Auch Wirtschaftspolitiker und Notenbanken haben kein Allheilmittel für das Coronavirus

Aufgrund des Coronavirus sind zahlreiche Flüge gestrichen worden – was die Flugbranche hart trifft.

Aufgrund des Coronavirus sind zahlreiche Flüge gestrichen worden – was die Flugbranche hart trifft.

Den Börsen wird ein feines Gespür für aufkommende Probleme nachgesagt. Meist fallen die Kurse, bevor wirtschaftliche Krisen ins öffentliche Bewusstsein vorgedrungen sind. Doch mit der Medizin hat es die Finanzwelt nicht so: Das Coronavirus hielt man an den Börsen lange für ein chinesisches Problem – dort rutschten die Kurse schon, als sie im Westen noch auf Rekordhöhen kletterten.

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Zwar ist jedem die Schlüsselrolle Chinas in einer globalisierten Wirtschaft bewusst, aber im Stillen verließ man sich wohl wie so oft auf die chinesische Führung: Wer sollte eine Quarantäne durchsetzen, wenn nicht dieser autoritäre Überwachungsstaat? Und dass Staatsführung und Notenbank dort jede größere Konjunkturdelle wegbügeln können, ist ohnehin fester Glaube westlicher Wirtschaftslenker.

Erst mit der Verbreitung des Virus im Rest der Welt wächst die Erkenntnis, dass diese Epidemie nicht nur einige Branchen und Regionen, sondern die gesamte Weltwirtschaft erschüttert. Seit zwei Wochen rutschen die Kurse, ein Fünftel haben die Dax-Unternehmen in dieser Zeit an Wert verloren. Der Ölpreis brauchte dafür nur ein Wochenende – Spätestens Montagfrüh konnte man von Börsenpanik sprechen.

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Probleme bringen das ganze System ins Schlingern

Die Epidemie kommt buchstäblich als Naturereignis über die Märkte. Sie greift das an, was unverzichtbar ist in der modernen Wirtschaft: Mobilität. Plötzlich zeigt sich, was nicht so leicht zu digitalisieren ist, wo es überall physische Mobilität braucht. Die Wirkung erinnert an 2008, als die Mobilität des Geldes stockte: Probleme treten nicht nur an bestimmten Stellen auf, sondern bringen ganze Systeme ins Schlingern.

Solche realen Probleme sind an den Finanzmärkten kaum noch in Erinnerung. Jahrelang haben sich Börsianer daran gewöhnt, dass alles steuerbar ist: Handelsstreit und Brexit hingen von politischen Entscheidungen ab. Sie schufen zwar Unsicherheit, aber man verließ sich darauf, dass irgendeine Nachtsitzung das Gröbste verhindern werde. Und im Zweifel standen die Notenbanken mit praktisch unbegrenzten Mitteln bereit. Das billige Geld half Unternehmen und Staaten, sich billig zu finanzieren. Und es machte die Geldanlage in Aktien attraktiv – die Börse war auch in heiklen Momenten erstaunlich robust.

Die Spielräume sind begrenzt

Das ist vorbei. Als die US-Notenbank vor einer Woche überraschend schnell und deutlich den Leitzins senkte, schuf das mehr Sorge als Sicherheit: Es zeugte von großem Druck und wenig Handlungsoptionen. Denn was kann es bringen? Niemand besteigt plötzlich wieder ein Flugzeug oder betritt eine Messe, weil die Zinsen gesenkt wurden. Dennoch werden die Notenbanken tun, was sie mit lockerer Geldpolitik tun können. Es ist dieses Mal eben nicht besonders viel. Sie können Liquiditätsengpässe am Finanzmarkt vorbeugen und damit hoffentlich dem Zusammenbruch. Aber sie können nicht den Trend drehen, nicht Unternehmen Nachfrage verschaffen.

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Mehr Wirkung können die Staaten mit Nothilfen und teilweise Konjunkturprogrammen entfalten. Maßnahmen wie die jetzt beschlossene Erleichterung von Kurzarbeit wirken kleinteilig, sind aber wertvoll. Sie können eine Pleitewelle verhindern, die wiederum manche Bank ins Wanken bringen würde. Auszuschließen ist diese Wirkungskette nicht.

Im Krisenmanagement haben Notenbanken und Politik Erfahrung

Für Italien mag man sich einen solchen Ablauf nicht vorstellen: Ausgerechnet das vom Virus besonders betroffene Land hat seine Wirtschafts- und Haushaltsprobleme nie gelöst. Das Thema geriet in den vergangenen Monaten aus dem Blick, weil jeder dankbar war für eine funktionierende Regierung in Rom und niemand schlafende Hunde wecken wollte. Doch mit der zusätzlichen Last der Coronabekämpfung und einer absehbaren Rezession droht hinter der nächsten Ecke eine akute Schuldenkrise – in einem der größten Länder der Euro-Zone.

Regierungen und Notenbanken stehen vor dieser wirtschaftlichen Gefahr wie vor der medizinischen durch das Virus selbst: Sie können die Ansteckung bestenfalls bremsen und alles tun, um die schweren Fälle vor dem Tod zu bewahren. Zum Glück haben sie damit seit dem Lehman-Zusammenbruch und den folgenden Krisen einige Erfahrung.

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