Urlaub an der Ostsee: Ist der Deutschland-Reiseboom vorbei?
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Strandkörbe am leeren Ostseestrand bei Glowe auf der Insel Rügen.
© Quelle: imago images/mhphoto
Die Deutschen haben das eigene Land während der Corona-Pandemie wieder als Reiseziel entdeckt. Besonders an den Küsten von Nordsee und Ostsee war es in den vergangenen Sommern voll. Doch wie ist die Lage in den Ferienorten an der Ostsee, nachdem die meisten Länder der Welt sich wieder für Touristinnen und Touristen geöffnet haben – und einige von ihnen mehr als zuvor um die Gunst der Reisenden buhlen?
Knut Schäfer, Vorsitzender des Tourismusverbands auf Rügen, sagte der „Ostsee-Zeitung“, er sehe ein Ende des Trends zum Deutschlandurlaub. Es herrsche eine depressive Stimmung in Deutschland, die sich „wie ein grauer Schleier“ über den Tourismus lege. Wieso? „Mit der Öffnungsperspektive reisen viele Menschen wieder ins Ausland“, erklärt Stefanie Lemcke, Referentin des Rügener Tourismusverbands. „Im letzten Sommer hatten wir auch viele Gäste, die sonst eher im Ausland Urlaub machen. Die sind in diesem Jahr wieder ausgeblieben.“
Tatsächlich buhlen aktuell zahlreiche Länder in Europa, aber auch weltweit um Touristinnen und Touristen. Davon zeugen teils verrückte Werbeaktionen: Die spanische Regierung schaltet Werbung zum Thema „Body Positivity“ und will damit Menschen jeglichen Aussehens an die Strände locken, die thailändische Stadt Chiang Mai vermietet aktuell Hotelzimmer an Reisende zum Schnäppchenpreis von einem Baht (0,027 Euro) und hofft so, die Besucherzahlen steigern zu können.
Reisende geben vor Ort weniger Geld aus
Mit diesem Preis können die Rügener Gastwirtinnen und -wirte nicht mithalten. Dennoch verbringen viele Menschen ihre Ferien auf der Insel: Gastwirtinnen und Gastwirte zählen zwar weniger Übernachtungen in den Ferienbetten der Insel als im Sommer des Vorjahres, die Buchungslage sei aber dennoch gut, sagt Lemcke.
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Wustrow: Urlauber und Urlauberinnen sowie Tagesgäste nutzen das warme Sommerwetter zu Strandbesuchen an der Ostseeküste.
© Quelle: Jens Büttner/dpa
Ähnlich sieht die Situation in Schleswig-Holstein aus. An den touristischen Hotspots seien die Betten gut gebucht. „Generell liegt die Auslastung in Schleswig-Holstein je nach Region zwischen 70 und 90 Prozent“, sagt Manuela Schütze, Pressesprecherin der Tourismusagentur Schleswig-Holstein (TASH). „Einige besonders beliebte Orte an den Küsten sind derzeit ausgebucht, andere haben noch freie Kapazitäten.“
Weniger Tagesgäste an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste
Die Quartiere auf Fehmarn etwa seien zu mehr als 97 Prozent ausgelastet, auch die Hansestadt Lübeck und ihr Seebad Travemünde sind bei Urlauberinnen und Urlaubern nach wie vor sehr gefragt. „In Lübeck sind bis Mitte August alle Unterkünfte aus unserer Vermittlung belegt, wir liegen bei einer Auslastung von mehr als 90 Prozent“, sagte Wibke Borns von der Lübeck und Travemünde Marketing GmbH (LTM). Die Zahl der Tagesausflüglerinnen und Tagesausflügler sei allerdings vielerorts geringer als zuvor.
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Travemünde: Urlauber und Urlauberinnen genießen das Sommerwetter am Ostseestrand in Travemünde.
© Quelle: Marcus Brandt/dpa
Zwar herrscht Zufriedenheit hinsichtlich der aktuellen Urlaubslage, Überschwänglichkeit allerdings nicht. Die Anzahl der Google-Suchen der Wörterkombination „Urlaub an der Ostsee“ legt ebenfalls nahe, dass weniger Menschen Informationen über dieses Ferienziel einholen. Das größte Interesse an diesen Suchworten maß die Suchmaschine im Sommer 2020. Im Jahr darauf erreichte die Wörterkombination nur noch rund 90 Prozent des Vorjahreswertes, 2022 liegt der Wert nochmals wenige Prozentpunkte niedriger. Aber: Damit liegt er auch in diesem Sommer noch über den Werten von 2018 und 2019. Zwar scheint der Trend abzuflachen, doch das Interesse an Ostseeurlaub scheint noch immer größer zu sein als vor der Pandemie.
„Luft nach oben“ im Herbst
Negativ bemerkbar macht sich allerdings sowohl in Mecklenburg-Vorpommern als auch in Schleswig-Holstein, dass Urlauberinnen und Urlauber an den Küsten weniger ausgehen. Reisende verzichten laut Lemcke weitgehend auf kostenpflichtige Extras. „Sie gehen weniger in Restaurants oder buchen kostenpflichtige Freizeitaktivitäten.“ Einbußen von 30 bis 40 Prozent für Wirtinnen und Wirte sind die Folge.
Bestätigung dafür kommt von der Insel Fehmarn: „In der Gastronomie sind die Gäste preisbewusster als in früheren Jahren. Wir vermuten, dass das an der gesamten Verteuerung von Waren und Dienstleistungen liegt“, sagte Oliver Behncke, Tourismusdirektor auf der Insel Fehmarn.
Und wie sieht es Richtung Herbst aus? „Da gibt es noch Luft nach oben“, sagt Lemcke im Hinblick auf die Buchungszahlen auf Rügen. An der Ostseeküste in Schleswig-Holstein liegen noch keine konkreten Zahlen vor. Fest steht: „Es gibt schon Buchungen für den Herbst und die Herbstferien“, sagt Manuela Schütze, Pressesprecherin der Tourismusagentur Schleswig-Holstein. „Wie viel Betrieb dann genau herrschen wird, wird die Zukunft zeigen.“
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