Hotels verlangen nachträglich Energiepauschale – dürfen die das?
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Seit September berechnet das Hotel Bareiss in Baiersbronn eine Energiepauschale.
© Quelle: IMAGO/imagebroker
Gas, Strom – alles wird teurer. Dabei setzen die explodierenden Energiekosten nicht nur den privaten Haushalten zu, auch das Hotelgewerbe leidet unter den hohen Preisen. Um die Mehrkosten auffangen zu können, verlangen immer mehr Hotels von ihren Gästen nun eine Energiepauschale.
Luxushotel berechnet 9 Euro pro Gast und Nacht
Zu diesen Hotels zählt beispielsweise das Hotel Bareiss in Baiersbronn. Seit September berechnet das Fünf-Sterne-Hotel pro Kopf und Übernachtung 9 Euro mehr. Eine weitere Anhebung der Pauschale ist nicht ausgeschlossen: „Bei gravierender Erhöhung der Energiekosten behalten wir uns eine Anpassung vor“, informiert das Hotel auf seiner Website. Die Pauschale soll zunächst bis Ende des Jahres gelten.
„Man kann ja nicht alles schlucken“, so Juniorchef Hannes Bareiss kürzlich gegenüber der „Hotel-und Gastronomiezeitung“. Das Hotel sei von Erdgas abhängig und rechne deshalb mit hohen Mehrkosten. Zudem kämen zu den hohen Energiepreisen noch „durchaus gerechtfertigte Lohnkostensteigerungen“ hinzu.
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Grundsätzlich hilft gegen die steigenden Energiepreise, seine Ausgaben zu kalkulieren und einen Überblick über die Fixkosten zu haben.
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3 Euro Energiepauschale bei Hotel im Harz
Das bekannte Hotel im Schwarzwald steht mit der Erhebung einer Energiepauschale nicht allein da. Seit Oktober gilt der Zusatzpreis in immer mehr Unterkünften. Manche erheben den Zuschlag pauschal pro Aufenthalt, wie das Schlossgut Gross Schwansee an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns: „Mit Blick auf die stark steigenden Energiepreise, sehen wir uns leider gezwungen, ab dem 1. Oktober 2022 eine Energiepauschale in Höhe von 5,00 Euro pro Person/Aufenthalt zu erheben“, ist auf der Webseite zu lesen.
Andere Hotels berechnen den Beitrag pro Nacht, so wie das Hotel Krone-Post im bayerischen Werneck (5 Euro pro Nacht) oder das The Hearts Hotel in Braunlage im Harz. 3 Euro müssen Urlauberinnen und Urlauber dort pro Person und Übernachtung zusätzlich zahlen.
Ohne die Pauschale wären „spätestens im März alle Rücklagen aufgebraucht und der ansonsten kerngesunde Betrieb pleite“, so Hotelier Meik Lindberg. Komplett decken kann die Pauschale die Mehrkosten des Hotels von aufs Jahr hochgerechneten 200.000 Euro allerdings nicht. „Dazu müssten wir von jedem Gast 7,50 Euro netto verlangen“, sagt Lindberg gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Jedoch: „Wenn ein hochpreisiges Hotel wie das Bareiss 9 Euro Pauschale verlangt, tut das nicht weh. Aber wenn wir über 5 Euro gingen, würden einige Gäste deswegen eventuell nicht buchen.“
5 Euro war der Betrag, mit dem das Harzer Hotel zunächst kalkuliert hatte. „Nach Bekanntwerden des Abwehrschirms und in der Hoffnung, dass die Energiemehrkosten dadurch deutlich sinken, haben wir die angesetzte Energiepauschale direkt um 2 Euro reduziert“, so Lindberg auf Nachfrage des RND.
Reaktionen der Gäste auf die Pauschale
Bei den Urlauberinnen und Urlaubern stößt die Pauschale nach Angaben der beiden Hoteliers bislang auf Verständnis. „Die meisten Gäste verstehen, dass wir diese Anpassungen machen müssen“, so Hannes Bareiss. Und auch Lindberg ist zufrieden: „In diesen ersten Tagen gab es überhaupt keine negativen Rückmeldungen. Das funktioniert anscheinend. Jeder weiß ja, wie die Energiekosten gerade explodieren.“
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Statt eine Energiepauschale einzuführen, die den Urlauberinnen und Urlaubern bei der Buchung schnell ins Auge springt, wäre auch die Erhöhung der Zimmerpreise möglich gewesen – das kam für Lindberg allerdings nicht infrage. Er will transparent und unmittelbar auf die starke Preisdynamik reagieren. Bei einer ausgewiesenen Pauschale gehe man als Betreiber bei fallenden Energiepreisen eher wieder mit den Preisen runter als bei angehobenen Zimmerpreisen.
Sind nachträgliche Energiezuschläge erlaubt?
Energiezuschläge von Hotels sind grundsätzlich zulässig – wenn die geltenden Kundenrechte eingehalten werden. „Entscheidend ist, ob es sich um eine Pauschal- oder Individualreise handelt“, so Alina Menold, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Bei einer Pauschalreise könne der Veranstalter auch nach der Buchung, bis 20 Tage vor Reisebeginn, einen Zuschlag fordern. „Der Gesamtpreis darf sich jedoch nicht um mehr als acht Prozent erhöhen“, so Menold. Andernfalls haben Urlauberinnen und Urlauber das Recht, ihre Reise zu stornieren. Das muss allerdings unverzüglich geschehen.
Handelt es sich hingegen um eine Individualreise, dann bleibe es meist beim eingangs vereinbarten Preis. „Werden hier Energiezuschläge angekündigt, sollten Betroffene noch einmal einen Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen werfen“, so Menold und ergänzt: „Kurzfristige Preisanpassungen sind nur mit einer Preisanpassungsklausel wirksam. Ist diese nicht in den AGB enthalten oder aber rechtswidrig, müssen Betroffene die Preisänderung nicht hinnehmen.“
Seien die Energiekosten zudem bereits als Pauschale oder im Gesamtpreis inbegriffen, dann sei eine Nachberechnung ebenfalls nicht möglich. Ein weiterer wichtiger Punkt: Steigende Gas- und Strompreise sind kein Fall höherer Gewalt.