Die Homeofficepflicht läuft aus – wie geht es danach weiter?

Homeofficealltag: Kind spielt, Mutter arbeitet am Laptop (Symbolbild).

Homeofficealltag: Kind spielt, Mutter arbeitet am Laptop (Symbolbild).

Frankfurt/Berlin. Der Countdown läuft, und viele Fragen sind unbeantwortet: In gut zwei Wochen läuft die Bundes­notbremse aus und damit auch die Homeoffice-Pflicht. Ob eine Nachfolge­regelung kommt, ist offen und wird mit jedem Tag unwahrscheinlicher – zumal SPD und Union in der Frage weit auseinanderliegen. Die Sozial­demokraten, heißt es aus der Partei, könnten sich eine Verlängerung der Homeofficepflicht durchaus vorstellen. Auch ihr Arbeitsminister Hubertus Heil soll nicht abgeneigt sein. Die Union allerdings, deren Wirtschaftspolitiker die Plicht für Arbeitgeber nie so richtig gewollt hatten, signalisiert harte Ablehnung.

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Kommt es zu keiner Einigung, gibt es ab dem 1. Juli keine rechtlichen Vorgaben mehr, von wo in der Pandemie gearbeitet wird. „Das schafft eine große Verunsicherung in den Unternehmen und wird mutmaßlich zu zahlreichen Klagen vor Arbeitsgerichten führen“, warnt der Arbeitsrechtler Arndt Kempgens im Gespräch mit dem Redaktions­Netzwerk Deutschland.

Ohne Pflicht zum Homeoffice werden viele Unternehmen ihre Beschäftigten wieder in die Büros zurückholen. Rechtlich ist das zulässig, schließlich ist in den Arbeitsverträgen in der Regel festgelegt, dass das Büro der Firma der Arbeitsort ist. Außerdem nimmt mit sinkenden Inzidenzen und steigender Impfquote die Gefahr ab, sich unterwegs oder im Büro mit Covid-19 anzustecken. Hochrechnungen zufolge wird Ende des Monats gut ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung vollständig geimpft sein. Deutlich mehr als die Hälfte wird zumindest eine Spritze bekommen haben, die gegen das Coronavirus schützt.

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Mit der Impffrage allerdings fangen die Probleme an, glaubt Experte Kempgens. Vom Impfstatus der Beschäftigten hänge ab, wie die Arbeit in den Büros organisiert wird. Gleichzeitig machten Gewerkschaften und Betriebsräte immer wieder darauf aufmerksam, dass für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Pflicht bestehe, ihren Impfstatus zu erklären. Und: Wer sich weigert, darf nicht diskriminiert werden. Das Arbeiten im Büro darf einzelnen Mitarbeitenden nicht verboten werden – selbst wenn sie Auskünfte über ihren Impfstatus verweigern.

Der ungeklärte Impfstatus einzelner Beschäftigter könnte anderen Kolleginnen und Kollegen als Argument dienen, warum sie im Homeoffice bleiben möchten. Sie hätten damit einen ziemlich guten Grund auf ihrer Seite, glaubt Kempgens, schließlich hätten die vergangenen Monate in vielen Betrieben gezeigt, dass die Arbeit im Homeoffice ohne Beeinträchtigung der betrieblichen Abläufe funktionieren könne. „Durch die Homeofficepflicht ist vielfach für Beschäftigte eine Art De-facto-Recht auf zumindest eine gewisse Anzahl von Tagen im Homeoffice entstanden“, glaubt der Arbeitsrechtler.

Unternehmen müssen mehr Homeoffice zulassen

Er hält es für extrem wahrscheinlich, dass diese Frage demnächst vor Arbeitsgerichten verhandelt wird – mit langfristigen Folgen. Kempgens prophezeit, dass Unternehmen sich künftig beweglicher zeigen müssten, was den Arbeitsort angeht, und mehr Homeoffice zulassen müssten.

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Für die nächsten Wochen dürfte es für viele Firmen auf selbst gestrickte Zwischenlösungen hinauslaufen. Aus der Sicht von Kempgens wäre es hilfreich, wenn der Bund doch noch eine einheitliche Folgeregelung zur Homeofficepflicht beschlösse. „Denn wenn jedes Unternehmen eigene Wege suchen muss, dann besteht die Gefahr, dass Wettbewerbs­verzerrungen entstehen, die sich besonders bei kleineren Unternehmen bemerkbar machen können.“

Denkbar wäre, für eine Übergangszeit Quotenregelungen einzuführen, so der Experte. Beispielsweise, dass für einen begrenzten Zeitraum ein maximaler Anteil der Beschäftigten festgelegt wird, die im Büro arbeiten können.

Doch selbst Optimisten glauben kaum, dass die Politik sich dazu noch durchringen wird. Was allerdings kommen soll, ist eine Verlängerung der Corona-Arbeits­schutz­verordnung, die ebenfalls am 30. Juni ausläuft. Die Verordnung regelt die Pflichten für Arbeitgeber in der Pandemie – vom Lüften bis zum Angebot von Schnelltests und Masken.

Bei der Pflicht zum Lüften und dem Zurverfügungstellen von ausreichend Seife werden sich die Koalitionäre mutmaßlich schnell verständigen, bei Masken und Tests könnte die Sache kompliziert werden. „Die Gespräche dazu laufen“, heißt es aus Regierungs­kreisen nur. Auf Deutsch: Eine Einigung ist noch nicht in Sicht.

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