Als Gründerin durch die Krise: Warum Dauerpessimismus keine Lösung ist
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Kleine gelbe Kunststoffbälle mit einem aufgedruckten Smiley liegen auf einem Haufen (Martin Schutt/dpa).
© Quelle: Martin Schutt/zb/dpa
Bei all den katastrophalen Dauerkrise-Nachrichten seit mindestens zweieinhalb Jahren dürfen wir als Gesellschaft eines nicht verlieren: unsere Hoffnung. Hoffnung ist wie Magie: Auch wenn Vieles dagegenspricht, machen wir weiter und bemühen uns, weil unsere innerliche Ausrichtung zuversichtlich ist, ganz nach dem Motto: Das wird schon wieder. Das ist nicht nur eine Floskel, sondern essentiell für unseren Antrieb.
In den letzten Wochen war genau das leichter gesagt als getan. Als junge Gründerin waren die letzten Monate eine reinste Achterbahnfahrt. Ich hatte neben allen Höhen und Erfolgen auch einen neuen Tiefpunkt erreicht, und dieser Tiefpunkt hatte einen Namen: Hoffnungslosigkeit.
Der Blick in die Nachrichten derzeit: Krieg, Inflation, Gaskrise
Schaut man Nachrichten, heißt es: Krieg? Wird Jahre dauern. Inflation? Wird Jahre dauern. Rezession? Gerade erst der Anfang. Gas? Wir haben keine Lösung, aber es sieht schlimm aus. Klima? Die Welt geht unter. Und sonst? Alles schlecht. Wie zur Hölle soll man gerade jetzt hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, wenn man sich gleichzeitig informiert halten will? Und wie zur Hölle trennt man Hoffnung von Naivität?
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Es bröckelt hinter Putins Kulissen
Die westlichen Sanktionen wirken nur allmählich, aber sie treffen Russland inzwischen hier und da bereits schmerzhaft – und mit langfristigen Folgen. Noch allerdings simuliert Staatschef Wladimir Putin so gut es geht Normalität: Mit Geld aus dem Gas- und Ölverkauf verschleiert er die wachsenden Probleme.
Ich erlebe, dass es vielen in meiner Generation so geht und Hoffnungslosigkeit sich breit macht. Das müssen wir schleunigst ändern. Genauso wie Hoffnungslosigkeit unser Handeln verändert und zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung führen kann, so kann Hoffnung das Gegenteil bewirken und durch Tatendrang eine Aufwärtsspirale in Gang setzen.
Täglicher Dauerpessimismus hilft nicht weiter
Die Nachrichtenlage zu verändern ist keine Option, sie auf Dauer zu ignorieren auch nicht. Sich bewusst klare Auszeiten zu nehmen, schon. Es reicht, alle paar Tage Nachrichten zu lesen, um informiert zu bleiben. Denn täglicher medialer Dauerpessimismus hilft uns nicht weiter, sondern kreatives und lösungsorientiertes Denken.
Der Physiker Hans-Peter-Dürr sagte einmal treffend: „Wir brauchen Zukunftsmodelle, die nicht alles grau und schwarz ausmalen, sondern lohnende Ziele formulieren. Ich möchte, dass die menschliche Gesellschaft wieder etwas optimistischer an ihre Zukunftsplanung herangeht. Die einzelnen Menschen sollen in ihrer Phantasie angeregt werden, auch kleine Änderungen vorzunehmen. Das ist eigentlich das Konzept der Zukunft.“
Vivien Wysocki ist Gründerin des Modelabels saint sass, politisch engagiert und arbeitet als internationales Model. Sie studierte Medienmanagement in Hannover und lebt in Berlin. Im Wechsel mit anderen Autorinnen schreibt sie die RND-Kolumne „Chefinnensache“ über Gleichstellung, Digitalisierung und den weiblichen Blick auf die Wirtschaft. Alle bisherigen Beiträge finden Sie hier.