Urlaubstraum platzt im Chaos: Flug gestrichen, Familie muss acht Stunden ausharren
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Köln: Passagiere stehen in einer extrem langen Schlange für die Sicherheitskontrolle am Flughafen Köln/Bonn an.
© Quelle: Thomas Banneyer/dpa
Zehn Tage Ferien hat Andrea L. mit Mann und Sohn auf Ibiza verbringen wollen. Doch nur wenige Stunden vor Abflug wird der Flug gestrichen – und anstatt unter der spanischen Sonne zu liegen, muss die Familie laut eigenen Angaben acht Stunden in Warteschlangen unter den Dächern des Flughafens Köln/Bonn ausharren. Grund dafür ist das Personalmangelchaos, das derzeit viele Flughäfen in Deutschland im Griff hat.
Davon konnte die Familie noch nichts ahnen, als sie die Pauschalreise auf die Baleareninsel mit Alltours vor Weihnachten buchte. Sie wollten dort ansässige Freundinnen und Freunde besuchen und die Alltagssorgen am Strand vergessen. „Wir haben so lange keinen Flugurlaub gemacht. Ich betreue als Krankenpflegerin auch Intensivpatienten, deswegen habe ich während der letzten Jahre wegen Corona kein Ansteckungsrisiko eingehen wollen und darauf verzichtet“, sagt die Essenerin Andrea L. im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) am Telefon. Doch am 25. Juni, dem ersten Ferientag in NRW, sollte es endlich wieder in die Ferne gehen. Die Vorfreude war seit Monaten groß.
Flughafen Köln/Bonn: bittere Nachricht auf dem Monitor
Weil sie in den Medien vom drohenden Flughafenchaos gehört hatten, warteten sie bereits nachts um 1 Uhr, vier Stunden vor dem geplanten Abflug um 5.15 Uhr, vor dem Check-in-Schalter der ausführenden Airline Eurowings. Dort gaben sie ihre drei Koffer ab und erhielten die Flugtickets für den Ferienflieger.
Bis hierhin hatte trotz des befürchteten Chaos alles gut geklappt, doch auf dem Weg zur Sicherheitskontrolle folgte der Schock: Von den Flughafenmonitoren blinkte ihnen plötzlich der rote Cancelled-Schriftzug entgegen. Der Pauschalreiseanbieter Alltours erklärt auf Nachfrage, dass Personalausfälle bei der Kabinencrew der Grund für die Annullierung gewesen seien. Die Mitarbeiterin am Check-in-Schalter habe davon Minuten zuvor anscheinend noch nichts gewusst, vermutet Andrea.
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Köln/Bonn: Flugreisende warten in langen Schlangen vor Check-in-Schaltern am Flughafen Köln/Bonn.
© Quelle: Thomas Banneyer/dpa
Was tun? Die Familie entschied sich, zunächst die Gepäckstücke zurückzuholen. „Wir gingen zum Lost-and-found-Schalter und erhielten zwei unserer Koffer recht zügig. Auf den dritten haben wir vier Stunden warten müssen“, sagt die Essenerin. Anscheinend hatte die Familie hier zum zweiten Mal an diesem Tag großes Pech: „Dass die Reisenden bei der Rückgabe länger auf eines ihrer Gepäckstücke warten mussten, war ein Einzelfall, den der Flughafen bedauert. Ein strukturelles Problem gab es nicht“, versichert ein Sprecher des Airport Köln/Bonn auf Nachfrage.
Laut eines Eurowings-Sprechers könnte ein „Engpass bei Ausladung und Beladung“ von Flugzeugen Grund für die Wartezeit sein. Womöglich war das Gepäck der Familie L. schon auf dem Weg ins Flugzeug. Wenn Flieger dann außerplanmäßig wieder entladen werde, bedeute dies zusätzliche Arbeit, die das ohnehin eng getaktete Gepäcktransportsystem weiter belaste. Längere Wartezeiten könnten die Folge sein.
„Riesenschlange“ am Schalter am Morgen
Als die Familie dann wegen einer möglichen Umbuchung zum Eurowings-Schalter zurückging, folgte der nächste Schock: „Dort war eine Riesenschlange, das kann man sich gar nicht vorstellen“, erinnert sich Andrea. Die Familie stellte sich erneut an – und wartete laut eigenen Angaben drei weitere Stunden.
Für die Extremwartezeit bringt die Essenerin Verständnis auf. „Man hat gesehen, dass es viel zu wenig Personal gibt“, sagt sie am Telefon mit ruhiger Stimme. Das Vorgehen der Reiseanbieter hingegen heißt sie nicht gut: „Sie müssen doch gewusst haben, wie es im Sommer wird. Dass sie trotzdem so viele Reisen verkauft haben, finde ich unfassbar.“
Ein kleiner Trost: Die Gestrandeten erhielten kostenfrei Getränke, während sie in der langen Schlange warteten. „Wir hatten über Alltours gebucht. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben uns noch während des Wartens mit Infos versorgt. Zu den Bürozeiten konnten wir dann auch telefonisch über unser Problem sprechen.“ Von Alltours heißt es, das Kundinnen und Kunden in solchen Fällen nach Möglichkeit „auf zeitlich parallel stattfindende Flüge umgebucht“ werden, sagt eine Sprecherin. Man informiere Urlauberinnen und Urlauber „umgehend“ über Änderungen der Reise und mögliche Alternativen. „Zeitabweichungen von einer halben bis zu einer Stunde“ seien möglich.
Erneut großes Pech im Ersatzurlaub
Nach der plötzlichen Annullierung von Andreas Flug war dies anscheinend nicht zu leisten, denn am 25. Juni hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Reiseanbieters keine guten Nachrichten für sie: Plätze nach Ibiza seien erst in dreieinhalb Tagen wieder frei, so Andrea L. „Umbuchen wollten wir unter diesen Umständen nicht, von unseren zehn Urlaubstagen wäre kaum noch etwas übrig geblieben.“ Stattdessen habe Alltours die Reisekosten wenig später auf ihr Konto zurücküberwiesen.
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Die Eurowings-Maschine der Familie L. hob am 25. Juni nicht ab.
© Quelle: IMAGO/Political-Moments
Corona im Ersatzurlaub
Nach diesem Flughafendrama hatte die Familie erst recht Urlaub nötig. „Unser Koffer waren ja gepackt, deswegen haben wir spontan ein Ferienhaus in den Niederlanden gebucht“, erzählt Andrea L. Doch auch dort gab es kein Happy End: Die Familie hatte sich mit Corona infiziert. Anstatt den Urlaub im Nachbarland zu genießen, saß die Familie dort die Quarantäne aus.
Was bleibt, ist der Traum von der Ibizareise. Bitter: Zumindest für den Rest dieses Jahres kann Andrea L. sich diesen Wunsch nicht erfüllen. Als Krankenpflegerin müsse sie den Urlaub bereits zu Jahresbeginn mit ihrem Arbeitgeber absprechen und könne daher nicht spontan verreisen.
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RND/vh