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French Open

Versuch Nummer drei: Alexander Zverev und der Traum vom Pariser Finale

Will gegen Casper Ruud ins Finale der French Open einziehen: Alexander Zverev.

Will gegen Casper Ruud ins Finale der French Open einziehen: Alexander Zverev.

Es war ein Moment, der deutschen Tennisfans bei den Frech Open kurz den Atem stocken ließ. Alexander Zverev hechtet im dritten Satz seines Drittrunden-Matches gegen den US-Amerikaner Frances Tiafoe hinter der Grundlinie nach einem Ball, rutscht plötzlich mit dem linken Fuß weg und findet sich am Boden wieder. Es ist eine Szene, die Bilder von vor einem Jahr wieder aufleben lässt.

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Damals, ebenfalls an einem 3. Juni, spielt Zverev im Halbfinale gegen Seriensieger Rafael Nadal. Auch damals rutscht er hinter der Grundlinie weg. Im Gegensatz zum diesjährigen Vorfall, den er unbeschadet übersteht, knickt er 2022 mit dem rechten Fuß weg – und muss am Ende mit dem Rollstuhl vom Platz gebracht werden. Er habe sich gefragt, ob seine Karriere jetzt vorbei sei, sagt Zverev später. Die Diagnose: siebenfacher Bänderriss. Zverev muss aufgeben. Was folgt, ist „das härteste Jahr meines Lebens“, wie er selbst sagt. Zverev muss sich einer Operation unterziehen – und sich zurückkämpfen an die Weltspitze.

Dass er nun unter den letzten vier beim Roland Garros steht, ist keine Selbstverständlichkeit – nicht nur, weil seine schwere Verletzung noch gar nicht lang zurückliegt. Noch Anfang des Jahres suchte Zverev nach seiner alten Form, kam gut sieben Monate nach dem Pariser Unglücksmoment nicht über die zweite Runde bei den Australian Open hinaus. Auch bei darauffolgenden Turnieren wie etwa in Doha, Indian Wells, Monte Carlo oder München schaffte der 26-Jährige es nicht unter die besten Spieler.

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Trennung vom Trainer kurz vor den French Open

Ende Mai gab er schließlich bekannt, nicht mehr mit Ex-Profi Sergi Bruguera als Trainer zusammenarbeiten zu wollen. „Ich, mein Vater und Sergi haben nicht dieselbe Meinung, auf welche Art ich nach der Verletzung Tennis spielen sollte“, hatte er kurz vor Beginn der French Open mitgeteilt.

2022: Im Halbfinalspiel gegen Rafael Nadal knickt Alexander „Sascha“ Zverev um. Es folgt eine monatelange Pause.

2022: Im Halbfinalspiel gegen Rafael Nadal knickt Alexander „Sascha“ Zverev um. Es folgt eine monatelange Pause.

„Ich möchte ein sehr aggressiver Spieler sein, auf die Bälle draufgehen“, so Zverev. Dass diese Taktik zum Erfolg führen kann, hat er im Viertelfinale am Mittwoch gegen den Argentinier Tomás Martín Etcheverry gezeigt. Vor allem ab dem dritten Satz ging der Hamburger häufiger ans Netz, holte sich viele Punkte. Der frühere deutsche Tennisprofi Boris Becker befand im Kommentar auf Eurosport: „Sascha hat das Match am Netz gewonnen.“ Auch der Hamburger selbst zeigte sich zufrieden. „Das Match war sehr, sehr hohes Niveau. Generell war es das beste Match, das ich hier gespielt habe“, sagte er nach dem Sieg in vier Sätzen.

Nicht mehr beeinträchtigen soll Zverev das Hin und Her um seine Diabetes­erkrankung. Der 26-Jährige hatte sich nach dem Achtelfinale um den nicht einheitlichen Umgang im Turnier mit dem Thema beklagt. Es war unklar gewesen, ob Zverev sich die benötigten Insulinspritzen auf dem Platz geben durfte oder nicht. Mittlerweile stellten die Turnierorganisatoren klar, dass ihm das erlaubt sei.

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Beim Seitenwechsel kontrolliert er seinen Zuckerspiegel

Zverev hatte die Erkrankung erst im vergangenen Jahr publik gemacht und die Gründung seiner Stiftung „Alexander Zverev Foundation – Aufschlag gegen Diabetes“ bekannt gegeben. Bei dem Hamburger war in seinem vierten Lebensjahr die Diagnose Diabetes Typ 1 gestellt worden. Danach hätten ihm viele gesagt, es sei schwierig, mit der Krankheit Sport zu machen. Allerdings zeigen andere Leistungssportlerinnen und ‑sportler wie Gewichtheber Matthias Steiner, Kickbox-Weltmeisterin Anja Renfordt oder Fußballerin Sandra Starke, dass auch Profikarrieren möglich sind.

Diabetes Typ 1 ist eine Autoimmunkrankheit, bei der der Körper die insulinbildenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört. Betroffene müssen täglich Insulin spitzen, um den Blutzuckerhaushalt zu regulieren. „Wenn ich mich nicht spritze, komme ich in Lebensgefahr“, sagte Zverev nach dem Achtelfinale. Über Sensoren und digitale Unterstützung behält der 26-Jährige seinen Zuckerspiegel im Auge. „Das Empfangsgerät ist in meiner Tasche. Beim Seitenwechsel kann ich meine Werte kontrollieren“, sagte er in einem Interview mit der „Apotheken-Umschau“ und ergänzte: Statt auf die Krankheit müsse man auf die Ziele schauen.

Zverev im Viertelfinale der French Open gegen den Argentinier Tomás Martín Etcheverry.

Zverev im Viertelfinale der French Open gegen den Argentinier Tomás Martín Etcheverry.

Das Ziel für Freitag ist klar: Zverev kann zum dritten Mal in Folge vom Einzug ins Finale der French Open träumen – es wäre erst sein zweiter Finaleinzug nach den US Open 2020. Allerdings wartet mit dem Norweger Casper Ruud auch eine gewaltige Aufgabe in seinem dritten Pariser Halbfinale in Folge. Nicht nur, dass Ruud der erste Top-Ten-Spieler ist, auf den Zverev im Turnier trifft. Der 24-Jährige ist auf Sand auch besonders stark. Im vergangenen Jahr schaffte er es bis ins Finale und scheiterte erst dort am Pariser Dauersieger Nadal, der in diesem Jahr verletzungsbedingt passen muss.

„Ich freue mich, dass ich gegen Sascha spiele. Es ist schön, ihn wiederzusehen nach dem, was ihm im vergangenen Jahr hier passiert ist“, sagte Ruud nach seinem überraschend deutlichen Viertelfinalsieg gegen den Dänen Holger Rune, in dem er auch stark von den Fehlern seines Gegners in den ersten beiden Sätzen profitierte. Dennoch geht Zverev mit Respekt in die Partie. „Casper war schon mal in dieser Situation, er weiß ganz genau, was zu tun ist“, so Zverev vor dem Spiel am Freitag.

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Zverev und Ruud beide noch ohne Grand-Slam-Titel

Zumindest auf dem Papier hat Zverev leichte Vorteile: Von bisher drei gespielten Matches konnte der Deutsche zwei für sich entscheiden. Allerdings: Alle drei Partien fanden auf Hartplatz statt. Sand dagegen scheint dem Norweger mehr zu liegen: Neun seiner bisher zehn Turniersiege auf der ATP Tour holte er auf Sand. „Ich erwarte ein sehr schwieriges Match“, betonte Zverev dann auch mit Blick auf das Spiel.

Etwas aber verbindet beide Spieler: Keiner von ihnen konnte bisher einen Grand-Slam-Titel erringen. Ob sich das für zumindest einen von ihnen ändern kann, wird auch vom möglichen Finalgegner abhängen. Im zweiten Halbfinale treffen die Topfavoriten Carlos Alcaraz aus Spanien und Novak Djokovic aufeinander. Der Antrieb des Serben, das Turnier zu gewinnen, ist dabei besonders groß. Es wäre sein 23. Grand-Slam-Sieg – damit würde er den Spanier Rafael Nadal (22 Siege) hinter sich lassen.

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