessen. Dafür habe niemand mehr Zeit. Ausdrücklich teilt Bitkom die per Umfrage ermittelte Kritik und Sichtweisen der Bürger. Diese fürchten zu zwei Dritteln, dass das Onlinezugangsgesetz (OZG), das bis Ende 2022 bundesweit stolze 575 Verwaltungsleistungen digital verfügbar machen soll, nicht fristgerecht umgesetzt wird.

„Es müsste ein Wunder geschehen, soll das noch klappen“, unkt auch Rohleder. Nicht einmal 100 dieser Leistungen gebe es aktuell. Zudem breche behördenintern der digitale Prozess ab. Das OZG müsse deshalb um ein Verwaltungszukunftsgesetz ergänzt werden.

Ähnlich hinter den Ansprüchen her hinkt der Digitalpakt Schule. Mit 6,5 Milliarden Euro ist der vor zwei Jahren ausgestattet worden. Ungefähr eine Milliarde Euro davon hätten Schulen aber erst abgerufen, weiß Bitkom. Dafür seien aber nicht die mit ihrer Digitalisierung allein gelassenen Schulen verantwortlich. „Kein Schulleiter weiß, wie er eine IT-Infrastruktur oder ein sicheres Wlan-Netz aufbauen muss“, erklärt Rohleder. Zentralen Rat oder Hilfen gebe es aber kaum, sodass jeder das Rad neu erfinden müsse.

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Gleiches gelte für Deutschlands Städte und Kommunen. Der Bund müsse eingreifen und digitale Standards setzen, fordern mehr als vier von fünf Bürgern wie auch Bitkom. Kommunen bräuchten nicht nur Geld sondern auch Know-how. Viele Rohrkrepierer und immense Verzögerungen habe sich Deutschland bei der Digitalisierung in letzten Jahren geleistet. 13 Jahre habe die Einführung der digitalen Gesundheitskarte verschlungen. Eine digitale Führerschein-App sei gerade schneller wieder von der Bildfläche verschwunden, als sie eingeführt worden ist, klagt Rohleder.

Bitkom-Chef fordert Digitalministerium

Der Bitkom-Chef ist deshalb überzeugt, dass es ohne ein Digitalministerium im Rahmen der Bildung einer neuen Bundesregierung nicht geht. Das müsse über alle Ressortgrenzen hinweg einen Digitalvorbehalt geltend machen können, wie das Bundesfinanzministerium beim Geld. Sonst würden Deutsche wohl noch in zehn Jahren von digitalen Verhältnissen wie in Estland träumen, das wie Dänemark in dem Punkt ein EU-Vorzeigeland sei.

Keinen Zweifel hat der Digitalverband daran, dass Bürger Digitaldienste auch nutzen würden. Voraussetzung sei, dass ihre Bedienung datenschutzrechtlich nicht unnötig verkompliziert werde.

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